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062 - Das Moerderspiel

062 - Das Moerderspiel

Titel: 062 - Das Moerderspiel
Autoren: Andre Caroff
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hätte ich es vorgezogen, daheimzubleiben. Und ich frage mich, ob er nicht ein wenig übertrieben hat.“
    Elisabeth lächelte. Sie war sechsundzwanzig und verehrte den um zwanzig Jahre älteren Professor. „Sie kennen ihn gut?“
    „Seit Jahren. Aber ich habe ihn seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.“ Er sah nachdenklich hinaus in das Schneetreiben. „Er hatte immer schon eine Schwäche für das Geheimnisvolle. Sonst kenne ich keinen der anderen Teilnehmer dieser Konferenz.“
    „Ah! Ich sehe einen Wagen kommen!“
    Es herrschte mäßiger Verkehr in den verschneiten Straßen, und Berger ging kaum fehl in der Annahme, daß es sich um den Wagen von Professor Tauern handelte.
    Elisabeth folgte Bergers Blick. „Es ist ein Taxi“, sagte sie. „Glauben Sie nicht, daß der Professor einen Wagen mit Chauffeur besitzt?“
    Berger zuckte mit den Schultern.
    Das Taxi hielt vor dem Bahnhof, der Fahrer stieg aus und sah sich um. Dann kam er zum Buffet. Der Raum war fast leer, und der Fahrer zögerte nur einen kurzen Augenblick lang, bevor er zu Elisabeth und Berger trat.
    „Professor Berger?“ fragte er.
    „Jawohl. Sie kommen von Professor Tauern?“
    „Ja. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, werden wir sofort losfahren. Die Straße zum Haus des Professors ist ziemlich schlecht, dazu die Dunkelheit …“
    „Ich verstehe“, sagte Berger.
    Der Fahrer nahm die beiden Koffer, und Berger bezahlte den Tee.
    Als sie vor das Gebäude traten, bemerkte Berger verwundert, daß die Temperatur etwas angestiegen war. Die Flocken fielen dichter.
    Sie stiegen in das Taxi, und der Chauffeur fuhr los.
    Bald waren sie auf der schmalen Straße, die steil in die Berge führte.
    „Ist es weit?“ fragte Berger.
    „Wenn alles gutgeht, sind wir bald da“, entgegnete der Fahrer, ohne sich umzudrehen. Er fuhr vorsichtig und sah hin und wieder besorgt zum Himmel. Als die Straße weiter anstieg, schneite es stärker, und die Bäume standen nur mehr vereinzelt an der Strecke.
    „Wo genau befindet sich das Haus?“ fragte Berger.
    „Höher, etwa bei 1800 Meter“, sagte der Fahrer. „Im Sommer ist es sehr schön dort, aber bei diesem Wetter und während dieser Jahreszeit kann man nicht verstehen, weshalb der Professor nicht in den Ort zieht. Ein Mann seines Alters sollte sich nicht so sehr in der Einsamkeit vergraben.“
    „Er lebt ganz allein dort oben?“ fragte Berger erstaunt.
    „Ja. Sie scheinen genauso überrascht zu sein wie die fünf Herren, die vor Ihnen ankamen, aber so ist es. Sie dürfen nicht vergessen, daß der Professor ein Telefon hat, und daß ein Lieferwagen mit allem Nötigen jede Woche hinauffährt. Bei schönem Wetter gibt es keinerlei Schwierigkeiten, aber jetzt … Die Straße kann von Lawinen verschüttet werden, die Telefonleitung kann reißen, und wenn das Wetter sich weiterhin verschlechtert, gleicht der Professor einem Schiffbrüchigen auf einer Insel.“
    „Hat er kein Hauspersonal?“
    „Niemanden. Er sagt immer, er braucht die Einsamkeit für seine Arbeit. Sehen Sie! Dort oben, dieser dunkle Punkt auf der Spitze des Berges, das ist das Haus!“
    Elisabeth beugte sich zum Fenster und sah hinauf. Ein schwarzes winziges Viereck hob sich gegen die grauen Wolken und den Schnee darunter ab.
    „Unheimlich“, meinte sie. „Wie kann man an einem solchen Platz leben!“
    Der Fahrer lächelte. „Eine Sache der Gewohnheit, Mademoiselle. Heute kann man das Haus wenigstens sehen. Vergangene Woche lag es in den Wolken!“
    Die Flocken fielen dichter und dichter, und die Sicht betrug nur mehr wenige Meter. Der Fahrer schaltete die Scheinwerfer ein und murrte. Offensichtlich bereute er es bereits, diese Fahrt übernommen zu haben. Die Route wurde immer schwieriger, denn nun verengte sich die Straße weiter und führte zwischen steilen Felswänden hindurch.
    „Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann fahren Sie die gleiche Strecke heute bereits zum sechsten mal?“ fragte der Professor.
    „Hin und zurück, jawohl. Wenn es nicht Professor Tauern gewesen wäre, der mich darum gebeten hat, ich wäre unten im Ort geblieben!“
    Die Straße führte nun über ein Felsplateau, und der Straßenverlauf war mit rotgestrichenen Stöcken markiert. Der Schnee fegte gegen die Windschutzscheibe, und die roten Stöcke waren kaum zu erkennen.
    Nach etwa hundert Metern hielt der Fahrer den Wagen an und sagte: „Wir sind da. Verzeihen Sie, wenn ich nicht Ihre Koffer bis zum Haus trage, aber ich muß mich beeilen, um noch vor der
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