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0628 - Der Sturmteufel

0628 - Der Sturmteufel

Titel: 0628 - Der Sturmteufel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Spitznamen verdankte.
    Andrew arbeitete beim Wetterdienst der NASA. Er war nicht nur gut, er war Spitzenklasse. Eben weil ihm seine Arbeit Spaß machte. Aber die wenigsten konnten verstehen, daß Wetterbeobachtung und das Führen von Statistiken, ihr Vergleichen mit den Klimaverhältnissen früherer Jahre, Spaß machen konnten. Mit den Aufzeichnungen des sogenannten Hundertjährigen Kalenders gab er sich dabei nicht einmal zufrieden, sondern erstreckte seine Hobby-Forschung, die ihr Echo auch im Berufsleben fand, bis in die fernste Vergangenheit. Bohrkerne aus dem kilometertiefen Polareis verrieten ihm mehr über Wetterphasen aus der Frühzeit der Erde, und er versuchte, einen sich über Jahrhunderttausende erstreckenden Übersichtsplan zu erstellen.
    Dazu besaß er eine erstaunliche Beobachtungsgabe. Aus winzigsten Zeichen konnte er Rückschlüsse auf Wetterveränderungen ziehen.
    Was er eben registriert hatte, ehe Jill zu ihm kam, war erstaunlich. Er hätte gern mit ihr darüber geredet und es ihr erklärt, aber an dieser für sie eher trockenen Materie war sie nicht interessiert. Sie zog das nasse Element vor, vor allem bei dieser Hitze, und erfrischte sich in der nahenden Flut.
    Er sah wieder zum Himmel.
    Der sah völlig normal aus. Aber Andrew Cartwright spürte, daß es anders war. Am meisten verblüffte ihn, daß der Wetterumschwung äußerst spontan erfolgen würde. Schneller, als es eigentlich möglich war. Solche Sturmfronten, wie er sie sah, brauchten ihre Zeit, um sich aufzubauen.
    Hier offenbar nicht.
    Und das konnte sicher nicht daran liegen, daß sie sich nicht im tornadogebeutelten Florida befanden, sondern an Italiens Sonnenküste.
    Er speicherte seine Daten, schaltete das Notebook aus und schob es zusammengeklappt in die Tragetasche. Er brachte den Computer im gemieteten Fiat Punto in Sicherheit und sah sich nach Jill um.
    »Komm aus dem Wasser«, rief er ihr zu. »Laß uns von hier verschwinden.«
    Sie richtete sich auf. Hatte sie ihm nicht zugehört? »Wir bekommen Besuch«, rief sie und deutete mit ausgestrecktem Arm am Strand entlang.
    Andrew sah in einiger Entfernung eine Reiterin.
    »Die wird sich auch noch wundern«, murmelte er prophetisch. Er raffte zusammen, was sie für ihr Strandpicknick um sich herum verstreut hatten, und brachte es in den Wagen. »Jill«, rief er wieder. »Es wird Zeit.«
    »Du bist wirklich verrückt!« rief sie. »Vergiß dein Wetter, und komm auch ins Wasser! Es ist wunderbar…«
    Sie sah zum blauen Himmel.
    Der verdunkelte sich rasch.
    Da endlich begriff sie, daß etwas nicht ganz so war, wie sie es sich erhoffte.
    Da schlug der Blitz ein…
    ***
    Der Sturm-Teufel hatte sein Opfer entdeckt. Er begann seine Kraft zu entfesseln. Es bedurfte eines enormen magischen Aufwandes, eine so extreme Wetterveränderung hervorzurufen, wie er sie hier benötigte, aber es war eine günstige Gelegenheit, auf die er nicht verzichten wollte.
    Eine einsame Landschaft. Wasser, schmaler Strand, niemand weit und breit. Keine Touristengegend. Nur zwei andere Sterbliche. Und auf die kam es nicht an.
    Wenig Aufmerksamkeit, eine blitzschnelle Aktion, und - Tod.
    Vielleicht würde alles ja viel schneller gehen, als er ursprünglich angenommen hatte. Immerhin war es schon fast ein Wunder, daß er so schnell fündig geworden war. Erst hatte er noch gezweifelt; war sie es tatsächlich?
    Aber alles stimmte überein mit dem Bild, das Lucifuge Rofocales Kristallkugel gezeigt hatte. Auch die Aura, die mit übermittelt worden war, stimmte.
    Wenngleich ihm etwas an dieser Aura nicht gefiel…
    Da griff er an!
    ***
    Für wenige Augenblicke glaubte Cartwright, eine bösartig verzerrte Fratze am Himmel zu sehen. Aber es war wohl eher die Lichterscheinung des Blitzes, die diesen Eindruck in ihm hervorrief.
    Zugleich fegten die ersten Sturmböen über den Strand.
    Wirbelten Sand hoch, peitschten das Wasser.
    Innerhalb weniger Augenblicke veränderte sich die Wetterlage radikal.
    »Das glaubt mir keiner«, murmelte er und griff nach der Sonnenbrille, die ihm der Sturm vom Kopf riß und davonwehte. Der Himmel wurde nachtschwarz. Erneut zuckte ein Blitz, schlug nahe am Wasser in den Sand.
    Warum nicht in die Bäume, die weiter zurück die schmale Straße säumten und viel höher aufragten? Wieso suchte der Blitz sich nicht die höchste Erhebung aus, wie er es gefälligst den Naturgesetzen zufolge zu tun hatte?
    Jetzt schrie Jill entsetzt. Sie rannte aus dem Wasser, auf Andrew zu. Gerade noch rechtzeitig.
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