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063 - Die linke Hand des Satans

063 - Die linke Hand des Satans

Titel: 063 - Die linke Hand des Satans
Autoren: Dämonenkiller
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gehen.
    Ich blieb am Wegesrand stehen und ließ den Wagen an mir vorbeirollen. Hinter mir hörte ich Geschrei. Der Ochsenkarren mit den Stadtknechten hatte den Pranger erreicht. Sie banden das bedauernswerte Mädchen los, um es zum Richtplatz zu bringen.
    Ich machte, daß ich schnell in die Stadt kam und von all dem nichts mehr sehen mußte.

    „Zum heiligen khindlein" las ich auf dem Schild eines Gasthofes. Und sofort erinnerte ich mich daran, daß ich vor über fünfzig Jahren - als Baron de Conde - in einem Gasthof gleichen Namens abgestiegen Ware. War es derselbe Gasthof? Er kam mir völlig verändert vor. Aber vielleicht spielte mir mein Gedächtnis einen Streich. Fünfzig Jahre waren eine lange Zeit - überhaupt dann, wenn die Seele unruhig von Körper zu Körper gewandert war. Als Georg Rudolf Speyer sah ich die Dinge mit ganz anderen Augen. Heute wußte ich, daß man mit den Mitteln der Inquisition keine Dämonen bekämpfen konnte, denn die Inquisition war inzwischen längst zum Werkzeug der Dämonen geworden. In den Kerkern und Folterkammern schmachteten Unschuldige, und auf den Scheiterhaufen brannten nicht die Dämonen, sondern deren Opfer.
    Das alles hatte ich schon gewußt, bevor es mich in die Neue Welt verschlug. Konnte ich so naiv sein und glauben, daß sich in den sieben Jahren meiner Abwesenheit an diesen Zuständen etwas geändert hatte?
    Ich dachte, das Leben in der Neuen Welt hätte mich abgehärtet. Ich hatte miterlebt, wie grausam die spanischen Konquistadoren gegen die Indianer der Neuen Welt vorgegangen waren. Sie hatten sie so lange gejagt und ihrer Schätze beraubt, bis sie praktisch ausgerottet und die wenigen Überlebenden völlig verarmt gewesen waren. Ich war Augenzeuge unbeschreiblicher Greueltaten geworden. Kein Wunder, daß ich mich nach Europa zurückgesehnt hatte.
    Doch kaum hatte ich meinen Fuß auf den alten Kontinent gesetzt, da war mir klargeworden, daß die Menschen des Abendlandes zu sich selbst nicht weniger grausam und barbarisch waren als gegen die Indianer.
    Europa fieberte im Hexenwahn.
    Die vergangenen sieben Jahre hatten keine Besserung gebracht. Es war eher nur noch schlimmer geworden.
    Was trieb mich nun gerade nach Konstanz, dem Ort, meiner größten Niederlage im Kampf gegen die Dämonen - wo ich als Baron de Conde vor fünfzig Jahren durch das Urteil der Inquisition den Tod gefunden hatte?
    Mein Besuch hier hatte nichts mit der Vergangenheit zu tun, sondern hing nur mit der Sorge um die Gegenwart und die Zukunft zusammen. Ich verfolgte die Spur von Alraune, jenem geheimnisvollen Geschöpf, das durch das Wirken des Magisters Arrabell aus einer Mandragora entstanden war. Alraune, das Mädchen, das nicht geboren wurde, sondern durch magische Kräfte aus einer Pflanze zu einem Wesen aus Fleisch und Blut gewachsen war. War sie denn nun schon ein vollwertiges Lebewesen?
    Körperlich wohl, das ganz sicher. Sie hatte einen geradezu vollkommenen Körper. Doch geistig war sie noch unfertig. Ihre Persönlichkeit war noch nicht ausgereift. Aber in Alraune schlummerten Fähigkeiten, die nur geweckt zu werden brauchten, so daß sie innerhalb kürzester Zeit auch geistig erblühen konnte.
    Was alles in Alraune steckte, konnte ich nur erahnen. Ich wußte nur, daß es sich um geballte übernatürliche Kräfte handelte.
    Ich hatte miterlebt, wie Alraune Männern der Schiffsbesatzung der „Torquemada" das Leben aussog, um sich selbst zu stärken. Und dann wieder - als wir in einem Rettungsboot auf dem offenen Meer trieben - hatte sie mir ihre Lebenssäfte eingeflößt, um mich am Leben zu erhalten. War sie nun ein Dämon oder ein Engel? In meinen Augen war sie keines von beidem. Sie stand in der Mitte - war eben noch unausgegoren. Ihre weitere Entwicklung würde von den äußeren Einflüssen abhängen.
    Deshalb suchte ich sie. Ich wollte, daß sie keinen schlechten Umgang bekam und nicht in die falschen Hände geriet. Denn je nachdem, wer sie beeinflußte, konnte sie ein Dämon oder ein Engel werden. Noch war es nicht zu spät.
    Dennoch erschauerte ich bei dem Gedanken, was Alraune inzwischen alles angestellt haben könnte. Als unser Rettungsboot von einer spanischen Karavelle aufgefischt wurde, war ich selbst nicht mehr bei Sinnen gewesen. Ich konnte erst wieder klar denken, als ich an Land war - und da fehlte von Alraune bereits jede Spur. Sie war fort, und ich begann mit der mühsamen Suche nach ihr, die mich schließlich nach Konstanz brachte. In ein Konstanz, das sich
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