Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0586 - Gasthaus zur Hölle

0586 - Gasthaus zur Hölle

Titel: 0586 - Gasthaus zur Hölle
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Antwort hatte Gertrud etwas aus dem inneren Gleichgewicht gebracht. »Ich kenne ihn also nicht und soll einem Fremden einen Brief schreiben?«
    »Ja.«
    Sie wollte nicht lachen, sie mußte es einfach. Die Gesichter der Männer aber blieben ernst, als sie ihr erklärten, daß man ihr den Text des Briefes diktieren würde.
    »Wer ist denn die Person, zum Henker?«
    Der Rothaarige gab ihr die Antwort. »Der Mann heißt John Sinclair…«
    ***
    Gertrud Moser wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war. Wie betäubt verließ sie das Gasthaus. Sie hatte den Brief geschrieben und ihn sogar in den Umschlag gesteckt. Hätte man sie allerdings nach dem Inhalt gefragt, sie hätte nichts sagen können. Ihr war es, als würde vor ihrer Stirn ein Brett herlaufen.
    Noch immer ballte sich die Feuchtigkeit zu Nebelwolken zusammen. Träge zogen die Tücher am Haus vorbei. Die einsame Lampe verstreute ihr Licht wie dünnes Blut.
    Die Frau fröstelte. Sie zog die Jacke enger und suchte nach ihrem Rad. »Wo steht es?«
    Der Grauhaarige hielt sich hinter ihr auf. »Entschuldigen Sie bitte, Gertrud, wir haben es an der Friedhofsmauer abgestellt. Würden Sie die wenigen Schritte laufen?«
    »Natürlich.«
    »Danke sehr.« Sie hörte noch seine schleifenden Schritte, als er sich zurückzog: Dann schloß er die Tür und ließ Gertrud allein, die sich darüber wunderte, daß der Mann sogar ihren Namen gewußt hatte.
    Ja, er hatte sie zum erstenmal mit dem Vornamen angeredet.
    Seltsam…
    Sie schaute zurück. Die Tür war geschlossen. Gertrud glaubte auch nicht daran, daß sie sich so schnell wieder öffnen würde. Die beiden unbekannten Männer, die ihr begegnet waren, konnte sie nicht einstufen. Sie waren für sie Fremde gewesen und würden es auch bleiben. Sie hatten ausgesehen, als wären sie aus der Vergangenheit gekommen.
    Komisch…
    Gertrud wischte über ihre Stirn. Der Schweiß war kalt. Sie lauschte dem eigenen Herzschlag, der in ihren Ohren dröhnte. Dieses letzte Erlebnis hatte etwas Einschneidendes mitgebracht. Noch wußte sie nicht, wie sie es deuten sollte. Nur hatte sie allmählich das Gefühl, daß sich durch ihr Eingreifen etwas verändert hatte. Damit meinte sie das Schreiben des Briefes. An den Text konnte sich Gertrud nicht mehr erinnern. Er war einfach gelöscht worden.
    Das Rad!
    Plötzlich fiel ihr ein, daß sie es noch holen mußte. Es sollte an der Friedhofsmauer stehen, daran wiederum konnte sich Gertrud deutlich erinnern.
    Der alte Friedhof mit seiner ungewöhnlichen Mauer lag dem Gasthaus schräg gegenüber. Wieder schritt sie über die Straße, wobei der Nebel ihre Beine umwehte wie dünne Strümpfe. Die Mauer sah von außen völlig normal aus, von innen war sie es nicht. Man hatte vor langer Zeit dort Tote begraben, indem man sie kurzerhand in die Mauer steckte, die in Gräber unterteilt worden war.
    Es war eine ungewöhnliche Art und Weise, so etwas zu tun, aber das späte Mittelalter war eben auch mit seinen ungewöhnlichen Dingen hier vertreten.
    Gertrud paßte es nicht, daß ihr Rad an der Friedhofsmauer lehnte.
    Der Totenacker war ihr ja nie ganz geheuer gewesen. An Geister und Spuk wollte sie nicht glauben. In dieser Nacht kam das ungewöhnliche Erlebnis hinzu, dann der Nebel, und sie dachte auch über die beiden Fremden nach, vor denen sie sich fürchtete, obwohl sie ihr nichts getan hatten.
    Gertrud schritt an der Mauer entlang, die sehr breit gebaut worden war, denn die Gräber benötigten Platz. Von außen zeigte sie eine Verkleidung aus Bruchsteinen, innen, zum Friedhof hin gelegen, bestand sie aus glatten Steinen.
    Das Fahrrad lehnte tatsächlich an der Mauer. Komisch nur, daß es ihr nicht aufgefallen war, wer es dorthin geschafft hatte. Möglicherweise besaßen die beiden Unbekannten noch Helfer.
    Der Gedanke daran ließ sie innehalten und zurückschauen. Zu sehen war nichts. Nur der Nebel wallte über die Fahrbahn. Lichter eines Fahrzeugs konnte sie nicht entdecken.
    Der Lenker glänzte feucht. Nässe hatte sich auch auf den beiden Griffschalen abgesetzt. Gertrud schaute kurz auf die Reifen. Sie wollte sich davon überzeugen, daß sie nicht platt waren.
    Nein, alles okay.
    Sie lächelte über ihr eigenes Mißtrauen, als sie das Rad von der Mauer wegdrückte und sich in den Sattel schwang. Dabei stemmte sie den rechten Fuß auf die Pedale, fuhr an, als es geschah.
    Der Griff erwischte ihre Haare!
    Gertrud Moser war so geschockt, daß sie nicht einmal schreien konnte. Der Schmerz wühlte auf ihrem Kopf,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher