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0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

Titel: 0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen
Autoren: Der Tod schminkt sich die Lippen
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mit Straßenhändlern und Kneipenbesitzern. Ich hockte in den Nightclubs, in denen die großen Gang-Kanonen von New York sich zu amüsieren pflegten, und ich verbrachte Nächte in üblen Kaschemmen, Seite an Seite mit Tramps, und ich wurde immer trübsinniger bei diesem Job.
    Von Phil wußte ich, daß die Nachforschungen im Falle Alwyn Hart ebenfalls ohne Ergebnis geblieben waren. Es gelang nicht, herauszufinden, wo Hart sich in den sechs Wochen in New York aufgehalten, für welche Gang er gearbeitet und an welchem Verbrechen er mitgewirkt hatte. Und natürlich gelang es auch nicht, seinen Mörder zu finden.
    An diesem Abend ging ich noch einmal in Bens Kneipe. Wie üblich war die Kaschemme voll, aber ich fand einen Tisch, an dem vorher zwei Tramps gesessen hatten, die von Ben in dem Augenblick an die Luft befördert wurden, als ich hereinkam.
    Ich parkte und ließ mir ein Glas des Raketentreibstoffes kommen. Ich trank sogar einen Schluck davon, und dann nahm ich die Gäste in Augenschein.
    In den dichten Rauchschwaden, die Bens Kaschemme durchzogen, waren die Gesichter nicht immer leicht zu erkennen, aber dann erwischte ich einen Schimmer von rotem Haar.
    Die Frau saß allein an einem Ecktisch. Sie hielt den Blick auf den Eingang gerichtet, und so konnte ich das Profil ihres Gesichtes sehen. Es war gut geschnitten, mit einer kurzen, energischen Nase und einem kleinen, aber festen Kinn. Sie schien mir weniger geschminkt zu sein als an dem Abend, an dem ich sie zum ersten Mal sah, und auch sonst war sie nicht aufgedonnert, sondern trug einen einfachen, grauen Wollmantel.
    Ich ging zu ihrem Tisch herüber. Sie blickte erst auf, als ich unmittelbar vor ihr stand. Sie erkannte mich sofort, und sie lächelte flüchtig.
    »Hallo, Sie Mädchen-Retter«, sagte sie. »Geht’s Ihnen gut?«
    »Danke«, antwortete ich. »Darf ich mich setzen?«
    »Nein«, sagte sie, aber da saß ich schon.
    Kein Zug in ihrem Gesicht verriet Ärger. Sie knipste lediglich ihr Lächeln aus.
    »Hören Sie! Ich bin mit einem Mann verabredet, der jeden Augenblick hier auftauchen kann. Es wird ihm nicht sehr gefallen, einen anderen Kerl an meinem Tisch zu sehen.«
    »Wenn es sich um den gleichen Verehrer handelt, der damals seinen Hut vergaß, so wäre mir eine zweite Begegnung das reine Vergnügen.«
    »Nein«, sagt sie, »um den handelt es sich nicht, aber zufällig ist er auch hier. Er steht an der Theke und starrt Sie an.«
    Ich drehte mich um. Der Mann mit dem Ohrfeigengesicht stand tatsächlich an der Theke und blickte mich mit dem gleichen Ausdruck an, mit dem ein Stier auf den Torero blicken mag. Eine halbe Minute lang duellierten wir uns mit Blicken. Dann verzog er den Mund, spuckte verächtlich in Bens gute Stube und wandte sich der Theke zu. / ' Ich drehte mich um und lächelte die Frau an.
    »Angriff abgeschlagen«, sagte ich. »Wir können unsere Unterhaltung fortsetzen.«
    »Wir haben kein Thema für eine Unterhaltung.«
    »Oh, doch! Wissen Sie, daß wenige Minuten, nachdem Sie und dann ich das Lokal verlassen hatten, ein Mann erschossen wurde?«
    »Sie haben mich selbst auf die Schüsse aufmerksam gemacht.«
    »Aber Sie haben sich nicht dafür interessiert.«
    Sie zuckte die Schultern. »Ich kümmere mich nicht um Sachen, die mich nichts angehen.«
    »Trotzdem möchte ich Ihnen eine Frage stellen. Der Junge ist so prompt erschossen worden, daß sein Mörder schon draußen auf ihn gewartet haben muß, und Sie haben kurz vor dem Boy den Laden verlassen. Ist Ihnen nichts aufgefallen? Ein Mann oder ein Wagen?«
    Ihre blaugrünen Augen musterten mich aufmerksam.
    »Sind Sie Polizist?«
    »Unsinn! Wie kommen Sie auf diese Kateridee?«
    »Weil Sie Polizistenfragen stellen.«
    »Der Junge, den sie erschossen haben, saß vorher an meinem Tisch. Er hat mir ein paar Drinks spendiert. Deswegen interessiere ich mich für ihn.«
    Sie lächelte spöttisch. »Wie edelmütig! Weil er Ihnen ein paar Drinks zahlte, wollen Sie sich bei der Suche nach seinen Killern die Finger verbrennen.«
    Ich grinste. »Anders kann ich mich nicht mehr revanchieren, aber Sie irren sich, wenn Sie glauben, ich wollte den Mann, der ihn umbrachte, Schwierigkeiten bereiten. Als wir zusammen am Tisch saßen, gab der Junge ’ne mächtige Welle an, und erzählte einen Haufen Zeug über den Job, bei dem sich ihm gewissermaßen von selbst die Taschen mit Dollars füllten. Er log nicht. Ich sah, daß seine Brieftasche fast platzte. Auf einen solchen Job bin ich scharf, und ich habe
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