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0638 - Das Palazzo-Gespenst

0638 - Das Palazzo-Gespenst

Titel: 0638 - Das Palazzo-Gespenst
Autoren: Jason Dark
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dämpfte sie der Teppich. Dann kamen sie auf Lady Sarah zu und stoppten neben ihrem Stuhl. Sie hob den Kopf.
    Signorina Brandi stand vor ihr, lächelte verkrampft, weil sie wahrscheinlich Furcht davor hatte, dass ihre Schminke abblätterte, die sie dick aufgetragen hatte, Sie trug ein rotes Chanel-Kostüm, sehr »kantig« geschnitten. Der Rock endete über dem Knie. Irgendwie passte die Kleidung nicht zu ihr. Es kam nicht darauf an, wie viel Geld ein Mensch besaß, sondern auch darauf, ob er Geschmack zeigte.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Lady Sarah deutete auf den freien Stuhl. »Gern, Signorina Brandi, ich habe Sie schon vermisst.«
    Sie lachte. »Sagen Sie nur. Wer vermisst mich denn schon?«
    »Ich, zum Beispiel.«
    Sie räusperte sich. »Nun ja…« Dann drehte sie den Kopf und fragte flüsternd. »Oder hatten Sie Angst um mich?«
    »Das auch.«
    »Sie haben es nicht vergessen?«
    »Nein, nicht.«
    »Das ist gut, sage ich Ihnen, das ist gut. Schauen Sie sich die Menschen an. Sie alle wissen über Venetia Bescheid, aber glauben Sie nur nicht, dass einer von ihnen das Thema anschneidet. Nein, sie halten sich zurück. Sie wollen es einfach nicht wahrhaben, so ist das eben.«
    »Ja, das fürchte ich auch.«
    Signorina Brandi legte ihren Schmuck zurecht, sie trug mehrere Goldketten und schaute auf, als der Ober sich zu ihr hinabbeugte.
    »Bringen Sie mir bitte einen Martini.«
    »Trocken?«
    »Selbstverständlich.«
    Der Pinguin zog ab.
    »Sie haben hier einen sehr guten Martini. Den müssen Sie unbedingt probieren.«
    »Später.«
    Die Brandi bewegte ihre Stirn. »Falls es für uns ein Später noch gibt, Sarah.«
    Die Horror-Oma lachte. »Ich bitte Sie, Signora. Natürlich wird es für uns ein Später geben. Davon bin ich überzeugt, und Sie sollten es ebenfalls sein.«
    »Nein, nein, ich kenne mich schon aus, meine Teuerste. In dieser Nacht wird es eine Leiche geben. Vielleicht auch zwei. Wer kennt sie schon genau?« Sie deutete in Richtung Eingang. »Haben Sie gesehen, wie sich der Nebel draußen verdichtete?«
    »Nein.«
    »Ich sah es von meinem Fenster aus. Von dort kann ich bis zum Kanal schauen. Da wallte er hoch wie Tücher.«
    »Ist das unnatürlich?«
    »Bestimmt nicht.« Die Brandi hob den rechten Zeigefinger. »Aber es ist ihr Wetter.«
    »Ich warte auf sie.«
    Signorina Brandi erschrak, gab vorerst keinen Kommentar ab, da ihr Martini serviert wurde. »Wie können Sie so etwas nur sagen. Sie versündigen sich.«
    »Darüber denke ich anders. Aber ich habe eine Frage.« Lady Sarah stellte sie, nachdem die Brandi genippt hatte.
    »Wenn alle hier Bescheid wissen, dass es Tote gibt, weshalb hat dieses Haus noch Gäste? Können Sie mir das sagen?«
    Die Italienerin trank wieder einen Schluck. »Si, ich kann es sagen oder nur raten. Die Menschen haben Vermögen, besitzen Geld, sind aber in den Ruhestand getreten. Ob freiwillig oder nicht, das möchte ich dahingestellt wissen. Jedenfalls haben sie eines gemeinsam: die Langeweile. Ja, sie langweilen sich. Sie hocken hier in der Halle, denken an die Vergangenheit und hoffen, dass etwas passiert. Es ist wie ein Stück, das jeden Tag neu aufgeführt wird, ohne dass es bestimmte Regeln gibt. Sie treten auf, aber sie bewegen nichts, und sie bewegen sich selbst nicht. Alle warten darauf, dass etwas geschieht. Und was kann Besseres passieren als ein Mord?«
    »Das klingt zynisch.«
    »Ist aber die Wahrheit. Sie spüren das innerliche Prickeln. Sie stellen sich die Frage: Wen trifft es als nächsten? Ich habe Ihnen den Vergleich des Russischen Rouletts genannt. So ist es in der Tat. Dieses Warten ist ein tödliches Roulettspiel.«
    »Ich glaube, dass das nicht meine Welt ist.«
    »Wieso kamen Sie dann hierher?«
    »Gute Frage«, murmelte Lady Sarah, trank einen kleinen Schluck Tee und sprach von einer Freundin, die sie aufmerksam gemacht hatte.
    »Eleonora schwärmte von der Villa del Sole.«
    »Schwärmte, sagen Sie?«
    »Ja, sie starb hier.«
    Die Brandi saß starr, überlegte, schaute Lady Sarah an, in deren Gesicht sich kein Muskel regte. »Dann habe ich sie bestimmt gekannt. Stammte sie aus Oxford?«
    »So ist es.«
    »Ja, sie war hier. Und sie reagierte ähnlich wie Sie, Sarah. Wenn das kein schlechtes Omen ist.«
    »Inwiefern?«
    »Auch Eleonora glaubte nicht an das Palazzo-Gespenst. Sie hielt es für eine Sage, für ein Hirngespinst.«
    »Das habe ich nie gesagt.«
    »Stimmt. Doch ich sehe es einem Menschen an, ob er überzeugt ist oder nicht.«
    »Und ich
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