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0516 - Im Netz der Mörderspinne

0516 - Im Netz der Mörderspinne

Titel: 0516 - Im Netz der Mörderspinne
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Lieblingsautomobil seiner Frau gewesen.
    Er war eben arm geworden. Und es war ärgerlich, daß viele andere das mittlerweile gemerkt hatten. Die wenigen, die den kursierenden Gerüchten noch nicht glaubten und Anette nicht ungern als Schwiegertochter gesehen hätten, stieß seine Tochter vor den Kopf. Es gab kaum ein Fettnäpfchen, das sie nicht fand, um mit Genuß darin herumzustapfen und ihren grauhaarigen Vater damit zu blamieren. Wer wollte sie da noch heiraten? Sie hatte sich die verqueren Ideen der Suffragetten zu eigen gemacht, die seit einem Jahrzehnt in England und Amerika für Unruhe sorgten. Politischer Einfluß und Wahlrecht für Frauen - einfach lächerlich! Was bildeten diese Flintenweiber sich überhaupt ein? Und natürlich mußte Fräulein Tochter diese Flausen übernehmen, statt sich darauf zu freuen, Kinder gebären und ihrem künftigen Mann eine liebende Gattin sein zu dürfen - aber es sah kaum danach aus, als würde es jemals einen Gatten für sie geben. Bedauerlicherweise würde sie als alte Jungfer sterben.
    Es fehlte ihr eben der erzieherische Einfluß ihrer Mutter. Die hätte schon dafür gesorgt, daß Anette auf den richtigen Weg kam.
    So blieb nur noch zu hoffen, daß Roald d’Arcois’ letzter großer Coup gelang. Er war in die Rüstungsindustrie eingestiegen. So sehr er nach außen gegen diesen unseligen Krieg wetterte, so sehr kam dieser ihm zugute. Waffen in großen Mengen wurden gebraucht. Das investierte Geld floß allmählich aufs Konto zurück. Vielleicht blieb es d’Arcois doch erspart, ein paar seiner Häuser verkaufen zu müssen - den Erlös würde ohnehin die Bank bekommen. Er hatte sogar schon einen der zehn Diener entlassen müssen, so schwer es ihm auch gefallen war. An so etwas dachte Anette natürlich nicht; sie hatte nur ihre Flausen im hübschen Köpfchen. Ihr war noch gar nicht klar geworden, was es bedeutete, arm zu sein - höchstens noch zwei oder drei Häuser und Grundstücke zu besitzen, nicht mehr jedes Jahr für mehrere Wochen nach Amerika oder Rußland in die Ferien fahren zu können, vielleicht gar gänzlich aufs Personal verzichten zu müssen.
    Ein schrecklicher Gedanke. Allein durch die Straßen von Paris zu fahren und sich die vielen Menschen in den kleinen Wohnungen der vielen eng aneinandergebauten Häuser vorzustellen, war schon schlimm genug. Ein paar hundert Hektar Land waren einfach unverzichtbar, um frei atmen zu können…
    Aber vielleicht half der Krieg den d’Arcois’schen Finanzen ja wieder auf die Sprünge. Bedauerlich war nur, daß die Front schon so nahe war. Und es gab Gerüchte, daß die Deutschen eine Superkanone bauten, die in der Lage war, über die allergrößten Entfernungen alles zu Klump zu schießen. Auf Schienen sollte das Riesengeschütz fahren, weil es auf normalen Straßenrädern nicht transportabel war. »Dicke Berta« nannten sie es, diese Mörderbande mit den Pickelhauben, die in Belgien unmenschlich unter der Bevölkerung gewütet hatten.
    Wenn diese »Dicke Berta« bei Verdun zum Einsatz kam, war die Schlacht für Frankreich verloren. Und damit auch d’Arcois’ Wirtschaftsimperium. Die Deutschen würden es ihm übel ankreiden, daß er an Waffen verdient hatte, die gegen sie gerichtet worden waren.
    Es blieb ihm auch nichts erspart. Er hatte den ganzen Tag über nur Kummer und Sorgen. Und jetzt behauptete seine Tochter auch noch, eine Spinne gesehen zu haben, die so groß wie ein Hund war!
    So etwas gab es doch gar nicht. Sie hatte sich diese Spinne nur eingebildet. Das kam eben davon, daß sie sich so sehr mit den verrückten Ideen jener Suffragetten befaßte. Erst das Wahlrecht für Frauen, dann hundegroße Spinnen - was wurde sie sich noch zusammenphantasieren? Vielleicht sollte man einen Arzt kommen lassen.
    Das war eine gute Idee. Roald d’Arcois nahm das selbst in die Hände. Er telefonierte in die Stadt, um den Arzt zu erreichen.
    Sicher, es war schon spät. Aber ein Arzt hatte gefälligst rund um die Uhr bereit zu sein. Schließlich kam eine Frau an den Apparat.
    »Nein, Comte, der Doktor kann nicht zu Ihnen kommen. Er ist an der Frontlinie.«
    »Was?« keuchte d’Arcois zornig auf. »Man hat ihn zur Armee eingezogen?«
    »Er ist freiwillig dort. Er kommt morgen abend zurück. Sie brauchen doch Ärzte, die armen Männer. Es ist so furchtbar…«
    »Ist denn der Kerl wahnsinnig geworden, sich um ein paar angeschossene Soldaten zu kümmern, wenn ich ihn hier brauche?« knurrte d’Arcois. Er unterbrach die
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