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0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

Titel: 0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen
Autoren: Der Tod schminkt sich die Lippen
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abgefeuert wurden.
    »Warten Sie auf mich!« schrie ich der Rothaarigen zu, warf mich herum und rannte zurück zur Sullivan Street. Ich war nicht der erste am Tatort. Vor Bens Kaschemme standen Männer und Frauen und starrten auf den Mann, der in dem schmutzigen Schnee auf dem Rücken lag.
    Es war der Jüngling, der an meinem Tisch gesessen hatte.
    Seine Jacke war geöffnet. Auf seinem Hemd breitete sich ein Blutfleck aus.
    Ich beugte mich über den Mann. Er war tot. Eine Kugel hatte seinen Kopf getroffen.
    ***
    Hinter mir fluchte Ben schnaufend über den höllischen Ärger, den er jetzt mit der Polizei bekommen würde.
    »Wie geschah das?« fragte ich den riesigen Kaschemmenwirt.
    »Das weiß ich doch nicht!« brüllte er.
    »Der Junge torkelte heraus, und kaum war er draußen, da knallte es. Ich setzte mich sofort in Trab, und als ich herauskam, da sah ich gerade noch, wie ein Mann in einen Wagen sprang. Ich zog den Kopf ein, weil ich dachte, ich würde auch noch eins abbekommen, aber sie zischten mit ihrem Schlitten sofort ab. O Hölle, welches Theater werden die Bullen veranstalten! Sie sehen meinen Laden ohnedies mit scheelen Augen an. Am besten, ich schließe die Kneipe gleich zu. Sie vergraulen mir die Kunden.«
    Bens Befürchtungen schienen sich schon jetzt zu bewahrheiten. Die Männer setzten sich in Bewegung, als interessiere sie die ganze Sache nicht.
    »Hast du das Wagenmodell erkannt?« fragte ich.
    »Keine Ahnung! Irgendein dunkel lackierter Schlitten.«
    Ich beugte mich noch einmal über den Toten. Aber die Pistole, die er vor meinen Augen in den Gürtel gesteckt hatte, sah ich nicht.
    Ich tastete die Umgebung seines Körpers ab, aber die Waffe lag auch nicht im Schneematsch.
    »Faß nichts an«, sagte Ben. »Die Cops mögen es nicht.«
    Ich richtete mich auf.
    »Der Mann trug eine Kanone im Hosenbund. Hat einer von euch das Schießeisen an sich genommen?« Niemand antwortete. Nur Ben bellte mich wütend an:
    »Du stellst Fragen wie ein Cop! Wenn du einer bist, dann sage es gefällig.«
    »Unsinn!« knurrte ich.
    Ben musterte mich mißtrauisch.
    In der Ferne heulte eine Sirene. Ich drückte mich an den wenigen Menschen vorbei, die noch auf den Ermordeten starrten.
    Die rothaarige Frau wartete nicht mehr in der Hester Street. Sie war verschwunden.
    Ich ging weiter, bis ich eine runde Meile hinter mich gebracht hatte, trat in einen Drugstore, bestellte einen Tee und ließ mir das Telefon geben. Ich wählte die Nummer des FBI-Hauptquartiers und ließ mich mit Phil verbinden.
    »Vor Bens Kaschemme in der Sullivan Street wurde vor einer knappen halben Stunde ein Mann erschossen. Ich saß vorher mit ihm an einem Tisch, und ich weiß, daß er eine Pistole trug. Die Mordkommission der City-Polizei wird den Fall untersuchen, aber häng dich ein bißchen hinein und erzähl mir später, was die Cops herausgefunden haben.«
    »Geht in Ordnung, Jerry«, antwortete Phil.
    ***
    Ich traf Phil drei Tage später in einem kleinen Drugstore, der uns hin und wieder als Treffpunkt diente, wenn wir nicht offiziell als FBI-Beamte miteinander verkehren durften, weil einer von uns beiden in einer Untersuchung steckte, die es geraten erscheinen ließ, möglichst lange das Inkognito zu wahren.
    »Diese höllische Kälte nimmt kein Ende«, brummte Phil und wärmte sich die Hände an der Teetasse. »Der Junge, den sie in der Sullivan Street erschossen haben, hieß Alwyn Härt. In Denver führen sie ein Register über ihn. Obwohl er erst vierundzwanzig Jahre alt war, hat er zweimal wegen unbefugten Waffenbesitzes und einmal wegen eines versuchten Raubüberfalles vor Gericht gestanden. Sie behielten ihn in Denver immer ein wenig im Auge, aber er verschwand vor rund sechs Wochen aus der Stadt. Für seine Verhältnisse war Alwyn Hart ein reicher Mann, als er starb. Die Cops fanden in seinen Taschen mehr als zweitausend Dollar.«
    »Aber sie fanden keine Pistole?«
    Phil schüttelte den Kopf. »Nein«, »Mit welcher Waffe wurde er erschossen?«
    »Mit einem Revolver! Aus der Nähe. Sie müssen gewußt haben, daß er sich in Bens Kneipe aufhielt, denn sie erschossen ihn, kaum daß er die Straße betreten hatte.«
    »Und sie nahmen ihm die Pistole weg, ließen aber zweitausend Dollar in seinen Taschen stecken. Ein gewöhnlicher Raubmord war das nicht.«
    »Es steht nicht fest, daß sein Mörder die Waffe an sich genommen hat. Der Junge kann versucht haben, die Kanone zu ziehen, aber er vermochte nicht mehr, sie zu benutzen. Als er
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