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049 - Die Höhle der Untoten

049 - Die Höhle der Untoten

Titel: 049 - Die Höhle der Untoten
Autoren: Dämonenkiller
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getan haben. Er hatte auch schon einen bestimmten Verdacht, über den er allerdings nicht laut redete.
    Die alte Martha hatte die Reihe der Tiere abgeschritten. Sie zupfte einen dürren Zweig aus dem Reisigbündel und drückte ihn dem Bauern in die Hand.
    »Vergrab das, Bauer!«, sagte sie eindringlich. »Vergrab es tief unter der Schwelle! Der Bann müsste eigentlich reichen. Aber vergrab es erst um Mitternacht, sonst wirkt es nicht.«
    In diesem Moment erschien sie ihm tatsächlich wie eine Hexe. Die alte Martha war weit über sechzig Jahre alt, hatte ein schmales Vogelgesicht und kleine, flinke Augen. Ihr graues Haar war dünn und strähnig. Ein breites Schultertuch hüllte ihren schmalen Körper fast ganz ein. Sie ging gebeugt, was aber nichts mit Hexerei zu tun hatte – sie hatte Rheuma und oft starke Schmerzen. Daher trank sie auch recht gern. Ein klarer Schnaps war ihr am liebsten.
    Der Lobelbauer nahm den dürren Stecken achtungsvoll entgegen und wich ihren dunklen Augen aus. In ihrer Nähe fühlte er sich nicht wohl. Er hätte die alte Martha am liebsten sofort weggeschickt, doch das ging nicht, sie musste erst noch bewirtet werden. Zudem tobte draußen ein Unwetter, wie er es lange nicht mehr erlebt hatte. Er führte die Alte in die Küche und deutete auf die Eckbank. Dann öffnete er den Schrank und holte eine Flasche Schnaps hervor. Seine Frau, die ein wenig Angst vor der alten Martha hatte, war längst aus der Küche, sie wollte mit der alten Kräuterhexe nicht unnötig zusammenkommen.
    Als er der alten Martha eingoss, zuckte ein Blitz über den Himmel, der von einem Donnerschlag begleitet wurde.
    »Das war dicht«, sagte der Lobelbauer.
    Er schaute zum Fenster hinaus, doch zu erkennen war nichts. Der Regen peitschte gegen die Scheiben. Es war fast dunkel vor dem Haus. Die alte Martha setzte das Glas an die Lippen und kippte den Schnaps gekonnt herunter. Sie schüttelte sich und streckte dem Bauern das Glas sofort wieder hin; sie wollte diese seltsame Unruhe vertreiben, von der sie seit dem Beginn des Unwetters erfasst worden war. Die Alte kannte das. Es hing mit ihrer Wetterfühligkeit zusammen. Doch heute war es viel stärker und schmerzhafter. Sie spürte, dass etwas in der Luft lag, das mit dem Unwetter nichts zu tun hatte. Eine seltsame Bedrohung erfüllte die Atmosphäre.
    Die alte Martha wusste aus Erfahrung, dass sie sich auf dieses Gefühl fest verlassen konnte. Sie redete niemals darüber und hütete es als ihr Geheimnis – ihre Gabe, Unglück und Tod vorauszuahnen. Allerdings hätte sie niemals sagen können, wen dieses Unglück traf, sie musste sich selbst immer wieder überraschen lassen. Die alte Martha griff hastig nach dem inzwischen gefüllten Glas und trank es in einem Zug leer. Der Tod hatte sich angekündigt. Irgendeiner hier im Marktflecken würde innerhalb der nächsten Stunde sterben, das stand mit letzter Sicherheit fest.
    »Du gehst aber ran, Martha«, sagte der Lobelbauer und füllte das Glas erneut.
    Die alte Frau antwortete nicht. Sie schien in sich hineinzuhorchen. Ihre dunklen Augen waren weit geöffnet, sie atmete schneller. Der Lobelbauer zog sich zum Ofen zurück und beobachtete sie mit einer Mischung aus Neugierde und Abscheu. Sie war wirklich eine Hexe. Deutlicher hatte er das noch nie wahrgenommen. Die alte Martha richtete sich stocksteif auf und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Sie schien irgendetwas zu sehen, was ihm verborgen blieb. Ja, sie sah tatsächlich etwas.
    Die alte Martha hatte so etwas noch nie zuvor erlebt. Sie sah durch den Bauern und die Wand hindurch hinauf in den Bergwald, sah eine brennende Fichte, die der Blitz gerade erst gespalten haben musste, sah dichtes Strauchwerk vor einem Steilhang, dann zwei Gestalten.
    Die alte Martha hatte Angst. Solche Gesichter hatte sie noch niemals gehabt. Sie wollte nichts sehen, schloss die Augen, versuchte die Beklemmung abzuschütteln. Doch trotz der geschlossenen Augen sah sie nach wie vor die beiden Menschen hinter dem dichten Strauchwerk. Sie befanden sich in einer Höhle und redeten miteinander. Die Gesichter dieser beiden Menschen waren nicht zu erkennen. Wo Augen, Mund und Nase sein mussten, waren nur weiße Flecke. Die alte Frau am Tisch sah aber noch mehr. Da war noch etwas in der Höhle. Es hockte tief im Berg, schien tot zu sein, und dennoch ging von diesem schemenhaften Etwas eine gewaltige Kraft aus, die sie bis hierher spürte. Diese Ausstrahlung ergriff Besitz von ihr. Die alte
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