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0684 - Die dunkle Jagd

0684 - Die dunkle Jagd

Titel: 0684 - Die dunkle Jagd
Autoren: Werner Kurt Giesa
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durch Gewalteinwirkung, nicht aber durch Krankheit und Gebrechen sterben konnten, war der Tod doch ihr ständiger Begleiter, und gerade in den letzten Tagen hatte es mehrmals so ausgesehen, als räume der Sensenmann endgültig ab.
    Die »Brüder des seligen Kraken«, die Schlangendiener des Kobra-Kultes, und schließlich der Poltergeist -es reichte ihr. Sie wollte endlich auch mal wieder ein paar Tage wirklich ausspannen können und hoffte, dass es so viele Tage wurden wie nur irgend möglich.
    Theoretisch sehr lange leben zu können und immer relativ jung zu bleiben, war eine feine Sache - aber sie forderte ihren Preis. Zamorra und sie hatten sich, dem Kampf gegen die Mächte der Finsternis verschrieben, und jeder Tag konnte ihr letzter sein, weil die Teuflischen eine Möglichkeit fanden, ihnen den Garaus zu machen.
    Deshalb galt es, jeden Tag und jede Stunde zu genießen, wo immer es möglich war.
    Im Moment genoss sie, an den Schaufenstern vorbei schlendernd, die Sonne und träumte mit offenen Augen. Vor etwas über einer Stunde noch hatte sie in Zamorras Armen gelegen, heiße Haut an heißer Haut, und sie glaubte wieder seine Kraft und Stärke zu spüren, die er in sie verströmte, fühlte seine Küsse und Zärtlichkeiten… und sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust gehabt, sich wieder anzuziehen, weil selbst der wenige Stoff zuviel von den Empfindungen löschte, die sie so lange wie möglich bewahren wollte. Aber sie hatte auch nach Lyon gewollt, und sie konnte doch nicht nackt durch die Stadt laufen.
    So hatte sie sich auf das Nötigste beschränkt; Sandalen, Boxershorts und ein knappes, fast völlig rückenfreies Top. In der Gesäßtasche der Shorts ein paar Franc-Scheine, um das Taxi zu bezahlen - mehr brauchte sie nicht. In den Modegeschäften war sie bekannt und konnte auf Rechnung kaufen.
    Um ihren Hals lag das Silberkettchen mit Zamorras Amulett, eine Sicherheitsmaßnahme, auf die sie nicht hatte verzichten wollen. Die handtellergroße Silberscheibe mit den rätselhaften Verzierungen schützte vor Schwarzer Magie und war zugleich eine Abwehrwaffe gegen magische Angriffe.
    Mehr brauchte sie nicht.
    Mit geschlossenen Augen hatte sie einen Moment lang von Zamorra geträumt; jetzt öffnete sie die Lider und sah zwischen den Autos, die am Straßenrand parkten, einen dunklen Peugeot 607, der ihr irgendwie bekannt vorkam, aber ehe sie sich näher mit dem Wagen befassen konnte, scherte er auf die Straße aus und verschwand im fließenden Verkehr. Sie hatte den Fahrer hinter den fast schwarz getönten Scheiben des Wagens nicht erkennen können.
    Schulterzuckend schlenderte sie weiter. Dunkle 607er gab es viele.
    In einer Schaufenster-Auslage entdeckte sie eine luftige Bluse aus hauchdünnem, transparentem Material. Gerade wollte sie die Boutique betreten, als sie glaubte, in eine andere Welt geraten zu sein.
    Du bewegst dich durch dunkle Gassen. Da sind Schatten, überall, manche unbeweglich, andere sich ständig verändernd. Hinter jedem Schatten droht ein Ungeheuer zu lauern. Etwas Schwarzes flattert hektisch an dir vorbei - und beinahe hättest du es mit deinem Schwert im Flug erschlagen.
    Aber es ist nur eine harmlose Fledermaus.
    Weniger harmlos ist das, hinter dem du her bist.
    Das, was du jagst.
    Oder besser - der, den du jagst…!
    Im nächsten Moment war es auch schon wieder vorbei.
    »Was war das denn?«, entfuhr es Nicole.
    Jemand, der gerade an ihr vorbeiging, sah sie etwas überrascht an, kümmerte sich aber nicht weiter um sie.
    Nicole versuchte, sich die Szene ins Gedächtnis zurückzurufen, die sie gerade erlebt zu haben glaubte. Aber die Details verschwammen und verschwanden, wurden um so undeutlicher, je stärker sie sich darauf konzentrierte.
    »Ein Tagtraum?«, grübelte sie. Oder handelte es sich um eine Vision? Aber von hellseherischen oder prophetischen Gaben war sie bisher noch nie geplagt worden. Also musste es etwas anderes sein.
    Unwillkürlich glitt ihre Hand zum Amulett.
    Aber es zeigte keine Reaktion.
    Also keine Schwarze Magie?
    Trotzdem nicht gerade beruhigend. Nicole war regelrecht weggetreten gewesen, während sie sich in jene andere Welt versetzt gefühlt hatte. Was sich in diesen Sekunden in der Wirklichkeit um sie herum abgespielt hatte, wusste sie nicht.
    Aber sie begriff auch, dass sie nicht wirklich irgendwo anders gewesen war. Denn trotz allem spürte sie, dass es nur eine Art Illusion gewesen war. Ein Abbild, keine Realität.
    Und doch… war es mehr als nur ein
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