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0560 - Der Rattenmensch

0560 - Der Rattenmensch

Titel: 0560 - Der Rattenmensch
Autoren: Jason Dark
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gelegen hatte, hervor. Zuerst bildete es einen Hügel, der sich wegen seiner grauen Farbe vom Sand des Ufers abhob. Wer genauer hinschaute, der mußte einfach erkennen, daß es sich bei diesem Hügel nicht um Haut oder Stein handelte, sondern um Fell.
    Keine Hand, eine Klaue oder Pranke, mit Krallen versetzt. Leicht gebogen kratzten sie über den Sand.
    Nicht nur an dieser Stelle floß der Sand zu kleinen Rinnsalen zusammen, auch weiter zurück. In einer Länge, die es mit der Größe eines Menschen aufnehmen konnte.
    Was lauerte dort?
    Noch blieb es unter der Erde, aber es buckelte sich bereits in die Höhe und stieg plötzlich, dennoch sehr leise, hervor, so daß die Richmans es weder sahen noch hörten. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, küßten sich wie ein jung verliebtes Paar, hatten ihre Hände längst auf Wanderschaft gehen lassen und flüsterten sich Worte ins Ohr, die nur einem Ziel dienten.
    »Laß uns gehen!« hauchte Carol. »Bitte, ich möchte in das Haus. Ich will dich dort…«
    »Okay, sofort. Nur einen Blick möchte ich über den See werfen. Es muß sich bald golden färben.« George drehte seine Frau so herum, daß auch sie auf das Wasser schauen konnte.
    Im Rücken besaß keiner der beiden Augen. So sahen sie auch nicht, was sich hinter ihnen tat.
    Aus dem Sand war eine unheimliche Horror-Gestalt gestiegen. Ein Monstrum, eine Mischung zwischen Mensch und Ratte.
    Menschlich war der Körper – der Schädel aber bestand aus einem übergroßen Rattenkopf…
    ***
    Und niemand wollte ihr glauben!
    Sie war alt, für manche schon uralt. Für einige war sie eine Hexe, für andere eine Heilige. Wie die Menschen sie auch sahen, begreifen konnten sie diese Person nicht, die ihre Herkunft selbst nicht erfaßte und aus einer gewissen Philosophie ihre Kraft zum Leben nahm.
    Vor mehr als 500 Jahren war ihr Volk in das Land gekommen. Von den einen Böhmen genannt, von den anderen Ägypter, von wieder anderen als ewige Wanderer bezeichnet, weil sie den Heiland verraten hatten.
    Irgendwann gab man ihnen den Namen Zigeuner. Dabei war es bis heute geblieben. Auch die alte Zigeunerin, die sich Lorri nannte und als Christin bezeichnete, war mit dieser Klassifizierung zufrieden, obwohl sie vieles wußte und auch von ihrer Schuld überzeugt war, die sie noch abzutragen hatte.
    »Man wird dich irgendwann verbrennen oder fressen!« hatte ihr ein alter Priester einmal gesagt. Er war gestorben, Lorri aber lebte und wanderte von einem Ort zum anderen, obwohl sie eine eigene Hütte besaß, die sie während ihrer Wanderschaft nie abschloß, denn es traute sich keiner, die Hütte zu betreten, weil Boden, Decke und Wände vom Blut unschuldiger, getöteter Kinder verflucht waren.
    So die Legende der Leute, der Lorri nicht widersprach und höchstens still in sich hineinlächelte, wenn sie ein besonders Mutiger einmal auf dieses Thema ansprach.
    Lorri wußte viel, aber sie gab längst nicht ein Fünftel von dem Preis. Ihr Leben spulte sich in genauen, vom Schicksal vorgezeichneten Bahnen ab, die sie niemals verlassen würde.
    Früher, an diese Zeiten konnte sie sich kaum erinnern, war ihr Haar kraus und schwarz gewesen. Das allerdings hatte sich verloren. Viele Haare waren ausgefallen, der Rest wuchs strähnig um ihren Schädel, fiel wie blaß und bleichgewordenes Lametta bis auf die Schultern. Das Gesicht bestand aus einem wahren Wurzelwerk aus Runen, Falten, Einkerbungen, kleinen Vertiefungen und Höhlen. Die gleiche Haut setzte sich an den Armen und Händen sowie auf dem gesamten Körper fort. Augen besaß sie ebenfalls. Das Strahlen der Jugend hatten sie längst verloren. Sie lagen wie zwei wäßrige Kreise inmitten der flachen Höhlen und wirkten so, als würden sie jeden Moment auslaufen.
    Lorri liebte die Nacht.
    Wenn die Dunkelheit das Strahlen der Sonne abgelöst hatte und das fahle Sternenlicht sein Gespinst über den Himmel wob, blühte sie auf. Dann war ihre Zeit gekommen, denn sie fühlte sich wohl unter all den Geschöpfen der Finsternis, die sich erst in der Dunkelheit bemerkbar machten und mit ihren wispernden Stimmen von all den verborgenen Schrecken erzählten, die dieses Land noch zu bieten hatte.
    Vor knapp einer Woche war Lorri von einer langen Wanderschaft zurückgekehrt. Der Weg hatte sie nach Südosten geführt, an die Grenze des Landes Romania, das ebenfalls eine schaurige Geschichte hinter sich hatte. Der Vampirismus ist noch heute in den alten Wäldern und Dörfern zu finden.
    Sie aber
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