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0648 - Die Stunde des Ghouls

0648 - Die Stunde des Ghouls

Titel: 0648 - Die Stunde des Ghouls
Autoren: Werner Kurt Giesa
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noch Angst.
    Wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er, dachte Maria entsetzt. Was sie sah, mußte einer der Ghouls sein, von denen sie eben noch gesprochen hatten. Ein Leichenfresser!
    Sehen wir etwa wie Leichen aus?
    Noch nicht. Aber das läßt sich schnell ändern…
    Im Klartext: dieser Leichenfresser wollte sie, die Lebenden, zu Leichen machen, damit er sie fressen konnte…
    Im fahlen Mondlicht sah sie eine unförmige, dunkle Gestalt, einem Pudding gleich. Die Gestalt schien Schwierigkeiten zu haben, ihre Form beizubehalten, schien jeden Moment zerfließen zu wollen. Der Wind trug einen übelkeitserregenden Gestank zu Maria herüber. Ihr Magen wollte sich nach oben stülpen. Sie wollte schreien, brachte es aber nicht fertig.
    Lauft weg! So lauft doch endlich weg, ehe er euch umbringt!
    Jetzt endlich kam wieder Bewegung in Jaime. Er besann sich auf seine Beschützerrolle, überwand seine Angst. Wich ein paar Schritte zurück, riß etwas aus dem Boden.
    Welch Blasphemie! durchzuckte es Maria. Friedhofsschänder! Oh, Gott… laß das alles nicht zu!
    Jaime hatte ein Holzkreuz hochgerissen und schwang es gegen das glibberige, stinkende Wesen, das von seinem Aussehen her nicht besonders viel mit einem Menschen gemeinsam hatte. Der Ghoul fauchte, wich dem Schlag aus. Das Holz drang ein Stück in den weichen, schleimigen Körper ein und zerbrach dann seltsamerweise. Dort, wo Menschen den Kopf besaßen, öffnete sich eine breite Zahnreihe, schnappte ein glibberiges Maul nach Jaime.
    Immer wieder hieb der nackte Kämpfer mit den Resten des zerbrochenen Kreuzes auf den Ghoul ein, schlug und stach und versuchte ihn zu verletzen. Aber diese Attacken störten den Leichenfresser nicht. Er wartete ab, bis Jaime ermattete.
    »Holt Hilfe!« schrie Jaime. »Holt den Priester! Er soll…«
    Maria war zu keiner Bewegung fähig. Entsetzt verfolgte sie die grausige Szene: sah, wie der Ghoul sich regelrecht über Jaime stülpte, ihm den Kopf abbiß.
    Maria übergab sich.
    Es brach aus ihr heraus, sie wand sich in Krämpfen. Etwas rollte über den Weg auf sie zu, eine Blutspur hinterlassend, und starrte sie aus großen, geweiteten Augen vorwurfsvoll an. Drüben zerrte der Ghoul den nackten Torso seines Opfers hinter sich her und verschwand zwischen alten Gräbern, vor sich hin sabbernd und seltsam glucksende Geräusche von sich gebend.
    Jesúsa stürmte schreiend davon. Ihr Körper leuchtete hell im Mondlicht.
    Etwas rührte sich neben Maria. Sie warf sich herum, sah zwei dieser unheimlichen, grausigen Gestalten neben sich. Von beiden Seiten packten sie zu, mit scharfen Krallen in ihren glitschigen, nachgiebig weichen Pranken, die dennoch unwahrscheinlich stark waren.
    Sie rissen Maria förmlich in zwei Teile, ehe sie mit ihrer Beute zwischen den Gräbern verschwanden…
    Und Jesúsa rannte und rannte und schrie sich die Seele aus dem Leib, in der Hoffnung, diesen mörderischen Bestien vielleicht noch zu entgehen…
    ***
    Carlo Destinato hoffte, in seiner menschlichen Gestalt nicht zu sehr aufzufallen. Er hatte zwar absolut kein Problem damit, sie aufrechtzuerhalten, vor allem nachts, sie war mit einer gewissen Anrüchigkeit behaftet. Trotz aller Bemühungen ließen sich Ausdünstungen, wie sie typisch für Ghouls waren, nicht immer vermeiden. Destinato hatte eine Unmenge an Duftwässerchen beschafft und sich damit einparfümiert, um den arttypischen Gestank zu unterdrücken. Dadurch trat jetzt aber ein Gemisch von anderen Duftnoten in den Vordergrund, die so manchen anderen Menschen in Destinatos Nähe die Nase rümpfen ließ.
    Irgendjemand murmelte etwas, das wie »Verzupf dich, verdammte Schwuchtel« klang, als er die Hafenkneipe betrat. Destinato ging davon aus, daß es sich dabei nicht gerade um einen höflichen Willkommensgruß handelte, und verpaßte dem Mann im Vorbeigehen einen schmerzhaften Fausthieb. Als der mit wild rollenden Augen zum Gegenangriff übergehen wollte, packte Destinato ihn am Hemd, drehte den Stoff handlich zusammen und hob den Mann mühelos einige Handbreiten hoch in die Luft. Dazu hauchte er ihm eine Wolke von Fäulnisgestank entgegen, die das Gesicht des Mannes grünlich werden ließ.
    »Ich suche Ombre«, sagte Destinato.
    »Bist du sicher, daß er dich sucht?« keuchte der Geliftete. »Laß mich los, Schwuchtel! Du stinkst!«
    »Wo ist Ombre?«
    »Nicht hier! Was willst du überhaupt von ihm? Keiner kennt dich. Verschwinde! Und du sollst mich, verdammt noch mal, loslassen!«
    Das wechselnde Farbspiel
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