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0608 - Das Böse kommt

0608 - Das Böse kommt

Titel: 0608 - Das Böse kommt
Autoren: Jason Dark
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errichtet hatte.
    Ich faßte den feuchten Fensterrahmen an und drückte die Kuppe meines Daumens in das Holz. Es war weich wie Pappe. Daß die Scheiben hielten, glich schon einem kleinen Wunder.
    Was war geschehen?
    Durch Magie hatten sich die Zeiten verschoben. Ich steckte also in der Vergangenheit. Der Spiegel hatte die Macht übernommen, beeinträchtigt wahrscheinlich durch mein Kreuz.
    Ich drehte mich um.
    Der Spiegel war nicht mehr zu sehen. Es hatte sich alles verändert, die Einrichtung entsprach der, wie man sie vor zweihundert Jahren oder mehr gehabt hatte. Wände aus Lehm und Holzbalken als Stütze. Links sah ich eine gemauerte Feuerstelle. Der Tisch und die Stühle waren aus rohen Hölzern zusammengezimmert; der Fußboden bestand aus festgestampftem Lehm.
    Allerdings war das Geräusch geblieben. Dieses harte Trommeln von Pferdehufen, die den Untergrund zum Erzittern brachten. Um Genaueres feststellen zu können, mußte ich nach draußen gehen.
    Auf meinen Haaren spürte ich den leichten Druck, denn ich stieß mit dem Kopf leicht gegen die Decke. Die Eingangstür war schnell erreicht. Sie bestand aus stabilem Holz, hing aber schief in den Angeln und zeigte von außen einige Macken, als hätte diese Fläche Bekanntschaft mit spitzen Gegenständen gemacht.
    Kühle Luft umsegelte mich. Vor meinen Lippen dampfte dünn der blasse Atem. Der Wind bewegte das Laub an den Bäumen. Waren es noch die gleichen, die ich kannte?
    Langsam ging ich weiter. Das Gefühl der Unsicherheit wollte einfach nicht weichen. Der Hufschlag donnerte noch immer. Es gab keine Straße mehr, ich befand mich in einer ländlichen Gegend. Wald ragte aus dichtem Buschwerk, und die Wolken hoch über den Bäumen spielten im Wind, wildes Fangen.
    Auch die Schreie blieben.
    Wie Signale durchdrangen sie das Trommeln. So schrie nur ein Mensch, der große Angst davor hatte, von anderen gejagt und möglicherweise getötet zu werden.
    Ich lief den Schreien entgegen. Egal, in welcher Zeit ich mich befand, es gab immer wieder Menschen, die Hilfe benötigten. Da kam es nicht darauf an, ob ich mich in der Gegenwart oder einer Vergangenheit befand.
    Ich duckte mich durch die Lücke zwischen zwei Baumstämmen, räumte Buschwerk zur Seite und hatte den grünen Sperrgürtel überwunden, als ich die Pferde sah.
    Sie befanden sich nicht mehr weit vom Haus entfernt. Auf ihrem Rücken hockten vermummte Gestalten, die von einem stolzen Reiter angeführt wurden, dessen schwarzes Haar im Wind wehte. Der Mann besaß ein scharfgeschnittenes Gesicht. Er trug einen langen Mantel aus Pelz und wedelte mit dem linken Arm, als wollte er sein schwarzes Reittier noch mehr antreiben.
    Das hatte seinen Grund.
    Vor ihm und der Horde rannte eine Frau her. Sie mußte flüchten und hatte es bisher geschafft, den Häschern zu entwischen. Wahrscheinlich wollte sie im Haus Schutz suchen. Sie sah so aus, als würde sie nicht zum erstenmal vor irgendwelchen Häschern fliehen. Immer wieder hatte sie Haken geschlagen, die natürlichen Deckungen gut ausgenutzt und befand sich nicht mehr weit von mir entfernt.
    Es war nicht nachtdunkel, eher grau und dämmrig. In der Luft hoben sich die Umrisse scharf konturiert ab. Dieses Licht kannte ich von unserer Zeit her nicht. Wenigstens nicht in London oder England. Ich jedenfalls bekam alles ungewöhnlich deutlich mit und hatte das Gefühl, daß die Reiter die Frau quälen wollten. Wenn es ihnen um den Tod dieser Person gegangen wäre, hätten sie ihn schon längst haben können. Das versprach interessant zu werden, vor allen Dingen dann, wenn es mir gelang, mich einzumischen. Und nur herumstehen und zusehen, wollte ich auf keinen Fall.
    Deshalb lief ich der Frau entgegen und versteckte mich in der unmittelbaren Nähe des Hauses, aber so, daß sie mich nicht sehen konnte. Ich würde vor ihr erscheinen wie ein Geist.
    Noch war sie nicht da.
    Ich hörte sie schreien und keuchen. Lachen drang hinter ihr auf.
    Diese Laute klangen wie ein tödliches Versprechen.
    Die Frau war erschöpft. Ihre Bewegungen wirkten zeitlupenhaft, als sie die letzten Yards auf das Haus zurannte. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen, den Mund weit aufgerissen. Das Gesicht zeigte Kratzspuren. Blutstreifen bildeten auf der hellen Haut ein Muster.
    Als sie fast zusammenbrach, verließ ich meine Deckung. Sie wollte schreien, weil sie damit rechnete, daß ich zu den anderen Häschern gehörte. Das schaffte sie nicht mehr. Ich war schneller, warf mich über sie und preßte ihr meine
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