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0486 - Wer andern einen Mörder schickt

0486 - Wer andern einen Mörder schickt

Titel: 0486 - Wer andern einen Mörder schickt
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Sobald du die Staatsgrenze von Nord-Carolina überschritten hast, kannst du deine Familie in die Arme schließen.« Er griff in die Tasche und legte mehrere Papiere auf den Tisch. »Unterschreibe«, herrschte er ihn an. »Jedes Dokument in vierfacher Ausführung. Es muß alles seinen rechten Gang gehen.«
    John Caress ließ sich schwer in den Korbstuhl fallen. Er dachte nicht an Gegenwehr, die sowieso aussichtslos war. Er dachte nur an Mabel und Bill. Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Aber die Zahlen konnte er doch lesen.
    »Siebzigtausend! Hier steht siebzigtausend!«
    »Du wirst auch eine Quittung über diesen Betrag unterschreiben«, sagte Morelli mit sanfter Stimme. »Du hast es dir selbst zuzuschreiben, daß ich dir nur viertausend auszahlen kann. Deine Schulden übernehmen wir selbstverständlich«, setzte er großzügig hinzu. »Lies dir alles durch, es ist ein ausgezeichneter Vertrag.«
    John Caress unterschrieb, ohne zu lesen. Er nahm wie in Trance vier Bündel zu je eintausend Dollar in Empfang, steckte sie in die Taschen seines Overalls und ging mit schleppenden Schritten ins Haus.
    Mike Morelli stand auf. »Du hast eine Stunde«, rief er ihm hinterher. »Der Wagen wartet keine Minute.«
    ***
    Der Kleine verließ die Veranda. Für ihn war der Fall John Caress beendet. Nicht beendet war für ihn die Arbeit dieses Tages. Er hatte noch einen Besuch vor, bei Owen Flaxton, der ein Haus von der Siedlungsgemeinschaft gekauft hatte und unten am Strand einen Segelboot-Verleih betrieb.
    Das Haus von Flaxton lag eine Meile südlich. Genauso weiß und genauso neu stand es auf einem Sandhügel am Strand.
    Owen Flaxton hatte im letzten Krieg ein Bein verloren. Die ihm zustehende Rente ließ er sich kapitalisieren, um sich mit ihrer Hilfe eine Existenz aufzubauen, das Haus und den Segelboot-Verleih. Er war nicht verheiratet und wohnte mit seiner um zwanzig Jahre älteren Schwester zusammen, die ihm den Haushalt führte. Mehr schlecht als recht, denn Agnes Flaxton war blind.
    »Wer ist da?« fragte sie ihren Bruder, als sie Mike Morelli den Weg heraufkommen hörte.
    »Ich… ich kann ihn nicht erkennen«, antwortete Owen mit belegter Stimme.
    »Wenn es ein Mann ist, kann es nur Morelli sein. Wirf ihn hinaus, Owen, er ist eine Ratte.« Die Blinde setzte sich steil auf und wandte ihre glanzlosen Augen in die Richtung, aus der sie die Schritte hörte. »Hol die Schrotflinte aus dem Schrank! Lasse ihn nicht auf die Veranda. Er wird dich töten, wenn du ihm nicht zuvorkommst.«
    »Was redest du nur, Agnes«, wies sie Owen zurecht. »Ich habe die Zinsen regelmäßig bezahlt. Uns kann nichts passieren.«
    »Und die Klayborns, die Whitehorses, die Normans? Die hatten auch ihre Zinsen bezahlt. Und wo sind sie jetzt? Verschwunden. Man ließ ihnen nicht mal die Zeit, sich von ihren Freunden und Nachbarn zu verabschieden. — Nimm die Flinte Owen!«
    Die Schritte verstummten plötzlich. Dafür kam eine leise Stimme herüber. »Warum die Flinte, Miß Agnes? Begrüßt man so seine Freunde?«
    Die Falten in dem alten Gesicht der blinden Frqu wurden noch schärfer. »Morelli!« sagte sie. »Die Ratte von Tempura!«
    »Für diese Worte müßte ich Ihnen eigentlich böse sein, Miß Agnes. Aber ich nehme sie Ihnen nicht übel. Das Leben hat Sie verbittert und…«
    »Und hellsichtig gemacht, Morelli! Hellsichtig für Verbrecher! Verlassen Sie sofort unser Haus!«
    »Ihr Haus!« höhnte Morelli und ließ die Höflichkeit beiseite. Die Worte der Blinden hatten ihn getroffen. »Ihr Haus! Nicht mal die Veranda gehört Ihnen. Nicht mal ein Ziegelstein!«
    »Wir haben das Haus bezahlt — bis auf eine Hypothek von 7000 Dollar«, sagte Owen Flaxton. »Und die werde ich nach dem Sommer abtragen, wenn die Gäste…«
    »Es werden keine Gäste kommen, Flaxton. Jedenfalls nicht zu Ihnen. Und Sie werden keinen Cent abtragen können, nicht mal die Zinsen. Sie werden uns auf den Knien bitten, daß wir die Segelboote übernehmen.«
    »Ich habe nur ein Knie, Mr. Morelli. Und vor Leuten wie Ihnen knie ich nicht. — Verlassen Sie mein Haus.«
    »Ich habe einen Vertrag mitgebracht. Einen für Sie sehr günstigen Vertrag!«
    »Ich will ihn nicht sehen. Verlassen Sie mein Haus.«
    Mike Morelli starrte ihn an. Verdammt — er hatte es dem Boß gesagt. Flaxton war noch nicht reif. Man hatte zu wenig gegen ihn in der Hand. Außerdem würde es böses Blut geben, wenn man einen Kriegsverletzten und eine Blinde aus ihrem Haus vertrieb. Dann standen sogar
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