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0341 - Keiner kennt die Todesstunde

0341 - Keiner kennt die Todesstunde

Titel: 0341 - Keiner kennt die Todesstunde
Autoren: Keiner kennt die Todesstunde
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die übrige Kleidung.
    Harry Easton ließ den Strahl mehrmals zwischen sich und der Leiche hin und her wandern. Erst als er ganz sicher war, daß es keine Spur gab, die er zertreten hätte, ging er hin und griff in die Manteltaschen. Vorher hatte er sich einen dünnen Lederhandschuh übergestreift.
    Als Easton die Hand in die Manteltasche der Leiche schob, fühlte er, wie sein Herz bis hoch in den Hals hinauf schlug. Ein paar Sekunden füllten sich mit Spannung. Dann hatte er es gefunden. Langsam richtete er sich auf.
    Zwischen den behandschuhten Fingern hielt er vorsichtig die Ecke eines weißen, postkartengroßen Zettels. Er Drauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen, was darauf sein würde: die plumpe Figur eines kleinen, roten Teufels.
    ***
    »Wenn man dich mal fünf Minuten allein läßt!« sagte der Mann, den ich verschwommen vor mir sah. Die Stimme kam mir bekannt vor, aber er war so undeutlich zu sehen, daß ich die Augen wieder schloß.
    Mein Kiefer schmerzte höllisch. Ich fuhr mit der Zungenspitze die Zahnreihen entlang und stellte fest, daß noch alle Zähne da waren. Als ich die Augen wieder öffnete, beugte sich der Mann gerade zu mir herab. Es war Phil, natürlich.
    »Du hättest auch eine Minute früher kommen können«, brummte ich. »Jetzt ist er weg!«
    »Wer?« fragte mein Freund erstaunt.
    »Wer wohl? Dieser Edwards oder wie er sonst heißen mag.«
    »Sieh mal!«
    Phil zeigte nach rechts. Ich wandte langsam den Kopf, denn zu' schnellen Bewegungen reichte es noch nicht. Ich saß auf dem kalten Boden des Piers, mit dem Rücken gegen die Wand der Auktionshalle gelehnt. Weit genug entfernt, daß er nicht gefährlich werden konnte, aber sonst genau wie ich saß Joe Edwards, der Mann in der dunkelblauen Jacke und dem schwarzen Rollkragenpullover. Er würdigte uns keines Blickes.
    »Ich kam gerade, als er dich mit einem sehr hübschen Haken auspunktete.« Phil grinste niederträchtig. »Du hieltest ihm das Kinn mit sichtlicher Begeisterung hin.«
    »Natürlich«, brummte ich. »Du kleiner David hast den Riesen Goliath ohne Schleuder und ohne Stein auf die Bretter geschickt, daß es eine helle Freude war.«
    »Sehe ich wie ein Held aus?« erwiderte Phil. »Ich habe ihm meine Pistole gezeigt, das war viel imponierender.«
    Die Kälte des Piers kroch an meinen Beinen empor. Ich beschloß, wieder ein Mensch zu sein, und stemmte mich an der Wand hoch. Erst jetzt sah ich, auf welch ungewöhnliche Weise Phil unseren Freund daran gehindert hatte, das Weite zu suchen. Die Handschellen fesselten nicht die Armgelenke, sondern die rechte Hand an das linke Fußgelenk.
    »Hast du ihn schon nach Waffen abgeklopft?« murmelte ich.
    »Ja. Aber er hat keine bei sich, wenn du sein ziemlich großes Taschenmesser nicht rechnest. Komm, wir wollen mal sehen, was er in seinem Mantel eingewickelt hat.«
    Das Bündel lag zwischen Edwards und mir hübsch ordentlich auf einer hölzernen Sitzbank, die an der Wand der Versteigerungshalle stand. Wir rollten den Mantel auseinander und fanden ein Zigarettenkästchen in einer der großen Seitentaschen. Edwards beobachtete unser Wirken mit finsteren Blicken.
    Phil klappte den Deckel des Kästchens hoch. Ein durchsichtiger Plastikbeutel lag darin. Für uns genügte ein Blick.
    »Kokain«, sagte ich.
    »Milchpulver ist es bestimmt nicht«, entgegnete Phil. Er klappte den Deckel wieder zu und schob das Kästchen zurück in die Manteltasche. Wir rollten das Bündel wieder zusammen, und ich klemmte mir das Ding unter den linken Arm.
    Ich nahm meine 38er in die Hand, während Phil die Schlüssel zu den Handschellen zog und sich zu Edwards bückte.
    »Was habt ihr denn mit mir vor?« erkundigte sich der Bursche mißtrauisch.
    Phil antwortete nicht.
    »Ich habe Freunde«, drohte Edwards, während er sich das Handgelenk rieb. »Einflußreiche Freunde!«
    »Tatsächlich?« meinte Phil. »Einflußreich genug, um einen Beutel Kokain uninteressant zu machen?«
    »Was habt ihr schon von dem Zeug, wenn ihr umgelegt werdet?«
    »So leicht ist das nun auch wieder nicht«, lachte Phil. »Sie glauben gar nicht, Edwards, wie oft uns gedroht wird. Wenn wir das jedesmal für bare Münze nehmen wollten, dürften wir die Nase nicht mehr aus der Wohnungstür stecken. Und nun stehen Sie auf!«
    Er gehorchte und schlenkerte sein linkes Bein, um den Kreislauf wieder in Gang zu bringen. Dabei sah er abwechselnd Phil und mich an.
    »Nun seid doch vernünftig!« mahnte er noch einmal. »Ihr kommt nicht weit mit dem
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