Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0684 - Die dunkle Jagd

0684 - Die dunkle Jagd

Titel: 0684 - Die dunkle Jagd
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
säuselte Fooly und schnob ganz winzige Fünkchen aus den Nüstern. »Bitte, du musst mir zuhören. Lord Zwerg ist wirklich ein eiskalter, gnadenloser, brutaler Massenmörder!«
    Mit Lord Zwerg meinte er Sir Rhett Saris ap Llewellyn, der in ein paar Tagen 7 Jahre alt werden würde. Der Wiedergeborene der Llewellyn -Erbfolge und seine Mutter hatten ewiges Wohnrecht im Château; Zamorra kannte ihn noch aus der Zeit, in welcher er der alternde Lord Bryont Saris gewesen war. Mit dessen Tod war sein Geist in den Körper seines zeitgleich geborenen Sohnes gewechselt und beseelte diesen nun. Irgendwann in ein paar Jahren würden die Erinnerungen an seine früheren Leben erwachen und damit auch seine Magie…
    Aber bis dahin dauerte es noch ein Weilchen.
    »Hat er ein paar Fliegen erschlagen?«, murmelte Zamorra.
    »Wenn es nur das wäre!«, empörte der über hundertjährige Jungdrache sich. »Er mordet Hühner! Andauernd! Zu Hunderten!«
    »Moment mal!«, stoppte Zamorra ihn. »Er mordet Hühner? Wie soll das denn funktionieren? Er schleicht doch nicht einfach unten im Dorf wie der Fuchs von einem Hühnerstall zum anderen, und außerdem gibt’s die Hühner nicht gleich zu Hunderten in dieser Gegend! Wenn das ganze Dorf vielleicht sechzig, siebzig von den Eierproduzenten zusammenbringt, einschließlich unseres eigenen längst altersschwachen Burghahns Caruso, ist das schon viel…«
    »Ach, ich meine doch nicht die Hühner im Dorf!«, murrte Fooly. »Ich meine die schottischen Hühner. Die Moorhühner!«
    »Ach du Sch…«
    »Sag’s nicht!«, fuhr Fooly auf. »Nicht unanständige Wörter! Nicht in diesem Zusammenhang! Ob du es glaubst oder nicht, Lord Zwerg killt die armen, unschuldigen Tiere am laufenden Band und will überhaupt nicht mehr damit aufhören! Das ganze Land muss doch schon von den Kadavern übersät sein, den Verwesungs-Gestank wird kein Mensch und erst recht kein Drache aushalten können…! Du musst etwas tun, Chef! Und ich auch! Du musst Lord Zwerg verbieten, Moorhühner zu ermorden, und ich werde ab sofort Moorhühner züchten, damit sie nicht aussterben!«
    Zamorra schloss die Augen.
    Er zählte bis zehn.
    Ganz langsam.
    Dann noch einmal.
    Er atmete tief durch, ganz tief.
    Er öffnete die Augen wieder.
    Fooly war immer noch da und sah ihn aus seinen großen runden Augen erwartungsvoll an, während er ungeduldig von einem Drachenfuß auf den anderen trat.
    »Moorhühner?«, fragte Zamorra vorsichtshalber nach. »Er bringt Moorhühner um, ja? Zu hunderten? Habe ich das so ganz richtig verstanden?«
    »Natürlich, Chef!«
    Zamorra schloss wieder die Augen, während er erneut bis zehn zählte.
    »Willst du mich verarschen?«, fragte er dann.
    »Nie im Leben!«, versicherte Fooly aufgeregt. »Du kennst mich doch, Chef!«
    »Eben drum«, murmelte der.
    »Ich kann das beweisen«, fuhr der Jungdrache schon fort. »Pass auf, Chef, ich weiß, dass er gerade wieder dabei ist.« Er trat neben Zamorras Sessel, und ehe der es verhindern konnte, tippten Foolys Drachenfinger auf die Tastatur. »Halt!«, schrie Zamorra, aber es war bereits zu spät. Fooly hatte das Programm, mit dem Zamorra arbeitete, bereits geschlossen. Die noch nicht gespeicherte Arbeit der letzten zehn Minuten war sicher nicht völlig verloren, aber das Wiederherstellen würde geraume Zeit in Anspruch nehmen.
    Fooly tastete bereits weiter - den schweren Drachen beiseite zu hieven, war eine anstrengende Arbeit, die man nicht vom Drehsessel aus erledigen konnte. Zamorra beschloss zum unendlichsten Male, Fooly bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu erschlagen.
    Da war der Rechnerverbund eigens passwortgeschützt, damit der Jungdrache keinen Unfug anstellen konnte, und nun dies…
    Ein neues Bildschirmfenster öffnete sich. Das Moorhuhnjagdspiel, zum regelrechten Kult ausgeartet, startete.
    Nein, verbesserte Zamorra sich. Es läuft bereits! Wir sind mitten in einer Spielrunde!
    Die Zeit- und Score-Anzeigen bewiesen es.
    Und wie von Geisterhand gesteuert, bewegte sich der Fadenkreuz-Cursor, und eines der Moorhühner nach dem anderen drehte sich auf den Rücken und stürzte in die Landschaft.
    »Wie machst du das?«, stieß Zamorra hervor.
    »Ich mache gar nichts!«, erwiderte Fooly. »Er macht! Schau dir diesen entsetzlichen Massenmord an! Was sagst du jetzt, Chef?«
    »Dass du komplett bescheuert bist, Drache«, erwiderte Zamorra resignierend. Die Spielzeit war um, und gleich darauf begann ein neues Spiel - ohne dass Fooly eine Taste berührt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher