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0445 - Die Macht des Träumers

0445 - Die Macht des Träumers

Titel: 0445 - Die Macht des Träumers
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hellwach.
    Er erinnerte sich an einen auf merkwürdige Weise unangenehmen Traum, aber er wußte auch, daß er nicht davon erwacht war. Es mußte etwas anderes sein. Zamorra richtete sich halb auf und schaltete das Nachtlicht ein.
    Das Bett neben ihm war leer.
    Nicole befand sich nicht im Zimmer. Dabei waren sie erst vor besagten zwei Stunden gemeinsam eingeschlafen. Also mußte sie sich wieder erhoben haben. Vielleicht, überlegte er, hatte sie sich in ihr eigenes Zimmer umquartiert. Immerhin besaß sie im Château eine eigene Zimmerflucht, und es kam durchaus vor, daß sie getrennt schliefen, wenn auch nicht gerade oft. Aber wenn Nicole allein sein wollte, warum war sie dann erst mit unter Zamorras Decke geschlüpft?
    Etwas stimmte nicht.
    Die eigenartige Unruhe wurde stärker. Zamorra schwang sich aus dem Bett, verzichtete darauf, sich anzukleiden, und ging hinüber zu Nicoles Räumlichkeiten. Sie war nicht dort. Wenig später fand er sie in der »kleinen Bibliothek«, einem Zimmer, dessen Wände aus Tür, Kamin und gutbestückten Bücherregalen bestanden. Bücher und Zeitschriften aus aller Herren Länder waren hier gesammelt und aufgereiht, manche von ihnen über hundert Jahre alt. Auf dem handgeschnitzten Tisch brannte der fünfarmige Kerzenleuchter und verbreitete ein seltsam warmes, dämmeriges Licht, und Nicole, in der gleichen paradiesischen Kostümierung wie Zamorra, saß im Ledersessel mit der hohen Rückenlehne, hatte eine aus dem benachbarten Deutschland stammende Zeitschrift vor sich liegen und war mit einem Kreuzworträtsel beschäftigt.
    »Du kannst also auch nicht schlafen, chéri«, stellte sie fest, als er eintrat. »Ich konnte nicht richtig einschlafen, wollte dich nicht wecken und habe mich deshalb hierher zurückgezogen. Sag mal, Haustier mit fünf Buchstaben… der zweite ist ein a, der dritte ein t und der letzte ein e.«
    »Ratte«, sagte Zamorra trocken. Er trat zu ihr, küßte sie und ließ sich dann in einen anderen Sessel sinken. Nicole setzte schon an, die fehlenden Buchstaben einzutragen, stutzte aber dann. »Bist du sicher?«
    »Sicher. Sag mal, hattest du schon einmal einen Alptraum, in dem du nicht der Gejagte bist, sondern der Jäger?«
    Nicole hob die Brauen. »Das ist doch dann kein Alptraum.«
    »Doch, es war einer. Ich wollte nicht jagen. Es war die genau umgekehrte Situation. Normalerweise läufst du vor dem Verfolger weg, und er kommt trotzdem immer näher, immer näher… und hier kam ich dem Verfolgten immer näher und hätte ihn fast erreicht, aber irgend etwas in mir sträubte sich dagegen, ihm nachzusetzen. Ich wollte es nicht, weil ich wußte, es würde sein Tod sein…«
    »Seltsame Träume hast du«, sagte Nicole. »Und davon bist du aufgewacht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Es war etwas anderes. Ich fühle mich irgendwie unruhig. Dieser Verfolgte… ich weiß nicht einmal, was er für ein Gesicht hatte. Es war jemand, den ich als einen früheren Freund zu kennen glaubte, und der jetzt ein Feind war, den ich verfolgen und zur Strecke bringen mußte…«
    »Träume sind Schäume, chéri.«
    »Ja. Aber ich habe das Gefühl, daß dieser Alptraum eine Bedeutung haben muß. Ich weiß nur nicht, welche. Ich weiß nur definitiv, daß ich aus einem anderen Grund aufgewacht bin.«
    »So wie ich nicht einschlafen konnte.« Nicole legte den Filzschreiber beiseite. »Vielleicht ist es etwas, das uns beide betrifft.«
    »Eine Gefahr?«
    »Nicht unbedingt. Aber wenn wir beide unabhängig voneinander unter der gleichen allmählich steigenden Unruhe leiden, muß es einen gemeinsamen Nenner geben.«
    »Es dürfte schwierig sein, ihn ohne Anhaltspunkte herauszufinden. Falls es etwas ist, das von außen kommt, wird es nur um so rätselhafter, weil das Château doch gegen Schwarze Magie abgeschirmt ist.«
    »Muß es Schwarze Magie sein?«
    »Was sonst, wenn es uns beide beunruhigt?«
    »Es könnte so etwas wie ein… Zeitschatten sein, wenn ich diesen Begriff mal erfinden darf«, sagte Nicole. Sie lehnte sich zurück und schlug die langen Beine übereinander. »Damit meine ich, daß wir beide unter einer Art Vorahnung leiden. Etwas aus der Zukunft beunruhigt uns. Ein Ereignis, dem wir vielleicht ausweichen möchten, aber wir werden es nicht können…«
    »Recht spekulativ«, erwiderte Zamora. »Ich glaube nicht daran. Es wird etwas anderes sein. Vielleicht ist einer unserer Freunde in Gefahr.«
    »Die Druiden? Fenrir? Ted, der sich, leichtsinnig wie er in letzter Zeit geworden ist,
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