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0560 - Der Rattenmensch

0560 - Der Rattenmensch

Titel: 0560 - Der Rattenmensch
Autoren: Jason Dark
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gedacht!«
    »Was hast du dir gedacht?«
    Sie drehte sich um. Dabei knisterte Papier. »Daß du keinen Adventskranz hast.«
    »Ausgerechnet ich.«
    »Der gehört dazu. Ich finde es einfach toll. Der Brauch kommt aus Germany. Ein Kranz aus Tannenzweigen, auf dem vier Kerzen stehen. Ist mal was anderes.«
    Mir gefiel er. Er sah nicht einmal kitschig aus. Die Kerzen waren weiß und dick. Ebenso weiß schimmerten auch die vier Schleifen, die zwischen den Kerzen den Kranz auflockerten.
    »Na?«
    »Nicht schlecht, Herr Specht.«
    Glenda rümpfte die Nase. »So etwas konnte auch nur von dir kommen.« Sie schaute sich um. »Soll ich wieder gehen, oder was?«
    »Nein, nein, bitte nicht.«
    »Dann hilf mir aus dem Mantel, Stoffel.«
    »Ach ja.« Ich seufzte. »Immer diese emanzipierten Frauen. Das kann einem schon auf den Geist gehen.«
    Ich brachte den Mantel in die Diele. Glenda hatte inzwischen Platz genommen und die schwarzbestrumpften Beine übereinandergeschlagen, was bei ihrem roten Minirock ungemein stark wirkte. Der Pullover war ebenfalls schwarz und besaß den modernen, kurzen Schnitt. Sein Material bestand aus weichem Kaschmir, das der Haut ungemein schmeichelte.
    Mein Blick fiel wieder auf die Beine. Glenda hatte nicht nur einfach Strümpfe übergestreift, diese Nylons besaßen raffinierte Applikationen in Form kleiner, überall verteilter Herzen.
    »Was starrst du so?«
    »Neue Strümpfe?«
    »Ja, die habe ich mir gestern gekauft. Mitten im Weihnachtstrubel.« Sie schlug gegen ihre Stirn. »Meine Güte, war das ein Horror. Vor lauter Menschen habe ich das Pflaster schon nicht mehr sehen können.«
    »Was möchtest du denn trinken?«
    »Einen Wein?«
    Ich nickte ihr zu. »Ja, den habe ich noch.«
    »Aber einen trockenen.«
    »Sicher, sogar aus Frankreich, Sancerre.«
    »Klasse.«
    Ich öffnete die Flasche in der Küche. Als ich mit ihr und zwei Gläsern zurückkehrte, hatte Glenda bereits den Docht einer Kerze angezündet. Die Flamme brannte ruhig und verbreitete einen gemütlichen Schein. Ich hatte erst Licht machen wollen, doch meine Hand rutschte am Schalter ab.
    Ich schenkte ein. Wir prosteten uns zu und ließen in der nächsten Zeit die Seele baumeln.
    Wir sprachen über alles mögliche, nur nicht über den Dienst. Der Wein gehörte nicht gerade zu den schwachen, aber er machte schwach, das sah ich bei Glenda. Ihre Augen hatten einen verhangen wirkenden Blick bekommen.
    Draußen regnete es nicht mehr. Dafür fegte ein orkanartiger Wind über London hinweg, allmählich zog auch die Dämmerung herauf.
    Wir ließen trotzdem nur die eine Kerze brennen, dessen manchmal flackerndes Licht Muster gegen unsere Gesichter warf und die Züge aufweichte. Glenda hatte längst die Beine hochgelegt. Sie lachte plötzlich auf.
    »Was ist mit dir?«
    »John…« Wieder lachte sie, hielt die Handfläche vor ihre Lippen und zog sie wieder zurück. »Ich glaube, ich bin nicht mehr ganz nüchtern.«
    Ich schenkte noch einmal nach und leerte die Flasche. »Das habe ich gesehen.«
    »Woran?«
    »Nur so.«
    Sie reckte sich und fuhr mit den Händen durch ihr Haar. »Dann« fragte sie: »Wie lange ist es her, daß wir beide allein gewesen sind?«
    »Sehr lange.«
    »Zu lange?«
    Sie hob die Schultern. »Wahrscheinlich. Ich will dir eines sagen: Ich kann nicht mehr fahren.«
    »Tja«, meinte ich, »was machen wir denn da?«
    »Ich müßte hier übernachten.«
    »Ob ich das riskieren kann?«
    Sie lachte. »Wir können es ja versuchen.« Glenda schleuderte ihre Schuhe von den Füßen.
    Ich stand auf.
    Glenda wußte, was folgte. Sie stellte das Glas weg und bewegte sich unruhig im Sessel. Als ich mich zu ihr hinabbeugte, umfaßte sie schon meinen Hals. Ihre Handfläche war warm. Sie zog mich zu sich herunter, ihr Mund war leicht geöffnet.
    Unsere Lippen fanden sich zu einem hungrigen Kuß. Ich schmeckte noch den kühlen Wein auf ihrer Zunge. Sie streichelte mich, ich streichelte sie und meine Hände fuhren automatisch unter ihren Pullover, wo sie über warme Haut strichen.
    Glenda liebte es tatsächlich, den feinen Kaschmir auf ihrer Haut zu spüren, denn sie trug nichts darunter. Als ich ihre Brustwarzen streichelte, bekam sie eine Gänsehaut. Ihr Flüstern klang an meinem Ohr wie eine geheimnisvolle Botschaft. »John, weißt du, was du da tust?«
    »Sehr genau sogar.«
    »Dann mach weiter, bitte.«
    Wie gern hätte ich das getan, doch dazu kam es nicht mehr. Wieder war es die Türklingel, die uns aus unseren Träumen und der Umarmung
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