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0302 - Der Unhold

0302 - Der Unhold

Titel: 0302 - Der Unhold
Autoren: Jason Dark
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einige Unterschiede. Zum Beispiel das Haar. La Bandita hatte entweder von Natur aus sattes kupferrotes Haar oder es geschickt eingefärbt.
    Im Licht einer Lampe schien es flüssig zu werden, als sich die Frau bewegte und ihren Kopf dabei zur Seite nahm. Das Gesicht war recht hübsch. Etwas hager vielleicht, hochstehend die Wangenknochen, dafür sehr ausdrucksvoll die Augen. Mir fiel auch die blasse Haut auf, deshalb nahm ich an, daß die Farbe der Haare echt war. In gewisser Hinsicht hatte sie Ähnlichkeit mit der Sängerin Milva, und auch ihre Stimme klang ein wenig heiser oder rauchig, als sie mich ansprach.
    Ich verstand nichts und hob die Schultern.
    Jemand flüsterte ihr etwas ins Ohr. Da nickte sie und redete in meiner Heimatsprache weiter.
    Das hatte ich nur gewollt.
    »Wer sind Sie?« wurde ich gefragt.
    »Ich heiße John Sinclair.«
    »Und was machen Sie hier?«
    »Meine Freunde und ich sind ein wenig in der Nacht spazieren gefahren, das ist alles.«
    Sie presste ihre Lippen zusammen. Wahrscheinlich hatte ich sie beleidigt, denn ein Zischlaut war kaum aus ihrem Mund gedrungen, als sich einer ihrer Schläger in Bewegung setzte und von der Seite her auf mich zukam. Das Bleirohr in seiner rechten Hand gefiel mir überhaupt nicht. Es tat scheußlich weh, wenn einem jemand so ein Ding auf den Schädel klopfte.
    Der Typ grinste breit und holte aus.
    Eine halbe Sekunde später grinste er nicht mehr. Da hatte ich mein Knie in die Höhe gerammt. Das Gesicht des Mannes verzerrte sich, der Arm blieb in der Schlaghöhe und sank allmählich nach unten, wobei der Typ noch rückwärts ging.
    Ich stand wieder so, wie ich zuvor gestanden hatte und schaute La Bandita an.
    Sie wurde wütend. »Ich kann meinen Leuten befehlen, Sie zusammenzuschlagen…«
    »Sicher«, fiel ich ihr ins Wort, »das können Sie. Aber Sie würden von mir kaum Antworten bekommen denn ich hätte bestimmt nicht reden gekonnt. Also, lassen Sie es bleiben!«
    »Sie haben recht, Signore.«
    Ich nickte. »Das dachte ich mir auch.«
    Plötzlich lächelte sie. »Daß Sie kein Landsmann sind, ist klar. Aber steht die italienische Polizei schon so unter Druck, daß sie Kollegen aus dem Ausland herbeischaffen muß, wenn sie Jagd auf uns machen will?«
    »Wer sagt Ihnen denn, daß wir Jagd auf Sie machen?«
    Ihre Lippen kräuselten sich zu einem spöttischen Lächeln. »Damit haben Sie erstens zugegeben, daß Sie Polizist sind…«
    »Was ich nicht als negativ empfinde«, fuhr ich ihr in die Parade.
    »Ansichtssache, und zweitens gibt es für mich keinen anderen Grund, wenn jemand in einer kalten Dezembernacht auf dem Golf herumfährt. Das reicht.«
    »Sie können sich den Grund nicht vorstellen. Ich aber doch. Schauen Sie doch mal zum Himmel. Da steht ein wunderschöner Mond…«
    Jetzt fühlte sie sich auf den Arm genommen, und ihr Gesicht verzerrte sich, während sie mich wie eine Katze anfauchte. »Was erlauben Sie sich, Sie…«
    Jemand flüsterte ihr etwas ins Ohr. Er war ein grober Kerl. Er hatte einen Schritt hinter ihr gestanden, wahrscheinlich ein Leibwächter. Der Mann überragte nicht nur sie, sondern auch mich. Das mußte wirklich ein Hüne sein.
    Ihr Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Marcello hat mir soeben einen guten Vorschlag gemacht. Wir könnten euch mit Stacheldraht fesseln und die Zunge aus dem Mund schneiden. Danach würden wir euch ins Meer werfen. Was sagst du dazu?«
    »Von der Mafia erwarte ich nichts anderes.« Da sie im Konjunktiv gesprochen hatte, erlaubte ich mir eine gewisse Gelassenheit, denn sie war weit davon entfernt, den Vorschlag in die Tat umzusetzen.
    »Mafia?« Jetzt lachte sie schrill. »Was ist das denn?«
    »Vor nicht langer Zeit hat mich das ein gewisser Luigi Bergamo aus Palermo ebenfalls gefragt.«
    In ihren Augen zuckte es. »Was hast du mit Bergamo zu tun?«
    »Nichts.«
    Ich gab mich ziemlich verstockt, und sie sah ein, daß sie auf diese Art nicht weiterkam. Wären wir italienische Polizisten gewesen, hätte sie vielleicht kurzen Prozeß mit uns gemacht, aber einen Mord an drei ausländischen Polizeibeamten konnte sich auch eine Frau wie La Bandita nicht erlauben.
    Sie war sowieso gut informiert gewesen. Wahrscheinlich hatte sie bei der Polizei ihre Spitzel sitzen. Der Arm dieser Banditen reicht in Neapel sehr weit.
    »Was wollten Sie auf dem Meer?«
    »Den Mond beobachten.«
    Fast erstickte sie an ihrer Wut.
    »Ist das Ihre einzige Antwort, Sinclair?«
    »Ja.«
    »Dann haben Sie sich das, was nun folgt,
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