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045 - Das Kind des mordenden Götzen

045 - Das Kind des mordenden Götzen

Titel: 045 - Das Kind des mordenden Götzen
Autoren: Brian Elliot
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Die restlichen drei Decken hatte ihm ein Zwischenhändler abgenommen und ihn dabei kräftig übers Ohr gehauen. Trotzdem war Ramirez Spela glücklich.
    Er räumte die Tragenetze zusammen und packte sie dem Maultier auf, das die ganze Zeit geduldig neben ihm in der brennenden Sonne ausgeharrt hatte.
    Jetzt würde ihm genügend Zeit verbleiben, in der nächsten Pulquería oder auf einem der wackeligen Stühle vor dem Lokal ein Gläschen zu trinken. Oder zwei.
    Die Andeutung von einem Lächeln stahl sich auf seine maskenhaften Züge, als er auf die Pulquería zuging.
    Doch dann gefror das Lächeln.
    Wie er sahen auch die umstehenden Händler das schwebende Messer.
    Das Stimmengewirr verstummte. Die Furcht schlich sich in die Herzen der Indios.
    Das Messer stand ruhig. Der Stahl glitzerte kalt in der Sonne.
    Dann bewegte sich das Messer. Ganz langsam. Unmerklich fast. Doch alle sahen die Bewegung.
    Ramirez’ lederbraune Haut wurde blaß.
    Die Spitze der Klinge wies auf ihn. Und der todbringende Stahl kam näher. Ramirez setzte unbeholfen einen Schritt zurück. Die anderen Männer standen wie erstarrt. Gebannt und leblos wie Puppen folgten nur ihre Augen dem schauerlichen Schauspiel.
    Ramirez blickte sich gehetzt um. Doch da war niemand, der ihm helfen konnte. Wie festgewachsen standen alle und schauten zu.
    Eine Stimme wurde laut.
    Sie war nur ein heiseres Krächzen, doch jeder hörte sie, als hätte er selbst die Worte formuliert.
    »Die Götter eurer Väter sind zurückgekehrt«, sagte diese Stimme, und sie kam aus dem Nichts. Sie sprach in den Gehirnen der wie zu Stein erstarrten Indios.
    Auch Ramirez Spela hörte diese Stimme. Ein Würgen setzte sich in seine Kehle und blieb. Wie das Messer, das vor ihm schwebte.
    Dann riß der Indio schützend die Arme hoch.
    »Nein!« rief er. »Nein!«
    Der geheimnisvolle Mörder hatte ein neues Opfer gefunden.
    »Xandros, der Gott der Götter, braucht neues Blut«, sagte die unsichtbare krächzende Stimme. »Er braucht Herzen, um stark zu werden. Eure Herzen. Viele Herzen. Denn Xandros lebt. Er ist euer Herr. Opfert eurem Herrn!«
    Die Augen des Indios Ramirez Spela waren glanzlos geworden. Die Pupillen hatten sich unnatürlich erweitert. Schwarz wie Knöpfe standen sie im grellweißen Augapfel. Keine Furcht lag mehr in ihnen. Ramirez Spela war in Trance.
    Mit marionettenhafter Langsamkeit breitete er die Arme aus, als würde er sich dem Kreuz darbieten. Seine Lippen formulierten lautlos Worte, doch die Umstehenden hörten sie.
    »Nehme mein Herz, Gott unserer Väter. Werde stark, Xandros.«
    Dann drang die Klinge bis zum Heft in seine linke Brustseite, bewegte sich ruckhaft und sägte einen Kreis. Das Messer sank. Blut tropfte von der Klinge. Hellrotes Blut.
    Eine unsichtbare Hand griff in die offene, pulsierende Wunde. Das Herz des Indios trat aus dem Fleisch. Es zuckte noch. Dann löste es sich in Nichts auf. Nur auf dem Boden bildeten sich häßliche rote Flecken, wie von Geisterhand gezaubert.
    Jetzt erst brach Ramirez Spela zusammen. Er stürzte in sein Blut, das in den Boden des Marktplatzes von Viricota versickerte.
    Die Zeugen des Ereignisses standen breitbeinig und hoben ihre Gesichter der Sonne entgegen, die Hände ausgestreckt und die Handflächen den sengenden Strahlen darbietend. Sie hielten die Augen geschlossen, und doch sahen sie unter den geschlossenen Lidern, wie der Sonnenball die Konturen der grausamen Fratze von Xandros annahm. Unsagbar grell strahlten die Züge des Sonnengottes. Sein Mund war eine rote, klaffende, bluttriefende Wunde...
    ***
    Der Porsche Carrera war für diese Straßen nicht gebaut worden. Die Federung ächzte unter der Beanspruchung.
    »Wie lange soll dieses Schlaglochrennen denn noch dauern?« grunzte Barry Queens, der vorübergehend auf dem Beifahrersitz eingedöst und vor einigen Minuten wach gerüttelt worden war.
    Patrick Morgan warf einen Blick auf den Kilometerzähler.
    »Noch zehn Kilometer.«
    Es war später Nachmittag. Rötliche Streifen am Horizont kündeten das Nahen der Dämmerung an.
    »Wenn man Whisky buttern könnte, hätte ich jetzt den Bauch voll von Whiskybutter«, meinte Queens.
    »Dann wäre endlich auch einmal ein Brotaufstrich für dich gefunden«, grinste Morgan. »Hast du überhaupt schon etwas gegessen heute?«
    »Ich schätze mich auf zweieinhalbtausend Kalorien«, sagte Barry Queens kalt. »Ein Mann meiner Statur darf ruhig dreieinhalbtausend Kalorien zu sich nehmen. Ich kann also noch einige Gläser Whisky
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