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0607 - Piraten der Hölle

0607 - Piraten der Hölle

Titel: 0607 - Piraten der Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wußte, was richtig war, und konnte vielleicht tatsächlich helfen.
    Es mußte einfach so sein, denn das war ihre einzige Chance!
    Doch als ein heftiger Ruck durch das Schiff ging, da sangen sie nicht mehr.
    Mit ihrem Gesang hatten sie den Tod gerufen, aber der Tod machte keinen Unterschied. Er streckte seine Hände nach allen aus, nach Knechten und Geknechteten.
    Seine Nacht kroch auch in den Schiffsbauch hinunter, um den Sklaven zuzuraunen: Ich bin der Freund, der euch von aller Qual und Angst befreit… Und seine Nacht hüllte die Seelen der Menschen ein.
    Der Tod war ein guter, hilfreicher Freund…
    ***
    »Fremdes Schiff steuerbord voraus!« gellte der Schrei des Mannes im ›Krähennest‹, dem Ausguck-Korb hoch oben auf dem Toppmast. Und dann, ungefragt und etwas leiser und entsetzt: »Schwarze Flagge…«
    Jeder wußte, was das bedeutete.
    Es war ein Piratenschiff.
    »Es kommt uns entgegen«, sagte der Rotbärtige. »Weichen wir ihm doch einfach aus. Wenn wir es schaffen, in einem weiten Bogen daran vorbei zu gelangen, dann wird es uns nicht folgen können. Die MADONNA DE LOS ANGELES ist das schnellste Schiff, das ich jemals gesehen habe. Piraten fahren Seelenverkäufer, die bei größerer Beanspruchung auseinanderfallen. Sie werden mit dem Wind vor uns hergetrieben, werden Probleme bekommen, uns zu folgen, wenn wir sie weiträumig umfahren. Und vielleicht haben sie uns noch gar nicht bemerkt.«
    Es war der Augenblick, in dem die Kartätsche die Segel zerfetzte, den Hauptmast in halber Höhe kappte und die Rahen aus den Seilen riß.
    Riesige, schwere Flächen Tuches krachten aufs Deck herunter. Der schrille Schrei des Mannes im Ausguck erstarb, als er mit der oberen Hälfte des Mastes neben dem Schiff ins Wasser stürzte.
    Haie folgten dem Schiff schon seit Tagen, um sich über die Essensreste herzumachen, die über Bord geworfen wurden. Als aber nun der Mann im Ausguck über Bord ging, da zeigten sie immer noch großen Appetit.
    Kapitän Vargaz begann wild zu fluchen und hinkte mit seinem brandigen Bein zur Kommandobrücke.
    »Das ist doch unmöglich«, murmelte der Dicke. »Über diese Distanz können sie gar nicht schießen!«
    Auf dem Vorderdeck tanzte immer noch der Klabautermann.
    Einem Matrosen biß er den Kopf ab und kreischte fröhlich, sprang hinauf in die Betakelung, während der Matrose nach seinem Kopf tastete und ihn wieder auf die Schultern setzte.
    »Potzblitz!« entfuhr es dem Rotbärtigen. »Dies macht mich stutzig! Solcherlei geht nicht mit rechten Dingen zu!«
    Der Klabautermann kreischte am Besanschot.
    Eine zweite Kartätsche - mehrere schwere Kugeln aus einem schweren Geschütz, miteinander durch Ketten verbunden und so alles Getroffene breitflächig zerschmetternd und fortreißend - kappte den Fockmast.
    Männer schrien und brüllten und versuchten, die Taue zu kappen, während die MADONNA DE LOS ANGELES nach steuerbord krängte.
    Diesmal war das Piratenschiff schon wesentlich näher, aber dennoch längst noch nicht in Schußweite.
    Wie aber konnten die Kettenkugeln so weit fliegen?
    Da war Magie im Spiel, denn das Piratenschiff kam sehr schnell näher, dabei segelte es gegen den Wind!
    Als das Schiff, von fallenden Masten gezogen, zur Seite kippte, war der Kapitän auf den Planken ausgerutscht und mit seinem verletzten Bein gegen eine der Aufbauten geschlagen.
    Er keuchte vor Schmerzen, der Schweiß stand ihm jetzt als dicke, glasige Schicht auf der Stirn, er rann ihm übers Gesicht und in die Augen.
    Dennoch zerrte er sich wieder hoch und brüllte Befehle.
    »Laßt das Feuer erwidern, Mann!« schrie der Bärtige ihm zu.
    »Schießt diesen Kahn in handliche Stückchen!«
    »Womit denn, eh?« brüllte Vargaz.
    »Keine Kanonen an Bord?«
    »Wir sind kein Kriegsschiff! Wir transportieren Sklaven über den Ozean, das ist alles! Wer rechnet auch damit, daß Piraten ein Sklavenschiff angreifen? Was wollen die denn mit Sklaven, verdammt?«
    Damit hatte er nicht ganz unrecht. Die Piraten konnten ja nicht einfach einen Hafen anlaufen und die erbeuteten Sklaven verkaufen. Man würde sie festnehmen und hinrichten lassen.
    »Aber vielleicht sind es Bukanier«, fuhr der Kapitän plötzlich fort. »Die hissen auch oft die Schwarze Flagge, und in Santo Domingo könnten sie unter dem Schutz Eures verdammten Königs…«
    Der Dicke lachte brüllend auf. Seine Hand glitt zum Degen.
    »Ich sollte Euch gleich in Streifen zerschnitzeln«, rief er.
    »War ich doch immerhin der Berater eben dieses Königs!
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