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032

Titel: 032
Autoren: Die Seiltänzerin
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ständig in Schwierigkeiten. Auch die übrigen Familienmitglieder konnten Instrumente anfertigen. Sie verrichteten sie jedoch nur als Auftragsarbeiten, wohingegen er freiwillig nichts anderes tat.
    Einmütig hatten seine Verwandten bitterlich bereut, dass man ihn in die Geheimnisse der Herstellung solch betörender Instrumente eingeweiht hatte, doch das war jetzt zu spät. Mit unverkennbarer Erleichterung hatten seine Eltern ihn ziehen lassen, damit er bei Eurion in die Lehre ging, einem alten Kunden und Spielmann, der ständig die Runde in bestimmten Burgen und Herrensitzen machte, wo man ihn herzlich willkommen hieß. Es war ein großer gesellschaftlicher Abstieg, von einem Handwerker zu einem fahrenden Sänger geworden zu sein, doch Telors Eltern hatten zu befürchten begonnen, dass er, wenn sie ihm nicht erlaubten, auf Eurions Niveau hinabzusteigen, sich bald erheben werde, und zwar in der Schlaufe eines Henkersseils am Galgen. Dennoch hatten sie ihn nicht verstoßen. Es stand ihm frei, in den Schoß der Familie zurückzukehren, sobald er sesshaft werden und höflich zu den Nachbarn sein und das schnitzen wollte, was er schnitzen sollte. Daher wanderte er nicht auf den Straßen umher, weil er kein Ziel hatte. Es war seine eigene Entscheidung, sich das Abendessen durch Gesang zu verdienen, und er fühlte sich unbehaglich, wenn er versuchte, Deri zu trösten, er, der nie etwas verloren hatte.
    Die Pferde, die am anderen Ende des Stalls angebunden waren, bewegten sich unruhig. Telor war erlaubt worden, sie auf dem Anger weiden zu lassen, aber dieses Angebot hatte er taktvoll abgelehnt. Die Dörfler erschienen ihm zwar vertrauenswürdig, aber die erste Lektion, die Meister Eurion ihm erteilt hatte, war, niemanden in Versuchung zu bringen. Zweifellos hatte der Dorfvorsteher das Angebot ehrlich gemeint, doch es bestand immer die Möglichkeit, dass der eine oder andere seiner Männer den Wert der Pferde abschätzte und auf den Einfall kam, niemand werde Telor und den Zwerg vermissen und kein Herr Rache für deren Verschwinden nehmen wollen. Jongleure waren wertlos, für niemanden von Bedeutung. Warum sollte das Dorf nicht die Pferde behalten? Waren der Spielmann und sein Zwerg tot und begraben, konnten sie sich nicht mehr beschweren.
    Die von den Pferden erzeugten Geräusche führten dazu, dass Deri die Bilder, die er vielleicht auf der kahlen Wand gesehen hatte, mit einem Blinzeln verdrängte. Er war sich ebenso wie Telor bewusst, dass ihr „Reichtum" eine gefährliche Verlockung darstellte. Er griff nach dem Gürtel, wo die Lederschleuder und die Auswahl von glatten Kieseln eine einfache, aber Tod bringende Bewaffnung darstellten. Als er bemerkte, dass die Unruhe der Tiere nicht durch einen Fremden verursacht wurde, wandte er sich Telor zu und furchte die Stirn.
    „Ich frage mich, ob wir zu Sir Roberts Burg zurückreiten sollen, um herauszufinden, ob wir weitere Neuigkeiten erfahren können?" wiederholte Telor.
    „Das letzte Mal, als du dort Station gemacht hast, hat Sir Robert dich über eine Woche lang festgehalten, damit du für ihn dumme Gedichte an eine Frau schreibst, mit denen er sie beglücken wollte", antwortete Deri. „Und zweifellos würde er dein verspätetes Eintreffen zur Hochzeit des Sohnes des Herrn von Combe nur als guten Scherz empfinden. Außerdem frage ich mich, ob er mehr als wir wissen kann.

    Abgesehen davon, dass er in den Augen der Dame als Poet gelten möchte, freut er sich mehr über deine Besuche, weil du ihm Neuigkeiten mitbringst, als dass er Wert auf deine süße Stimme legt."
    Telor seufzte, zum Teil vor Erleichterung darüber, dass er Deri von dessen Kummer abgelenkt hatte, und zum Teil aus Resignation. Wahrscheinlich traf zu, dass Sir Robert wenig oder gar nichts über die Ereignisse wusste, die außerhalb der Grenzen seines Landbesitzes geschahen. „Das Problem bleibt bestehen", meinte er. „Reisen wir auf Umwegen und nehmen wir das Risiko auf uns, zu spät in Combe anzukommen, oder reiten wir direkt dorthin und riskieren es, mitten in die Kämpfe zu geraten?"
    Deri schaute die Wand an. „Entscheide du. Warum sollte das für mich von Bedeutung sein?"
    Dieses Mal seufzte Telor nicht aus Sorge, er könne Deris Gefühle verletzen. Gerede über den Krieg oder die Anzeichen kriegerischen Geschehens weckten in dem Zwerg stets Erinnerungen, die er ansonsten zu beherrschen imstande zu sein schien. „Dann meine ich, dass wir auf direktem Wege weiterziehen sollten. Die Truppen, falls
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