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0402 - Die Burg des Unheils

0402 - Die Burg des Unheils

Titel: 0402 - Die Burg des Unheils
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Erstens hatte er sie an Leonardos Hüfte hängen gesehen, und zweitens hatte er auf magische Weise beobachtet, was draußen vor der Burg stattgefunden hatte.
    »Und was haben deine Augen und Ohren wahrgenommen?« fragte Amos ruhig. »Aber bevor du antwortest, laß mich feststellen, daß ich meine Pflichten als Gastgeber vernachlässige. Du bist sicher erschöpft. Möchtest du ein belebendes Getränk? Möchtest du etwas zu essen? Ich beschaffe es dir unverzüglich…«
    Wang Lee schüttelte den Kopf. »Was ich will, hole ich mir selbst«, sagte er. »Ich habe gesehen und gehört, was ich dir sagte. Du hast uns alle verraten. Uns, die sich hier sicher fühlten. Du machst immer noch gemeinsame Sache mit der Hölle.«
    Amos hob die Brauen. »Woraus schließt du das, mein Freund?«
    »Daraus, daß du sie hereingelassen hast! Ich habe selbst gehört, wie du es Lucifuge Rofocale triumphierend entgegenhieltest, daß er ohne deine Einwilligung nicht hereingekommen wäre! Und du hast Leonardo erlaubt, mich zu verschleppen! ich bin sicher, es hätte dir auch nichts ausgemacht, wenn er mich direkt hier vor deinen Augen ermordet hätte.«
    »Du irrst dich«, sagte Amos. »Fundamental. Ich habe Lucifuge Rofocale geblufft. Ich selbst kannte den Weg nicht, auf dem er eindrang. Ich konnte ihn nicht hindern. Aber ich konnte nur eine Position der Stärke ihm gegenüber erreichen, wenn ich ihm klarmachte, daß ohne meine Hilfe nichts geschehen wäre. Er hat es geschluckt. Jetzt kann ich sicher sein, daß er es kein zweites Mal versucht, weil er diesen Weg versperrt wähnt. Ich kenne ihn. Auf aussichtslose Sachen läßt er sich erst gar nicht ein.«
    »Und das soll ich glauben?«
    Amos streckte den rechten Arm aus und deutete mit dem Zeigefinger seiner künstlichen Hand auf Wangs Brust. »Es ist mir völlig egal, was du glaubst«, sagte er nüchtern. »Wichtig ist nur, was er glaubt.«
    »Selbst wenn – da wäre immer noch meine Auslieferung an Leonardo.«
    »Sollte ich es in Caermardhin auf einen Kampf ankommen lassen?« fragte Amos spöttisch. »Nein, das mußte nicht sein. Draußen hatte ich bessere Möglichkeiten. Hast du nicht begriffen, daß ich es war, der mit Magie die Pflanzen lebendig werden ließ, daß sie über Leonardo und seine Skelettkrieger herfielen? Er ist zwar mein Nachfolger als Fürst der Finsternis, aber ich bin ihm immer noch haushoch überlegen.«
    Wang starrte ihn finster an. »Er hätte mich vorher umbringen können.«
    »Es war einfacher, draußen etwas zu unternehmen. Ich wußte, daß er dich nicht töten würde. Nicht so schnell. Rache muß kalt genossen werden. Er hätte dich in die Hölle geholt und dich dort Millionen Tode sterben lassen. Ich kenne ihn besser als du. Ich war es, der ihm damals ein zweites Leben gewährte. Glaube mir, daß ich ihn kennengelernt habe und ihn durchschaue.«
    »Du bist glatt, Amos«, sagte Wang. »Aalglatt. Ich traue dir nicht.«
    Sid Amos grinste wieder.
    »Das bin ich gewohnt. Niemand traut mir. Aber ich traue auch niemandem. Daher weiß ich, daß du Leonardo nicht töten konntest. Er gaukelte dir seinen Tod vor. Er lebt nach wie vor, und er lauert darauf, seine Scharte auszuwetzen. Er befindet sich noch in der Nähe von Caermardhin und streift durch die Wälder. Hast du ihn nicht gesehen, als du kamst, den ruhelosen Rächer?«
    »Eigentlich sollte ich dich töten«, sagte Wang Lee. »Ich weiß nicht, warum ich es nicht tue. Vielleicht, um die Schicksalswaage nicht zu beeinflussen.«
    »Wir sind alle Werkzeuge der Schicksalswaage«, sagte Sid Amos.
    Wang Lee Chan wandte sich um. Er verließ Sid Amos’ Privatgemächer. In der Tür zum Korridor wandte er sich noch einmal um.
    »Du solltest in Zukunft noch vorsichtiger sein, Sid Amos«, sagte er. »Selbst auf die Gefahr hin, daß du Ling und mich hinauswirfst, sage ich dir: fühle ich mich auch nur noch einmal verraten, töte ich dich. Und du solltest mir glauben, daß ich es kann.«
    Sid Amos lächelte.
    »Ich werfe dich nicht hinaus«, sagte er. »Schließlich stehe ich zu meinem Wort. Ich bin nicht der Verräter, für den du mich hältst.«
    Unsicher schloß Wang Lee die Tür hinter sich und trat auf den Korridor hinaus. Er lehnte sich an die Wand und atmete tief durch.
    Er fühlte sich unbehaglich.
    Das Gefühl, beobachtet zu werden, war zwar geschwunden, als er Sid Amos’ Räume betrat, und es kehrte jetzt auch nicht wieder. Aber trotzdem fühlte er sich in Caermardhin nicht mehr wohl.
    Vielleicht sollten Ling und er
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