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0416 - Der Supermutant

Titel: 0416 - Der Supermutant
Autoren: Unbekannt
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der achteckigen Etage unter ihm lebten und arbeiteten seine vier Stellvertreter, darunter acht Profanpriester, unter ihnen sechzehn und so weiter. Ein Antigravlift brachte Linsner-Kiess und Poth zum Obergeschoß.
    Sie betraten das Arbeitszimmer des Hohenpriesters, das nicht nur einer Schaltzentrale glich, sondern - unter anderem - auch eine war. Von den scheinbar durchsichtigen schrägen Wänden konnte man die gesamte Tempelstadt überblicken; in Wirklichkeit übertrugen Außenoptiken das Bild auf acht Trivideoschirme.
    Balto Linsner-Kiess blickte über die Pyramiden von Garsinath hinweg zu den flach gewellten Hügeln, hinter denen sich die Turmbauten der Bürger erhoben. Die Sonne Drofronta hing wie ein gigantischer, intensiv rot leuchtender Ball darüber.
    Linsner-Kiess straffte sich, ging zu einem der Schaltpulte und drückte eine Taste ein.
    „Der Kurier des Hohen Baalol soll kommen!"
    befahl er seinem unsichtbaren Gesprächspartner.
    Wenig später öffnete sich die Tür. Einer von Linsner-Kiess Stellvertretern trat ein.
    „Wusson Eng-Drabert, Kurier des Hohen Baalol!"
    Geschmeidig wich er zur Seite, als ein hochgewachsener Mann mit rotem Umhang durch die Tür kam. Der Kurier war alt. Sein eisgraues Haar wirkte auf dem fast fleischlosen Schädel wie Fadenpilze auf einem Totenkopf.
    Balto Linsner-Kiess verneigte sich tief. Bereits der blutrote Umhang hatte ihm den hohen Rang des Kuriers verraten - einen ungewöhnlich hohen Rang für einen Kurier. Den Rest verrieten ihm Wusson Eng-Draberts Augen. In ihnen war keine Spur von Gefühl zu erkennen, sondern nur das Bewußtsein von Macht und der nüchterne Wille, sie der Lage angemessen zu gebrauchen.
    Leise schlich der Stellvertreter aus dem Zimmer.
    Erst draußen wagte er ein hämisches Lächeln. Er gönnte dem harten, fanatischen Hohenpriester die unangenehmen Minuten, die Wusson Eng-Drabert ihm sicherlich bereiten würde.
    „Stehen Sie gerade, Bruder Linsner-Kiess!" befahl der Kurier mit gefühlloser Stimme.
    Balto-Linsner-Kiess richtete sich auf und blickte Eng-Drabert in die Augen. Er hatte sich wieder gefaßt und beschlossen, sich von dem Boten des Hohen Baalol nicht einschüch-, tern zu lassen.
    „Ich grüße Sie, Bruder Eng-Drabert", sagte er kalt.
    „Kommen Sie bitte zur Sache."
    Der Kurier reagierte nicht auf den provozierenden Ton, sondern sagte völlig ruhig: „Der Hohe Baalol hat mich zu Ihnen geschickt, Bruder Linsner-Kiess, damit ich Ihnen den Ernst der Lage klarmache. Ihrer Lage, wohlgemerkt, denn Sie werden Ihres Amtes enthoben und zum Hohen Baalol befohlen, wenn Sie unsere Anweisungen nicht bis spätestens übermorgen erfüllen."
    Balto Linsner-Kiess kniff die Augen zusammen, um sein Erschrecken zu verbergen. Zum Hohen Baalol befohlen zu werden, konnte normaler= weise zweierlei bedeuten: entweder eine Belobigung und Beförderung oder eine harte Bestrafung. In diesem Falle würde es kein Rätselraten geben. Der Hohepriester dachte an Harlon Poth und versuchte sich vorzustellen, wie eine Bestrafung beschaffen sein mußte, die einen Mann in der Blüte seines Lebens innerhalb eines Jahres in einen gebrochenen Greis verwandelte.
    Dennoch wollte Linsner-Kiess nicht nachgeben. Er glaubte aus tiefster Überzeugung an die Lehre des Baalol-Kultes und seine Verpfliehtung, alle vernunftbegabten Wesen dieser Galaxis seiner Weisheiten teilhaftig werden zu lassen.
    „Also der Hohe Baalol hat Sie zu mir geschickt, Bruder Eng-Drabert", sagte er gedehnt. „Aber, wer hat dem Hohen Baalol befohlen, Sie zu mir zu schicken?"
    „Was der Hohe Baalol befiehlt, kommt aus seinem erleuchteten und reinen Geist, der sich niemals irren kann und deshalb immer im Recht ist, solange die Sterne des Universums leuchten."
    „So war es, so ist es und so bleibt es", sprach Linsner-Kiess die rituelle Formel, an die er fanatisch glaubte - geglaubt hatte, bis das Ungeheuerliche durchgesickert war. „So war es einmal", korrigierte er sich mit Bitterkeit in der Stimme. „Inzwischen wissen es die meisten ranghöheren Brüder, daß nicht mehr alles, was der Hohe Baalol befiehlt, aus seinem erleuchteten und reinen Geist kommt. Ein Fremder suggeriert ihm seinen Willen."
    „Das war eine Lästerung des Hohen Amtes, Bruder Linsner-Kiess", stellte Wusson Eng-Drabert sachlich fest. „Sie werden dafür büßen müssen, sobald es dem Hohen Baalol gefällt. Aber vielleicht läßt er sich milder stimmen, wenn Sie ihm durch die Tat beweisen, daß Sie zumindest den guten Willen haben, wieder ein
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