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061 - Im Reich der Tausend

061 - Im Reich der Tausend

Titel: 061 - Im Reich der Tausend
Autoren: Ronald M. Hahn
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oder sich ein Putzbrocken von einer Wand löste.
    Er musste das Brummen demnach als verdächtig einstufen und der Sache nachgehen.
    Nikolaai pirschte geduckt an den Ruinenwänden entlang; sein Ziel war die Straße, die dem Baanhofseingang gegenüber lag. Es schneite heute ganz schön heftig, und das Pfeifen des Windes schien mit jedem Atemzug lauter zu werden. Da war bestimmt ein Schneesturm im Anmarsch, vielleicht sogar etwas Schlimmeres.
    Als Nikolaai die Straßenecke erreicht hatte, verharrte er und hielt den Atem an. Er lugte vorsichtig um die Ruine herum. Im gleichen Moment hörte er das Brrrt… Brrrt… Brrrt…
    schon wieder.
    »Bljath!«, entfuhr es ihm. Keine hundert Schritte von ihm entfernt, genau auf einer Straßenkreuzung schob sich ein merkwürdiger weißer Gegenstand durch den Schnee. Er war riesig und sah ungefähr so aus wie eine überdimensionale Badewanne. Natürlich war es unmöglich, die Maße des Dings aus der Ferne exakt zu bestimmen, aber Nikolaai vermutete, dass es mindestens drei Meter breit, zehn Meter lang und zweieinhalb Meter hoch war. Es bewegte sich auf rasselnden Ketten, wie das legendäre Snoo-Mobil im Reichsmuseum im Stockwerk O-l.
    Das Ding bewegte sich, wie Nikolaai nun ganz deutlich sah, aus eigener Kraft. Beeindruckend, wirklich. Und es hatte noch zwei Gefährten, wie Nikolaai feststellen musste.
    Die drei Snoo-Mobile - wenn es denn welche waren - überquerten gemächlich die Straßenkreuzung und fuhren weiter. Sie schlugen nun eine Route nach Süden ein, die parallel zu jener Straße verlief, in der das Stadthaus lag. Der Lärm ihrer Motoren - Nikolaai war sich nun ziemlich sicher, dass sie von Motoren angetrieben wurden -, verebbte allmählich.
    »Boshe moj«, murmelte Nikolaai vor sich hin, als die merkwürdigen Gefährte verschwunden waren. Ihr Brrrt… Brrrt… Brrrt… war kaum noch zu hören. Er fragte sich, was er nun tun sollte, und auf der Stelle fiel ihm der erste Leitsatz aus dem Späherunterricht ein: »Der Feind muss erkannt werden.«
    Also los! Trotz des immer schneidender werdenden Winds, der eindeutig einen Sturm ankündigte, holte Nikolaai tief Luft, richtete sich auf und rannte, von dicken weißen Flocken umweht, in die Straße zur Kreuzung hinein. Dabei musste er vielen so genannten Autoowracks, verbogenen Laternenpfählen und Gesteinstrümmern ausweichen.
    Zum Glück jedoch kannte er in seinem 'Revier jede Erhebung, so dass er, als er die Kreuzung erreichte und in die Parallels traße nach Süden blickte, nicht nur die Kettenspuren der Snoo-Mobile sah, sondern auch sie selbst. Die merkwürdigen Fahrzeuge fuhren im Schritttempo hintereinander her, fast so, als hielten sie ganz gemächlich nach einem Platz Ausschau, an dem sie verharren konnten, um sich vor dem heraufziehenden Sturm zu schützen. Nikolaai eilte geduckt hinter ihnen her, wobei er zahlreiche Hauseingänge als Deckung nutzte.
    Drei Blocks weiter hielten die Snoo-Mobile mit laufenden Motoren an. Sie standen jetzt einer langen, auf wunderbare Weise erhalten gebliebenen Mauer gegenüber, in der sich ein Torbogen befand.
    Nikolaai wusste, dass sich hinter dem Tor ein großer Hof erstreckte. Er gehörte zu einem Haus, in dem sich - laut den Schulungsunterlagen der Späherausbildung - in der Finsteren Epoche der Demokratie die Bibloteek befunden hatte. Dort hatte man angeblich mehr Papier gehortet, als man an einem Tag verbrennen konnte, und das musste eine Menge gewesen sein. Viktoor der Ordentliche hatte sich aber nicht dafür interessiert und angeordnet, dass man es zum Feuermachen verwendete.
    Die Snoo-Mobile setzten ihren Weg fort. Zwei bogen durch das Tor auf das Gelände der Bibloteek ab. Das dritte fuhr weiter, nahm dann die erste Abzweigung nach links und bewegte sich mit rasselnden Ketten auf die Straße zu, in der sich das Stadthaus befand.
    Nikolaai beobachtete alle drei Fahrzeuge mit heftig klopfendem Herzen. Als sie verschwunden waren, eilte er zum Torbogen hin und reckte den Hals. Der Schnee fiel nun immer dichter. Das war gut, denn so bemerkten ihn die Gestalten nicht, die aus den Snoo-Mobilen stiegen und sich reckten.
    Nikolaais Blick saugte sich an ihnen fest. Die Fahrzeuge hatten am Ende des Hofes Halt gemacht und standen rechts neben dem türlosen, finster gähnenden Portal. Was hatten die Fremden vor?
    Das erste, was Nikolaai auffiel, war ihre grünbraune Kleidung. Außerdem trugen sie Pelzmützen und Handschuhe. Einige sahen aus wie die Menschen im Reich der Tausend, andere
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