Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche
Autoren: B.R. Bruss
Vom Netzwerk:
vermutet, er schliefe. Sein linker Arm lag quer über seiner Brust, der Kopf auf einem Kissen. Er war in einen grauen Morgenmantel gekleidet.
    Nelsy beugte sich sofort über ihn. „Tot“, sagte er einen Augenblick später und drückte ihm die Augen zu.
    „Es stimmte also“, sagte Boze mit dumpfer Stimme. „Er hat angerufen.“
    „Die Wissenschaft hat einen großen Verlust erlitten“, sagte leise mein Freund Leon.
     

     
    Einen unermeßlichen Verlust. Die ganze wissenschaftliche Welt war sich darin einig, obwohl Scheelring ein wenig als Außenseiter, oder besser, als Einzelgänger gegolten hatte.
    Er stammte aus einer Bankiersfamilie in Hercenat. Schon im Gymnasium begannen seine außergewöhnlichen Leistungen aufzufallen, besonders in der Mathematik und der Physik. Anschließend hatte er an verschiedenen europäischen Universitäten studiert und sich auf die Atomphysik spezialisiert. Aber das hinderte ihn nicht daran, auch auf anderen Gebieten, wie in der Chemie, der Elektronentechnik und der Biologie, spektakuläre Erfolge zu erzielen.
    Mit zwanzig Jahren war er bereits bekannt, mit dreißig berühmt und mit fünfunddreißig genoß er Weltruf.
    Er hatte an den besten Instituten der Welt Forschungsarbeit geleistet, und seine Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die Produktionen ganzer Industriezweige. Sein Vermögen war enorm. Er hatte nie geheiratet.
    Dann, mit fünfundvierzig Jahren, hatte er plötzlich sein überaus aktives und unruhiges Leben aufgegeben und sich hier in der Einsamkeit niedergelassen.
    Man wußte zwar, daß Scheelring in seinem Weißen Turm ausgezeichnete Laboratorien hatte installieren lassen, aber er veröffentlichte weder Artikel noch Berichte und korrespondierte mit niemandem, auch nicht mit den berühmten Gelehrten, mit denen er früher in ständigem Kontakt gestanden hatte.
    Das alles kam mir in den Sinn, als wir vor seinem reglosen Körper standen. Obwohl ich ihn wirklich kaum gekannt hatte, schmerzte mich die Gewißheit, daß er von uns gegangen war.
     

     

„Berühren wir nichts!“ forderte der Leutnant.
    Nelsy untersuchte weiter die Leiche des Wissenschaftlers. „Nicht die geringste Verletzung“, sagte er. „Keine Waffe, nicht die geringsten Anzeichen für einen gewaltsamen Tod.“
    „Gift?“ fragte ich.
    „Möglich“, Nelsy hob die Schultern. „Aber es sieht nicht danach aus.“
    Ich untersuchte die Leiche so sorgfältig wie möglich. „Ich bin deiner Meinung, Leon. Alles, was man sagen kann, ist, daß der Zeitpunkt des Todes etwa zwei Stunden zurückliegt.“
    „Ja“, bestätigte Leon. „Der Tod muß kurz nach dem Anruf eingetreten sein.“
    „Sonderbar“, sagte Boze. „Sehr sonderbar. Und wo sind die Hausangestellten? Und wieso war das Tor des Weißen Turms offen? Ist es ein natürlicher Tod? Ein Verbrechen? Selbstmord? Eine Autopsie wird auf alle Fälle notwendig sein. Man wird die Leiche dazu in Ihre Klinik zum Amtsarzt bringen, Doktor.“
    „Sicher“, seufzte Leon Nelsy. „Für’s erste können wir wohl nichts anderes tun.“
     

     
    Bevor wir gingen, sahen wir uns noch ein wenig in dem Raum um.
    Vielleicht konnte das Tonbandgerät zu einer Erklärung beitragen? Ich schaltete den Apparat ein. Das Band war leer.
    Nelsy zeigte auf einen großen Umschlag, der unter einem Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch lag.
    Wir traten näher. Auf dem Umschlag stand: FÜR DIEJENIGEN, DIE ALS ERSTE HIER EINTRETEN.
    Der Umschlag war nicht zugeklebt. Er enthielt zwei Blätter. Eines davon war mit seltsamen Zeichen bedeckt, die aussahen wie Hieroglyphen, das andere stammte offensichtlich von dem Notizblock auf dem Tischchen und war mit des Professors winziger Schrift bedeckt.
    Mit großer Mühe lasen wir:
     
    Ich möchte in dem Mausoleum bestattet werden, das ich mir selbst erbauen ließ. Es ist dies der große Betonwürfel an der Westseite der Gebäude, direkt neben der Felswand. An seiner Basis findet sich an der Südseite, zwanzig Zentimeter unter der Erdoberfläche, ein Knopf. Wenn man ihn drückt, wird eine Öffnung in dem Mausoleum sichtbar. Ich möchte, daß meine sterbliche Hülle in den Glassarg gelegt wird, der sich in dem Mausoleum befindet.
    Ich wünsche keinerlei Zeremonie bei meiner Bestattung. Die vier Männer, die dazu nötig sein werden, sollen unter denjenigen ausgewählt werden, die mich nicht gekannt haben. Wenn meine Leiche in dem Glassarg liegt, sollten die Männer das Mausoleum schließen und den Öffnungsknopf mit Beton übergießen, so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher