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0621 - Die Vergessene von Avalon

0621 - Die Vergessene von Avalon

Titel: 0621 - Die Vergessene von Avalon
Autoren: Jason Dark
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gesehen, aber ich liebe es trotzdem. Avalon wird sich mir öffnen. Ich komme …«
    Es waren ihre letzten Worte, denn gemeinsam mit ihnen brach die von meinem Kreuz geschaffene Aura zusammen, und die harte Realität des Gewölbes hatte uns wieder.
    Ich schaute nach links, weil ich im Gesicht des Mädchens Veränderungen feststellen wollte.
    Die gab es nicht. Melusine sah wieder so aus wie immer. Die Augen leer, der Mund zuckend, sie bebte wegen der für sie wunderbaren Erinnerung. Dann bewegte sie ihre Lippen, sprach lautlos mit sich selbst und drehte sich um, als könnte sie die bleichen Knochen ihrer Eltern nicht mehr länger mit ansehen.
    Ich atmete tief durch. Meiner Ansicht nach war auch die Luft reiner geworden, das Licht hatte für einen Austausch gesorgt und den Modergeruch weiter zurückgedrängt.
    Vor mir lagen noch die Knochen. Es machte mir keinen Spaß aber ich wollte sie anfassen, um etwas herauszufinden, denn sie hatten einen leichten Glanz bekommen.
    Als meine Fingerspitzen über sie hinwegstrichen, spürte ich die Kühle. Sie lag wie ein Eisfilm auf der Haut, als hätte man die Knochen aus dem Kühlschrank genommen.
    Bei einem leichten Druck gaben sie nicht nach. Sie hatten sich also nicht verändert, waren nach wie vor hart, aber dem Kreuz war es tatsächlich gelungen, eine Brücke in die andere Dimension zu schlagen und hatte zumindest für Melu die geheimnisvolle Insel Avalon sichtbar werden lassen. Und es hatte nicht allein nur an meinem Kreuz gelegen, sondern auch an den beiden Skeletten.
    Für mich waren sie ebenfalls für einen Brückenträger zur anderen Dimension geworden.
    Melusine de Lacre drehte sich um und ging weg. Ich folgte ihr mit den Blicken.
    Da sie sich als Blinde auch innerhalb des Gewölbes auskannte, war sie immer normal gegangen, als hätte sie ihr normales Augenlicht besessen. Jetzt kamen mir ihre Bewegungen vor wie die einer Blinden. So vorsichtig und überlegend. Bestimmt war sie noch von der Erinnerung aufgewühlt, auch ich dachte darüber nach, war es allerdings gewohnt, sehr schnell wieder auf den Teppich zurückzukehren und dachte auch diesmal mehr an die Realität, denn aus dem Hintergrund hörte ich Fullers heftiges Atmen.
    Melu setzte sich auf die unterste Treppenstufe, die Beine hart angewinkelt, den Kopf in die Hände gestützt. Sie mußte überlegen und nachdenken, was ihr keiner verübeln konnte.
    Ich ging auf Fuller zu. Der wußte nicht, ob er mich anschreien oder angrinsen sollte. »He, Bulle, das habe ich doch nur geträumt, oder nicht?«
    »Nein.«
    »Mist! Dieses komische Licht, was war das?«
    Ich hob die Schultern. »Es hätte keinen Sinn, es Ihnen zu erklären. Gehen Sie einfach von einer höheren Gewalt aus, damit ist uns allen gedient. Es gibt eben Dinge, die man so einfach nicht erklären kann. Sie müßten völlig umdenken.«
    »Das Gefühl habe ich auch.« Er bewegte seinen Kopf und schaute sich ängstlich um. »Wäre ich nur abgehauen!« keuchte er. »Jetzt hänge ich in der Scheiße.«
    »Ihr Problem.«
    »Das hat man von seiner Gutmütigkeit!« keuchte er. »Man soll es nicht machen.«
    »Ich glaube, wir alle haben hier unten nichts mehr verloren. Die Karten sind ausgereizt worden.«
    Er stierte mich an. Über sein Gesicht rannen kleine Schweißperlen.
    »Okay, was haben Sie vor?«
    »Wir gehen nach oben.«
    »Und dann?« fragte er lauernd.
    Ich runzelte die Stirn. »Glauben Sie nicht, daß ich Sie laufen lasse, Fuller.«
    »Das ist ein Fehler.«
    »Weshalb?«
    »Weil ich weiß, wo die Beute versteckt ist. Hör mal, Bulle, ich kenne dich und ich kenne eure Gehälter. Das ist nicht viel, was ein Bulle verdient.«
    »Stimmt.«
    »Die Hälfte?«
    »Nein!«
    »Alles?« kreischte er.
    »Auch nicht.«
    Er lachte laut. »Ein Bulle, der nicht bestechlich ist. Ich… ich werd’ nicht mehr. Das kann es doch nicht geben. Ihr nehmt doch alle Schmiergeld.«
    »Erstens ist das nicht bewiesen, zweitens halte ich es für maßlos übertrieben, sonst würde ich nämlich meinen Job hinwerfen, und drittens lasse ich mich nicht bestechen. Ich weiß nicht, was Sie getan haben, Fuller, grundlos hat man Sie nicht hinter Zuchthausmauern gesteckt.«
    »Ich habe Robin Hood gespielt.«
    »Banken ausgeraubt?« tippte ich.
    »Ja.«
    »Dann haben Sie das Geld an die Armen verteilt, wie? Das können Sie mir nicht erzählen.«
    »Ich fand, daß ich selbst arm genug war, Bulle.«
    »Schon verstanden, Meister.« Ich winkte ihm zu. »Kommen Sie, hier unten gefällt es mir auch
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