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06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob
Autoren: Marion Chesney
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anderen Mitglieder des Festkomitees befragen.«
    Mrs. Sykes verbeugte sich und zog
sich wieder zurück. Mrs. Chudleigh eilte von einem Gast zum anderen, um die
Ankunft dieses Lord Paul Mannering anzukündigen. Ein anderer Angehöriger des
Komitees, der die Adelsliste so eifrig studierte wie andere Leute ihre Bibel,
berichtete, dass Lord Paul der jüngste Sohn des alten Herzogs von Inchkin sei,
ein Witwer und General in Wellingtons Armee.
    Während all der aufregende Klatsch
in Windeseile unter die Anwesenden gebracht wurde, stand der Herzog von Pelham
plötzlich auf und ging auf Jenny zu. Sie sah ihn voller Schrecken auf sich
zukommen. Was war, wenn dieser Lord Paul gerade jetzt auftauchte? Es war der
letzte Tanz vor dem Supper, und sie würde beim Essen an diesen Mr. John — einen
Niemand — gebunden sein. Bevor er bei ihr war, schlüpfte sie durch eine Gruppe
von Gästen nach hinten und verbarg sich hinter einem Pfeiler. Der Herzog stand,
ärgerlich die Stirn runzelnd, da. Er war es gewöhnt, dass die jungen Damen
stehenblieben und vor Erwartung zitterten, wenn er sich herabließ, sich ihnen
zu nähern. Achselzuckend ging er zu seinem Stuhl zurück.
    »Es ist der letzte Tanz vor dem
Supper«, flüsterte Fergus.
    »Ich werde eine auffordern,
irgendeine, mit ihr essen und dann zu Bett gehen«, gähnte der Herzog. »Es hat
Spaß gemacht, all diese liebenswerten Engländer dabei zu beobachten, wie sie
sich amüsieren, aber jetzt langweile ich mich schon wieder fürchterlich.«
    In Wirklichkeit war es nicht
Langeweile, was ihn quälte. Diese junge Schönheit, die vor seiner Annäherung
geflohen war, hatte ihm die Laune gründlich verdorben. Er hob sein Monokel und
musterte die Reihe der Anstandsdamen. Oft schon hatte er eine von ihnen als
unterhaltsamere Tischdame empfunden als eine junge Miss. Seine Augen fielen auf
Lady Letitia, und was er sah, gefiel ihm. Er erhob sich wieder. In diesem
Moment öffneten sich die Flügeltüren zum Ballsaal, und Lord Paul Mannering kam
in Begleitung eines Freundes herein.
    Unter den jungen Damen erhob sich
enttäuschtes Geflüster. Schließlich hatten sie erwartet, dass der jüngste Sohn
eines Herzogs... nun eben, jung war. Aber dieser Mann war mindestens Anfang
Vierzig. Sein rabenschwarzes Haar wies graue Strähnen auf, sein strenges,
herbes Gesicht war von der Sonne dunkelbraun gebrannt.
    »Pelham!« rief er, als sein Blick
auf den Herzog fiel. »Bei allem, was heilig ist, wann bist du denn
zurückgekommen?«
    »Kurz vor dir, glaube ich«, lächelte
der Herzog. »Wieso hast du denn ohne weiteres ein Zimmer bekommen?«
    »Ich habe es im voraus schriftlich
bestellt. Ich möchte dir meinen Freund vorstellen«, sagte Lord Paul. »Pelham,
das ist Mr. Walker — James, Seine Gnaden, der Herzog von Pelham.«
    Mrs. Chudleigh, die begierig dieser
Unterhaltung gelauscht hatte, wäre vor Aufregung beinahe in Ohnmacht gefallen.
Die Federn und Turbane der Damen wippten um die Wette auf und ab, als sich
diese ungeheuer überraschende Neuigkeit im Saal verbreitete. Jenny schoss die
Schamröte ins Gesicht. Ein Herzog! Und er hatte sie zum Tanz bitten wollen.
    »Wählen Sie bitte Ihre Partner für
den letzten Tanz vor dem Supper«, forderte der Zeremonienmeister die Anwesenden
schon zum dritten Mal auf — denn vor lauter aufregendem Klatsch hatten die
Leute ganz vergessen, ihre Plätze in den Tanzgruppen einzunehmen.
    »Na, dann will ich mir mal eine
nette Dame aussuchen«, sagte Lord Paul. »Ah, da ist ja schon die wahre.«
    Jenny, die neben Lady Letitias Stuhl
stand, lächelte und wedelte lässig mit ihrem Fächer, als sie sah, dass sich
beide Männer vor ihr verneigten. Welchen sollte sie wählen? Nun, den Herzog
natürlich. Er war der jüngere und ranghöhere der beiden.
    Lord Paul beugte sich über Lady
Letitia. »Wollen Sie mir die Ehre erweisen, Madam, mit mir zu tanzen?«
    Jenny stieß einen fast unhörbaren
Laut aus, so gekränkt war sie, aber es sollte noch schlimmer kommen.
    »So wahr ich hier stehe«, sagte der
Herzog, »du bist mir zuvorgekommen, denn ich hatte vor, die Dame aufzufordern.«
    Lady Letitia schaute völlig
überrascht zu den beiden Männern auf.
    »Aber Pelham«, sagte Lord Paul mit
übertriebener Freundlichkeit, »ich habe die Dame zuerst aufgefordert.«
    »Das stimmt«, sagte der Herzog.
»Dann muss ich mich mit der Zweitbesten zufriedengeben.« Er ließ seine Blicke
durch den Saal schweifen. Er war sehr groß, und seine Augen glitten über Jennys
Kopf hinweg.
    Dann
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