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0323 - Herrin der Vampirburg

0323 - Herrin der Vampirburg

Titel: 0323 - Herrin der Vampirburg
Autoren: Rolf Michael
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»Wie ist es jetzt, John? Fährst du mich zur Burg, oder muß ich alles allein machen? Morgen früh, bei Tagesanbruch, kannst du mich wieder abholen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Und in der Zwischenzeit treibst du dich irgendwo herum, wie? Nein, ich bleibe auch oben - aber draußen. Ich werde aufpassen, daß du dich nicht heimlich in die Büsche schlägst… und vielleicht muß ich dir auch helfen, wenn der Geist dich umbringen will.«
    »Junge, hast du eine Fantasie«, murmelte Patty. Sie sah zu, wie sich John und Diane ankleideten. Irgendwie freute sie sich schon auf den kommenden Tag und die nächste Nacht. John war ein gutaussehender junger Mann, er war freundlich, und über seine Geistergläubigkeit konnte man ruhig hinwegsehen.
    Kurz darauf waren sie unterwegs. Johns alter Volkswagen klapperte die vielfach gewundene Serpentinenstraße hinauf. Der Regen hatte nachgelassen und würde in Kürze ganz aufhören. Wie ein schwarzer Klotz ragte oben am Hang die Ruine empor. Patty sah hinauf. Das Panorama konnte schon zum Gruseln und Fürchten einladen, wenn man die entsprechende Fantasie besaß. Und es mußte ein Erlebnis besonderer Art sein, im Dunkeln durch die verfallenden Zimmer und Korridore zu streichen, vielleicht in den Keller hinab zu steigen… möglicherweise gab es da noch ausgedehnte Weinlager, hoffte Patty. Immerhin war die Burg nach McThruberrys Tod nicht geräumt worden. Es mußte alles noch so sein wie einst, voll möbliert und ausgestattet…
    John stoppte den Wagen gut 200 Meter vor der Zugbrücke. »Weiter fahre ich nicht«, sagte er unruhig. »Patty - nimmst du einen Fotoapparat mit? Wenn du den Geist siehst, mach ein Foto!«
    »Hast du etwa noch ein paar Wetten mit anderen Leuten abgeschlossen und brauchst jetzt ein Beweisfoto?« fragte Patty.
    John nahm einen kleinen Fotoapparat aus dem Handschuhfach des Wagens und drückte ihn Patty in die Hand. »Das nicht. Aber… ich möchte ihn gern selbst sehen, verstehst du?«
    »Geister kann man nicht fotografieren«, warf Diane trocken ein.
    »Ich werde ihn malen«, versprach Betty spöttisch. »Wenn es ihn gibt, werde ich ihn bitten, mir Modell zu sitzen oder zu stehen.«
    »Nimm es nicht zu leicht«, warnte John, dem es jetzt angesichts der Burg und des Einlösens der Wette immer mulmiger zumute wurde. »Geister sind gefährlich, und der alte McThruberry allemal…«
    Patty schwang sich aus dem Wagen. Es war noch kühl, der Boden naß, aber es regnete nicht mehr. Die Wolken waren weitergezogen. Wahrscheinlich wurde der Morgen sonnig und der folgende Tag strahlend.
    Unten im Dorf verklangen die letzten Schläge der Kirchturmuhr. Es war Mitternacht. Die Geisterstunde hatte begonnen.
    Lächelnd legte Patty die letzten zweihundert Meter bis zur Burgruine zurück. Mit gemischten Gefühlen sahen John und Diane ihr nach. John kam sich vor, als habe er das Mädchen mit seiner verrückten Wette ins Verderben geschickt…
    ***
    In der Tiefe hob eine braunhaarige Frau ruckartig den Kopf. Die weißen Zähne blitzten.
    »Jemand kommt«, kreischte der Familiaris. »Ein Mensch. Spürst du das frische Blut?«
    Die Vampirin, die seit dem Biß des Familiaris Tageslicht ertrug, das aber noch nicht hatte erproben können, nickte. Sie spürte zwar die Nähe des Menschen nicht, aber da sie wußte, daß sie sich auf die Aussage des Familiaris verlassen konnte, mußte es wohl so sein.
    Ein Mensch kam…
    Ein Opfer…
    Den letzten Menschen, der in ihre Gewalt geriet, hatte sie dem Fürsten der Finsternis zum Geschenk gemacht. Ein Blutopfer, der größte persönliche Verzicht, dessen sie fähig war. Denn sie brauchte die Lebenskraft doch auch, die in diesem roten kostbaren Saft steckte…
    Ihre Augen glühten heller, verlangender. Unruhe keimte in ihr auf. Sie erhob sich. Der Familiaris flatterte hastig. Die Vampirin griff nach ihm, setzte die fledermausartige Kreatur auf den Unterarm wie einen Falken und verließ das Versteck in der Tiefe.
    ***
    Da war noch etwas, das erwachte. Aber es zeigte sich nicht. Es hielt sich zurück. Es beobachtete nur und begriff nicht, warum andere in seinen Bereich eindringen durften.
    Alles war ganz anders als früher. Es gab keinen materiellen Körper mehr. Da war nur Geist, nur Bewußtsein. Und da war eine Unrast, die quälte.
    Und eine Existenz, die körperlos dachte, beobachtete auf geistiger Ebene, ohne selbst erkannt zu werden.
    Diese Existenz hatte einmal den Namen McThruberry getragen.
    ***
    Patty Glandeen überquerte die Zugbrücke.
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