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0641 - Geisterbahn

0641 - Geisterbahn

Titel: 0641 - Geisterbahn
Autoren: Jason Dark
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nahe des Wassers in die Höhe stiegen und sich verteilten.
    Wir gingen auf den See zu, der am Abend ruhig wie ein Spiegel vor uns lag. Nicht weit entfernt befand sich das Geschäft eines Bootsverleihers. Im Ringelhemd und schneeweißen Jeans stand er vor seinem grün und braun gestrichenen Bootshaus, schaute uns entgegen und zeichnete seinen dunklen Schnauzer nach.
    »Hat der Mann diesen Frankenstein gesehen?«, fragte Suko.
    Wayne nickte. Er hatte den traurigen Blick eines Hundes, der zu viel gelaufen war und nicht mehr wollte. »Ja, von ihm kam die letzte Meldung. Das Monster hat sich im See versteckt.«
    »Ach?«
    Wayne nickte auf meine Frage hin. »Sie werden wohl tauchen müssen, Sinclair.«
    »Oder mit dem Ruderboot fahren«, meinte Suko.
    »Auch das können Sie tun.«
    Erst jetzt sah ich Waynes Männer. Er hatte die Uniformierten nicht nur am Bootshaus verteilt, sie standen auch in einiger Entfernung an den Ufern des Sees und schauten auf die Oberfläche, auf der kein Boot mehr schaukelte, sondern nur noch Entenfamilien ihre Kreise zogen und auf den schmalen Wellenkämmen hüpften.
    Ich deutete auf den See. »Hat er auch hier Menschen angegriffen?«
    Die Antwort gab mir der Verleiher. »Ja, Mister, das hat er. Der packte plötzlich zu. Das Opfer war einer meiner Mitarbeiter. Ein Bootswart.«
    Ich drehte mich zu ihm um. »Und was geschah?«
    Der Mann lachte meckernd. Er trug eine Mütze mit Plastikschirm, den er nach oben gebogen hatte.
    Auf seiner Stirn glänzten Pickel. »Ossi hatte keine Chance. Das Monstrum zerrte ihn ins Wasser. Dass er sich befreien konnte, war reiner Zufall. Der Grund ist schlammig. Darauf ist das komische Monstrum dann ausgerutscht.«
    »War der Mann verletzt?«
    »Klar, das Monstrum hat ihm eine Wunde am Schädel gerissen. Dem fehlen sogar Haarbüschel.«
    Ich nickte. »Und Sie sind sicher, dass dieser Frankenstein noch nicht aus dem Wasser gekommen ist?«
    »Nicht in der letzten Stunde und nicht in meiner Sichtweite, denn ich habe hier gestanden und aufgepasst. Darauf können Sie sich verlassen, Mister.«
    »Sind die Boote okay?«, fragte Suko.
    »Meine immer!« Die Antwort klang schon wütend, weil Suko es gewagt hatte, daran zu zweifeln.
    »Dann können wir damit raus?«
    Der Verleiher nickte, bis ihm bewusst wurde, was Suko da gesagt hatte. »Sie wollen wirklich auf den See hinaus?«
    »Ja, warum nicht?«
    »Dann begeben Sie sich…«
    Ich ließ den Knaben nicht ausreden. »Es ist unser Job, Meister.«
    »Trotzdem würde ich an Ihrer Stelle vorsichtig sein«, warnte uns der Captain.
    »Keine Sorge«, beruhigte ich ihn. »Wir werden die Augen schon offen halten.«
    Ich ging dorthin, wo sich Suko bereits ein Boot ausgesucht hatte. Die Bordwände außen zeigten einen blauen Anstrich, alles andere war in einem fleckigen Weiß gehalten.
    Mein Freund saß bereits hinter dem Lenkrad, wartete, bis ich eingestiegen war, und drehte den Starthebel herum, damit der Elektromotor anspringen konnte.
    Der Verleiher gab uns Starthilfe, schob uns mit dem Fuß auf die Wasserfläche.
    Ich hatte den Sitz auf der Schiene zurückrutschen lassen und die Beine so lang wie möglich gemacht. Die Stimmen der Männer blieben hinter uns zurück. Nur das leise Summen des kleinen Elektromotors hörten wir und das Plätschern der Wellen. Und wir dachten an die Gefahr, die ein Monstrum wie Frankenstein aussandte.
    Der See dampfte! Dünne Schwaden trieben über das Wasser.
    Wir fuhren der Seemitte entgegen. Es spielte keine Rolle, welchen Kurs wir einschlugen, weil keiner von uns beiden wusste, wo sich Frankenstein verborgen hielt. Er konnte in der Seemitte ebenso stecken wie in den bewaldeten Uferzonen.
    Suko fuhr, ich schaute. Aber auch er hielt die Augen offen und suchte die grüne Wasserfläche ab.
    Da ich möglichst alles beobachten wollte, musste ich mich dementsprechend auf meinem Holzsitz bewegen, was dem leichten Boot nicht gut tat, denn es geriet jedes Mal in schaukelnde Bewegungen.
    »Nervös?«, fragte Suko grinsend.
    »Kaum, ich habe hinten nur keine Augen.«
    »Das ist ein Manko.«
    »Danke, dito.«
    Nichts tat sich auf der grünen Fläche. Sie blieb dunkel und gab nicht preis, was sich in der Tiefe aufhielt.
    Ich wusste selbst nicht, wie ich diesen Fall betrachten sollte. Sah ich ihn als normal an oder als lächerlichen Auswuchs? Automatisch kam mir der Vergleich mit Nessie in den Sinn, dem wohl berühmtesten Monster der Welt, das im Loch Ness, einem schottischen See, angeblich schon seit Urzeiten
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