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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul
Autoren: Jasper Fforde
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mischte sich mit
    dem Schlagen der Hufe, dem Klingeln der Pferdegeschirre und
    dem Rumpeln der Räder auf der ausgetrockneten Erde. Aus der
    frisch gestrichenen Bretterkirche hörte man einen Chor singen,
    während der Hufschmied mit lautem Klingen ein heißes Eisen
    bearbeitete. Wir erreichten die Ecke von Eckley's Livery Stahles
    und warfen einen vorsichtigen Blick auf die Hauptstraße.
    Providence befand sich im glücklichen Zustand einer ungestörten Kulisse, die der Held der Geschichte erst zwei Seiten
    später betreten würde. Wir hatten keinerlei Interesse, in die
    Handlung des Romans verwickelt zu werden, aber das war auch
    nicht nötig. Der Minotaurus wollte nicht auffallen und hielt sich
    deshalb auch nur im Hintergrund auf. Sollten wir der Handlung
    aus irgendwelchen Gründen zu nahe kommen, würde mich der
    HNA (HandlungsNäheAnzeiger) warnen, den ich dabeihatte.
    Dann konnten wir uns verstecken, bis sie vorbei war.
    Ein Reiter trabte vorbei, als wir die knarrenden Bretter vor
    dem Saloon betraten. Bevor wir die Schwingtür erreichten, hielt
    ich Bradshaw noch eine Sekunde zurück, denn der ortsansässige
    Säufer flog traditionsgemäß gerade hinaus auf die Straße. Der
    Barkeeper trat hinter ihm aus der Tür und wischte sich an
    einem Geschirrtuch die Hände trocken.
    »Komm bloß nicht wieder, ehe du Geld hast!«, brüllte er und
    sah uns misstrauisch an.
    Ich zeigte ihm meine Dienstmarke, während Bradshaw sich
    wachsam umsah. Es gab viel zu viele Revolverhelden im Western. Als das Genre eingerichtet wurde, hatte man den Bedarf
    stark überschätzt, und die vielen arbeitslosen Scharfschützen
    stellten eine echte Gefahr dar. In einem Western zu arbeiten,
    konnte bis zu neunundzwanzig Schießereien in der Stunde
    bedeuten.
    »Jurisfiktion«, sagte ich. »Das ist Bradshaw, und ich bin Next.
    Wir suchen den Minotaurus.«
    Der Barkeeper starrte mich feindselig an. »Schätze, ihr seid in
    der falschen Gattung.«
    Alle Personen in einem Roman sind von A-1 bis D-10 klassifiziert. Der Kategorie A gehören die Jane Eyres und Tonio
    Krögers an, während die Statisten im Hintergrund und Straßenpassanten grundsätzlich bloß Kategorie D sind. Der Barkeeper hatte ein paar Zeilen gehabt, daher war er vermutlich ein C2 oder höher. Intelligent genug, um ein paar Auskünfte zu
    geben, aber ohne besondere Tiefe.
    »Er benutzt vielleicht den Decknamen Johnson«, erklärte ich
    und zeigte ihm das Foto des SeitenLäufers. »Groß, breitschultrig, Stierkopf, frisst gerne Menschen.«
    »Ich kann euch nicht helfen«, sagte er und schüttelte gelangweilt den Kopf.
    »Hattet ihr vielleicht in letzter Zeit eine SlapstickEpidemie?«, fragte Bradshaw. » Leute, die auf eine Harke treten?
    Wasserschläuche, die plötzlich losspritzen?«
    »Nö«, sagte der Barkeeper. »Hier gibt's keine spritzenden
    Schläuche. Aber ich habe gehört, der Sheriff hätte letzten Dienstag eins mit der Pfanne übergebraten gekriegt.«
    Bradshaw und ich wechselten vielsagende Blicke.
    »Wo ist der Sheriff zu finden?«
    Wir folgten der Handbewegung des Barkeepers und wanderten den hölzernen Bürgersteig hinunter. Vor dem Friseurladen
    saßen zwei graubärtige Goldsucher und redeten höchst authentischen Western-Slang. An einer Seitenstraße hielt ich Brad-shaw zurück, denn es sah so aus, als würde es gleich eine Schießerei geben. Vorläufig stritten sich die Beteiligten – die einen in
    hellen, die anderen in schwarzen Anzügen – aber vor allem
    darüber, wer an diesem Show-down eigentlich teilnehmen
    dürfe. Offenbar hatten zwei völlig verschiedene Gruppen dieselbe Zeit zugewiesen bekommen. Die Revolvergürtel hingen
    schwer an den Hütten, das Weibervolk war ängstlich versammelt, aber die Knallerei konnte nicht losgehen, weil noch nicht
    entschieden war, welcher Bösewicht von welchem Helden erlegt
    werden sollte.
    Schließlich eilte der Bürgermeister herbei und sagte den beiden Teams, es würde gar kein Show-down stattfinden, wenn sie
    sich nicht einigen könnten. Daraufhin warfen sie eine Münze.
    Die Verlierer zogen knurrend mit ihren Frauen davon, während
    die Sieger auf die Hauptstraße kamen und die Bevölkerung
    pflichtschuldigst Deckung suchte. Im Abstand von zwanzig
    Schritten bauten die beiden Revolverhelden sich auf, dann
    knallte es zweimal, und der Schütze in Schwarz ging zu Boden.
    Der Held hob seinen durchlöcherten Hut wieder auf und schaute recht grimmig, während er den Revolver einsteckte und seine
    Liebste ihm an
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