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0664 - Satan in Weiß

0664 - Satan in Weiß

Titel: 0664 - Satan in Weiß
Autoren: Jason Dark
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kamen mir nicht geheuer vor. Sie trugen dunkle Kleidung, ihr Aussehen roch nach Gewalt. Es waren keine Grufties, sondern gefährliche Autonome, angeheizt durch Alkohol.
    Sie bildeten eine lange Kette auf dem Bahnsteig, grölten und versprachen, den Berliner Bär loszulassen, um ihm dann den Kopf abzureißen.
    Als normaler Mensch hielt man sich von denen am besten fern, was ich auch tat und mich ziemlich ans Ende des Bahnsteigs stellte.
    Schon bald rollte die S-Bahn ein. Durch lautes Schreien begrüßten die Typen den Zug. Einige Kerle hatten Halstücher vor ihre Gesichter gebunden. Wütend traten sie gegen die Wagen, bevor sie einstiegen.
    Ich hatte mir den letzten Wagen ausgesucht und auch einen Sitzplatz gefunden.
    Es dauerte nur kurz, bis die S-Bahn starten konnte. Zwei ältere Männer setzten sich mir schräg gegenüber. Eine Frau stieg ebenfalls noch ein.
    Sie trug ein gelbes Kopftuch. Das Gesicht darin war bleich und verängstigt.
    Ich hoffte nur, dass die Randalierer in ihren Wagen blieben und dass an den nächsten Stationen nicht noch mehr einstiegen. Irgendwie fühlte ich mich wie auf einem heißen Stuhl sitzend, während ich aus dem Fenster schaute und auf das Berlin schaute, das vor den Scheiben entlangglitt.
    In viele Hinterhöfe verlor sich mein Blick. Ich sah aber auch Kanäle oder freie Flächen, die als Schrottplätze Verwendung gefunden hatten.
    Die Namen der einzelnen Stationen habe ich mir nicht merken können.
    Menschen stiegen ein und auch wieder aus. Krakeler ebenfalls, aber die gesellten sich zu ihren Artgenossen.
    An der vorletzten Station vor dem Alex stieg jemand zu, der sich in meine Sitzreihe setzte. Draußen war die Dämmerung hereingebrochen.
    Die Lichter erinnerten mich an fahle Lampen. Durch ihren kalten Strahlenkreis dampften die Nebelschwaden.
    Der Neuankömmling trug einen Parka, hatte ein schmales Gesicht, in dem der Oberlippenbart besonders auffiel. Er sprach mich nicht an, doch er beobachtete mich aus den Augenwinkeln, was mir nicht gefiel, worauf ich ihn allerdings auch nicht ansprach. Auf seinen Lippen klebte ein unangenehmes Lächeln wie Blei, der Blick seiner Augen war stechend.
    Wir befanden uns längst im Osten der Stadt. Dass es Randale geben würde, sah ich schon durch das Fenster des Wagens.
    Noch immer rückte die Polizei mit den großen Mannschaftswagen an, auf deren Dächern sich die Blaulichter drehten.
    Der Bartträger sprach mich an. »Fahren Sie auch bis zum Alex?«
    »Ja.«
    Er nickte. »Kann eine heiße Sache werden, heute Abend.«
    »Das hörte ich schon, aber ich habe eine Verabredung. Muss in das Hotel des Westens.«
    »Ach ja?«
    »Kennen Sie es.«
    »Ja, dort werden Sie sicher sein.«
    »Das glaube ich auch.«
    Die nächste Station war der Alex. Der Zug verlor bereits an Geschwindigkeit, der Bahnhof öffnete sich vor uns, und wir standen auf. An der Tür traf ich wieder mit dem Mann zusammen. Er stieg vor mir aus. Dabei hielt er sich an der Griffstange fest, drehte mir sein Gesicht zu und sagte:
    »Ich bin übrigens Konowski.«
    »Selbst schuld«, grinste ich. »Mein Name ist…«
    »John Sinclair!«
    Mehr sagte er nicht. Dafür stieß er sich ab und sprang mitten hinein in das Gewühl auf dem Bahnsteig, das in den folgenden Minuten zu einem reinen Chaos wurde, denn die Randalierer wurden von anderen erwartet, die sie mit lautem Geschrei begrüßten.
    Irgendwo knallte es, als wären Schüsse gefallen. Ein jeder musste sich den Weg zum Ausgang bahnen. Die normalen Reisenden drängten an den Wänden entlang, wurden aber immer wieder von den Wellen der Randalierer gestoppt.
    Es roch nach Gewalt, aber die Polizisten, die sich als Wachtposten aufgebaut hatten, griffen noch nicht ein. Sie verhielten sich nicht provokativ, obwohl sie in ihren Schutzuniformen aussahen wie Menschen von einem fremden Stern.
    Ich ließ mich treiben, weil mir keine andere Wahl blieb und ich es im Prinzip auch nicht eilig hatte.
    Trotz meiner passiven Haltung bekam ich einen harten Stoß in den Rücken, der mich nach vorn schleuderte. An der gelblichen Fliesenwand, kurz vor Beginn einer Treppe, fing ich mich ab, drehte mich herum und schaute in vier blasse Gesichter, die mich starr angrinsten, als hätten sie Totenmasken aufgesetzt.
    Es waren Männer, normal gekleidet. Nicht normal war der schwarze Sarg, den sie trugen. Ihre Hände umklammerten die Griffe, und bei jedem Schritt schaukelte die Totenkiste mit.
    Ich spürte, dass sie nicht zu den Autonomen gehörten. Doch sie waren auch
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