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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche
Autoren: B.R. Bruss
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daß es nicht möglich ist, ihn wiederzufinden.
    Auf dem Mausoleum soll keine Inschrift angebracht werden, auch nicht mein Name.
    Die Schlüssel meines Hauses, meines Banksafes und meiner Laboratorien befinden sich in der Lade meines Schreibtisches.
     
    Das war alles. Wir waren sprachlos. Kein Wort darüber, weshalb sich der Professor das Leben genommen hatte, nicht die geringste Erklärung über das Motiv. Nichts, was als Testament gelten konnte.
     

     
    Während der nächsten sechs oder sieben Tage lebte Hercenat, nachdem man vom Tod seines berühmtesten Einwohners erfahren hatte, wie im Fieber. Die Journalisten strömten zu Dutzenden in die kleine Stadt. Eine Reihe von berühmten Wissenschaftlern machte sich auf die Reise, um an den Begräbnisfeierlichkeiten ihres illustren Kollegen teilzunehmen. Radio und Fernsehen sandten Reporter aus. Tausende Telegramme kamen im Rathaus an.
    Die Todesstunde, die wir festgestellt hatten, wurde vom Amtsarzt bestätigt. Der Verstorbene zeigte keinerlei Anzeichen eines gewaltsamen Todes. Hunderte Tests wurden durchgeführt, um herauszufinden, ob er an einem Gift gestorben war. Der Amtsarzt ließ sogar Spezialisten für Toxikologie kommen. Aber alle Resultate waren negativ. Die einzige Entdeckung von einiger Wichtigkeit war, daß Scheelring an einem fortgeschrittenen Leberkrebs litt.
    Als wir alle uns zur Verfügung stehenden Untersuchungsmöglichkeiten ausgeschöpft hatten, erklärte Leon Nelsy: „Natürlicher Tod.“
    Das alles hätte doch eigentlich genügen müssen, um den Gerüchten ein Ende zu bereiten und die Sensationshungrigen zu entmutigen. Dennoch blieb der Schleier des Geheimnisvollen um den Tod des Professors gebreitet. Da waren die seltsamen Anleitungen Scheelrings, die seine Bestattung betrafen. Da blieb das unenträtselbare Schriftstück, das tatsächlich in einigen Zeitungen veröffentlicht wurde. Und vor allem war da die sonderbare Person des Verstorbenen und das merkwürdige Gebäude, in dem er gelebt hatte.
    Außerdem blieben die Hausangestellten weiterhin verschwunden, und der Telefonanruf, den ich erhalten hatte, war so unerklärlich wie am Anfang.
    Der Weiße Turm wurde mit größter Genauigkeit untersucht, ohne daß sich irgendein Anhaltspunkt fand. Die Gelehrten, die die Laboratorien sehen wollten, waren erstaunt, sie so groß und hervorragend ausgestattet zu finden. Aber sie suchten vergebens nach Dokumenten über Erfindungen oder Entdeckungen, die der Professor gemacht hatte, seit er sich von der Welt abgeschlossen hatte. Alle Aufzeichnungen, die man fand, datierten vor der Zeit, als er sich zurückgezogen hatte.
    Das, was die meisten Besucher besonders faszinierte, war die große Kristallkugel auf dem Sockel im zweiten Stock des Turms. Aber die Gelehrten waren sich einig, daß es sich um nichts anderes als ein Dekorationsstück handeln konnte.
    Die Hausangestellten blieben verschwunden. Sie hatten das Haus verlassen, ohne das geringste Gepäck mitzunehmen.
    Auch das Banksafe trug nichts zu einer Erklärung bei. Es enthielt nichts als Aktien, Kontoauszüge und Geschäftspapiere.
    Da der Professor kein Testament hinterließ, gab es auch keinen Erben. Also fiel sein Vermögen an den Staat. Bald darauf wurde bekannt, daß der Weiße Turm, in Anbetracht dessen, daß er so hervorragende Laboreinrichtungen besaß, der Wissenschaft zur Verfügung gestellt wurde.
    Ja, noch etwas: das rätselhafte Schriftstück hatte natürlich niemand entziffern können.
     

     
    Die Aufregung legte sich wieder. Das Heer der Journalisten, Polizisten und Reporter, die wie Termitenschwärme über Hercenat hereingefallen waren, verließ die Stadt wieder. Die Wissenschaftler, die vergebens gehofft hatten, am Begräbnis teilnehmen zu dürfen, reisten enttäuscht ab.
    Alles ging wieder seinen normalen Lauf.
    Ich hatte einen kleinen Ordner angelegt, in dem ich alle Zeitungsausschnitte sammelte, die sich auf die Affäre bezogen. Zusammen mit meinem Freund Leon hatte ich des öfteren versucht, die geheimnisvolle Schrift zu entziffern, die uns Scheelring hinterlassen hatte, aber ohne Erfolg.
    Die Welt war letzten Endes übereingekommen, daß der Professor, vielleicht einer verborgenen humoristischen Ader folgend, es vorgezogen hatte, seinen selbst gewählten Tod in eine Menge Rätsel zu kleiden, anstatt abzuwarten, bis die Krankheit, an der er litt und von der er gewiß gewußt hatte, ihm ein furchtbares Ende bereitete. Vielleicht wollte er das Fortbestehen der Legenden, die sich
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