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0416 - Das Duell der Halbstarken

0416 - Das Duell der Halbstarken

Titel: 0416 - Das Duell der Halbstarken
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hier noch nicht mit Wolkenkratzern bedeckten Boden New Yorks.
    »Tradition-Club!« rief Phil. »Nimm die nächste Abfahrt!«
    Ich fuhr vom Drive ab, folgte den Hinweisschildern und geriet auf einen schmalen asphaltierten Weg, der durch Grünanlagen führte und sich schließlich zu einem großen, von Bäumen umstandenen Platz erweiterte.
    Am Ende des Platzes lag ein mittelgroßes langgestrecktes Holzhaus, an das sich eine Reihe von Ställen anschloß.
    Vor dem Hauptgebäude standen in Doppelreihe rund zwei Dutzend Wagen. Ich parkte meinen Jaguar zwischen einem weißen französischen Sportwagen und einer hochräderigen »Blech-Lizzy« aus Fords großen Zeiten. Der Oldtimer war über und über mit Sprüchen bepinselt. An der Rückfront warnte eine Aufschrift:
    »Lachen Sie nicht, Madam. Es kann durchaus sein, daß sich Ihre Tochter im Wagen befindet.«
    Phil lachte. »Tradition!« stellte er fest und zeigte auf die Mühle.
    Zwei junge Leute zogen Pferde aus einem Stall. Die Tiere waren aufgezäumt, allerdings auf eine ganz besondere Art. Die Sättel waren groß und umfangreich, besaßen links und rechts Taschen und ein Seitenfutteral, aus dem der Schaft eines Gewehres ragte, das wie eine altmodische Winchester aussah. Der Boy trug eine echte Westmann-Kluft. Auch das Girl hatte sich auf die gleiche Weise ausstaffiert, obwohl ich sehr bezweifele, daß die Frauen der West-Pioniere in so kurzen Röcken herumliefen.
    Boy und Girl schwangen sich in die Sättel. Sie ritten dicht an uns vorbei. Unter den großen Hüten sah ich glatte kindliche Gesichter. Beide konnten höchstens siebzehn oder achtzehn Jahre zählen.
    »Sie machen in Western-Tradition«, sagte Phil und sah den Pferden nach.
    »Warum nicht? Wahrscheinlich finden sie es interessanter, als sich in einem simplen Reit-Club zu tummeln.«
    Wir betraten das Hauptgebäude. Die Diele war mit Holz verkleidet. An den Wänden hingen zwei Geweihe von Wapiti-Hirschen, einige Biberfelle, und ein ausgestopfter Grizzly-Bär diente als Schirmständer. Ein absichtlich primitives Schild wies nach rechts zum Saloon.
    Eine stilechte Pendeltür trennte den Saloon von der Diele. Als wir uns ihr näherten, wurde sie aufgestoßen. Mit schwerem, breitbeinigem Schritt, als hätte er tausend Meilen im Sattel heruntergeritten, kam ein Boy in einem blauen Hemd, langen Lederhosen, Sporenstiefeln und mit einem Zehn-Gallonen-Hut auf dem schmalen Schädel in die Diele. An seinem Gürtel baumelten zwei Colts. Er passierte uns so dicht, daß ich nur zuzugreifen brauchte, um der Cowboy-Attrappe eines der Schießeisen aus der Halfter zu ziehen.
    Die Kanone lag überraschend schwer in meiner Hand. Ich hatte eine Nachahmung aus Blech erwartet, aber der Colt war aus Stahl. Er war durch und durch echt, und in der Kammer schimmerte das Messing der Patronen.
    Der Boy fuhr mit einem Ruck herum. Auch er konnte nicht älter als siebzehn oder achtzehn Jahre sein.
    »He, was erlauben Sie sich?« rief er, und sein Gesicht lief rot an.
    Ich ließ die Kammer hochspringen. Die Patronen waren Kartuschen ohne Kopf, so harmlos wie Knallerbsen.
    »Ich fürchtete schon, ihr würdet die Tradition zu weit treiben und mit scharfen Schießeisen herumlaufen.«
    Der Boy schnappte über. »Ich werde dir zeigen, wie weit wir es treiben!« krähte er und holte zu einem wuchtigen Schwinger aus, der sich in einem Westernfilm, vielleicht ganz gut gemacht hätte, für die Wirklichkeit aber zu weit hergeholt war, so daß ich gemächlich den Kopf zurücknehmen konnte. Der Junge schlüg mit der gleichen Wucht zu, mit der er ausgeholt hatte, aber er schlug vorbei. Der Schwung drehte ihn um die eigene Achse. Ich fing ihn in dem Augenblick, in dem er mir den Rücken wandte, an seinem bildschönen Coltgürtel ab, stoppte ihn so und schob den Colt in die Halfter zurück.
    »Immer friedlich, junger Freund«, besänftigte ich. »Wir wollten uns nur informieren. Wo finde ich Jimmy Rovelt?«
    Überraschend artig gab er Auskunft. »Im Saloon! Er hat heute ein Duell!«
    »Duell?« Phil schüttelte den Kopf. »Mit Platzpatronen?«
    »Natürlich! Wer schneller zieht, hat gewonnen. Die Jury entscheidet.«
    »Sehen wir uns das an!«
    Ich stieß die stilechte Pendeltür auf. Phil und ich sahen uns um runde hundert Jahre zurück--und runde tausend Meilen nach Westen versetzt. Die Einrichtung des Saloons war sorgfältig nachgeahmt. Das Prunkstück war eine lange Theke aus geschwärztem Holz, dahinter ein Flaschenregal, überragt von einem
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