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0398 - Herr der blauen Stadt

0398 - Herr der blauen Stadt

Titel: 0398 - Herr der blauen Stadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Armut zu entgehen. Er hatte zu viele verhungern gesehen in dem Dorf, das einmal seine Heimat gewesen war…
    Ihm würde das nicht passieren.
    Schließlich war die Baracke leer.
    »Los, gehen wir in die Festung. Nehmt Schaufeln mit«, befahl Cuataxi.
    »Wir holen heraus, was eben nur geht. Unsere Freunde, die Forscher, werden wissen, wo wir am ehesten fündig werden, nicht wahr?«
    Er hörte Jorgensen etwas murmeln, das bestimmt eine Verwünschung war. Aber der Mann würde sich nicht mehr sträuben. Er wußte, daß er den Huaqueros immer unterlegen war. Er war kein Kämpfer. Cuataxi hatte mit ihm leichtes Spiel gehabt.
    Diese Weißen waren einfach nicht zäh genug zum Überleben.
    Manuel und Juantaro trugen jetzt starke Stablampen, mit denen sie die Ausgrabungsstelle beleuchteten. Pepe würde dem Weißen und dem Chinesen beim Graben helfen. Cuataxi begnügte sich wieder damit, den Aufpasser zu spielen.
    Das war eine Rolle, die ihm schon gefallen konnte.
    Als Jacáo noch der Jefe war, der Anführer, hatte sich auch Cuataxi an der Dreckarbeit beteiligen müssen. Aber Jacáo war nach Iquitos gefahren, und da hatte ihn der Teufel geholt. Jetzt war Cuataxi der Jefe.
    Jetzt brauchte er sich nicht mehr die Finger schmutzig zu machen. Das taten die anderen für ihn.
    Doch, an einem Teil machte er sich die Finger schon schmutzig. Er starrte verblüfft auf die leere, offene Sarghülle des einstigen Priesters, und noch verblüffter auf die goldene Scheibe, die offen daneben lag.
    Er bückte sich und nahm die Scheibe auf. Dann wandte er sich dem Weißen zu.
    »Du!« fuhr er ihn an. »Was ist hier passiert? Warum habt ihr die Sarghülle geöffnet und den Toten herausgeholt? Wohin habt ihr ihn gebracht?«
    »Er ist verschwunden«, sagte der Kahlköpfige rauh. »Aber das wirst du mir ja nicht glauben.«
    Cuataxi nickte. Er glaubte es nicht. Er war sicher, daß der Leichnam des Priesters noch beachtliche Kostbarkeiten an sich getragen hatte.
    Mindestens eine Totenmaske. Allein die war Tausende harter amerikanischer Dollars wert. Die Forscher mußten alles so sorgfältig versteckt haben, daß die Huaqueros es bisher nicht gefunden hatten.
    »Du wirst mir sagen, wo der Tote und seine Beigaben sind«, sagte Cuataxi schroff. »Du wirst es mir sofort sagen, oder du bist drei Sekunden später tot.«
    Der Weiße zuckte hilflos mit den Schultern und breitete die Arme aus.
    Entsetzt sah er Cuataxi an.
    »Verdammt, ich weiß es nicht…«
    »Eins«, zählte der Indio. »Zwei – drei.«
    Als der Kahlköpfige immer noch schwieg, drückte Cuataxi, in der linken Hand die goldene Scheibe, ab…
    ***
    Als Professor Zamorra aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, war er gefesselt.
    Er lag auf einer harten Steinplatte. Man hatte ihm die ausgestreckten Arme und Beine einzeln an Eisenringe gebunden, die aus der Platte hervorragten. In großen Haltern an den Wänden brannten rußende Fackeln. Der Flackerschein der Flammen warf bizarre Schattenbilder durch den Raum, in dem es fast schon bestürzend kühl war.
    Mauervorsprünge, Simse, auf denen halbmetergroße Götzenbilder standen, wie sie für die mittel- und südamerikanische Indio-Kultur charakteristisch waren. Eine steinerne Tür, die den einzigen Ausgang aus diesem Raum versperrte und vermutlich auf Rollen bewegt wurde wie jene große Massiv-Platte, die das Festungs-Tor abriegeln konnte, wie die Archäologen festgestellt hatten. Zwei Luftschächte, die fast unter der Raumdecke mündeten, sorgten dafür, daß die Luft trotz der Fackeln atembar blieb.
    Zamorra glaubte zu wissen, wo er sich befand: In einem Kerkerraum eines Inka-Tempels. Und wenn ihn nicht alles täuschte, handelte es sich dabei um den Tempel in der Festung…
    Das erklärte aber noch nicht, wie er hierher gekommen war.
    Er war nach der Berührung der goldenen Scheibe aus der eigenen Welt, aus der Gegenwart, verschwunden. Ihm war klar geworden, daß er in die Vergangenheit geschleudert worden war. Um welche Zeitspanne, hatte er nicht herausfinden können, aber offenbar befand sich derzeit das Reich der Inka in seiner Blüte oder kurz davor. Also war er achthundert bis maximal tausend Jahre zurückversetzt worden.
    Aber gleichzeitig hatte eine örtliche Versetzung stattgefunden.
    Er war in einer Stadt angekommen, die man an den Berghang gebaut hatte. Über der Stadt erhob sich eine Festung, und er war sicher, daß es sich um dieselbe handelte, die in der Realgegenwart sich im Dschungel der Waldregionen befand. Wie es möglich war, daß
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