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0411 - Der Herold des Satans

0411 - Der Herold des Satans

Titel: 0411 - Der Herold des Satans
Autoren: Jason Dark
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war ein hässliches Gesicht, aber keine direkte Wolfsschnauze.
    Menschliche und tierische Züge hielten sich die Waage. Nur das Maul zeigte sich stark verändert. Weiß schimmerten die Reißzähne, gelblich der Geifer dazwischen.
    Mehr war von seinem Kopf nicht zu sehen, denn der Rest wurde von einem Helm verdeckt. Und noch etwas fiel mir auf. Die Fanfare hatte er über seine Schulter gehängt, undseine linke Pranke umklammerte den Griff einer Lanze, während er in der anderen die Schriftrolle hielt, von der er vorgelesen hatte.
    Er sah mich, ich sah ihn.
    Wir beide sagten nichts, maßen uns mit Blicken, ich starrte in seine Augen und glaubte, in den düsteren Pupillenschächten ein gelbes Leuchten zu sehen.
    Noch hielt ich mein Kreuz.
    Ich spürte den Kranz der Magie, aber ich wusste auch, dass ich ihn nicht mehr lange aufrechterhalten konnte, denn ich hatte meinen Talisman nicht aktiviert.
    Plötzlich verschwand er!
    Es geschah von einer Sekunde auf die andere. Wieder begann das Strahlen, diesmal nicht so stark, und dann war von dem Werwolf nichts mehr zu sehen.
    Der Herold hatte wieder das Reich betreten, in das wir als Menschen nicht schauen konnten.
    Ich stand mitten auf der Straße und fühlte mich wie ein begossener Pudel. Als ich vorging und etwas testen wollte, spürte ich weder einen Widerstand noch irgendeine Magie.
    Gerald Gress näherte sich. Er ging langsam, und seine Füße schleiften dabei über den Boden.
    Ich blickte ihn an.
    Gress blieb vor mir stehen und schüttelte den Kopf. »Können Sie mich mal kneifen, Sinclair?«
    »Weshalb?«
    »Glauben Sie denn, dass ich geträumt habe?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, es war kein Traum. Wir beide haben den Werwolf tatsächlich gesehen.«
    Gress fing an zu lachen, wobei es sich bei ihm mehr wie ein Greinen anhörte. »Bin ich denn verrückt?« fragte er. »Es gibt doch keine Werwölfe oder so was.«
    »Aber auch keine Unsichtbaren!«
    »Da haben Sie Recht.« Er hob die Schultern und warf einen Blick über den Marktplatz, sofern das bei dieser Dunkelheit möglich war.
    »Und keiner hat sich gezeigt. Die Leute habenalle Angst.« Er nickte.
    »Ich glaube, Sinclair, die wissen Bescheid.«
    »Das müsste man herausfinden.« Ich wollte noch etwas hinzufügen, schwieg aber, weil ich abermals Schritte vernommen hatte, die nur dem Werwolf gehören konnten.
    Sie entfernten sich.
    Gress stieß mich an. »Sollen wir nicht hinterher?«
    »Weshalb?«
    »Ja, ich meine, wir…«
    »Nein, Monsieur Gress. Ich sehe das anders. Es ist wohl besser, wenn wir hier im Ort bleiben. Der Werwolf ist nicht ohne Grund erschienen. Er hat sich als Herold betätigt, weil er eine Nachricht überbringen wollte. Eine Botschaft für die Bewohner.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Mit wem hätte er sonst reden sollen?«
    Gress hob die Schultern. »Es ist vielleicht einfacher, als wir denken. Er ist unsichtbar. Vielleicht sind die Leute, für die diese Nachricht bestimmt war, ebenfalls nicht sichtbar. Das ist doch alles möglich, finden Sie nicht auch?«
    Ich überlegte und fand, dass Gress’ Theorie gar nicht so schlecht war. Vielleicht war dieser Ort wirklich etwas Besonderes. Nur hatten wir es noch nicht herausgefunden.
    »Sie haben doch mit den Leuten geredet. Was erzählte man Ihnen denn alles?«
    »Wenig genug. Die Menschen sind verschlossen. Die tauen nur im Sommer auf, wenn Touristen hier sind oder man mit ihnen zur Weinprobe geht. Das habe ich getan. Sobald das Thema wechselte und interessant wurde, gaben sie keine Antwort mehr. Die Angst verschloss ihnen den Mund.«
    »Haben Sie denn nichts gehört?«
    Er nickte. »Etwas schon, das gebe ich zu. Ein alter Weinbauer sprach davon, dass ich mich hüten sollte, den Medoques zu nahe zu kommen. Sie würden noch immer herrschen.«
    »Und wer sind die Medoques?«
    »Die Schlossbesitzer. Ihnen gehören die größten Weinberge.«
    »Dann ist das Schloss also noch bewohnt.«
    »Klar.«
    Ich strich mein Haar zurück. »Ob man denen vielleicht einen Besuch abstatten könnte?«
    »Das habe ich versucht.«
    »Und?«
    Gerald Gress zog die Nase hoch. »An der Treppe fingen sie mich schon ab. Da gab es Zunder. Ich bin wirklich nicht feige, aber gegen diese Leute komme ich allein nicht an.«
    »Wie viele Mitglieder der Familie existieren noch?«
    »Das weiß keiner so genau. Jedenfalls ranken sich um die Person der Manon Medoque die tollsten Geschichten.«
    »Inwiefern?«
    »Ich weiß es auch nicht. Sie soll ein Rasseweib sein, aber auch
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