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03 Göttlich verliebt

03 Göttlich verliebt

Titel: 03 Göttlich verliebt
Autoren: Josephine Angelini
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Atreus.
    Auch wenn Tantalus unentwegt »heiliger Krieg« geschrien und verkündet hatte, dass von jetzt an »die Scions herrschen« sollten, konnte er die Anführer der anderen Häuser damit nicht täuschen. Der Vernichtungsfeldzug vor rund zwanzig Jahren, der ein weiterer Schritt auf dem Weg in die Unsterblichkeit sein sollte, hatte zugleich als Vorwand zum Ausplündern der anderen Häuser gedient.
    Die Prophezeiung, die dieser Aktion vorausgegangen war, besagte, dass Atlantis wieder auftauchen würde, sobald ein blutiger Kampf die vier Häuser zu einem einzigen vereinte. Dem genauen Wortlaut zufolge, den Daphne sich eingeprägt hatte, würden die Scions im neuen Atlantis die Unsterblichkeit finden. Die Prophezeiung lautete nicht, dass die Scions unsterblich werden würden – es hieß nur, dass sie die Unsterblichkeit dort finden konnten. Daphne war nicht optimistisch genug, um die Unsterblichkeit für eine sichere Sache zu halten. Aber Tantalus war sich sicher und hatte diese Prophezeiung zum Vorwand genommen, die Hundert Cousins von Theben um sich zu scharen und sie auf die anderen Häuser zu hetzen.
    Soweit es Daphne betraf, war das Ganze ohnehin Unsinn, angefeuert vom Gefasel des letzten Orakels – von dem alle wussten, dass es nach seiner ersten Prophezeiung verrückt geworden war. Aber es hatte trotzdem funktioniert.
    Viele Scions überließen ihren immensen Reichtum der Plünderung durch das Haus von Theben und stellten sich tot, um dem Morden zu entgehen – unter ihnen auch Orions Eltern Daedalus und Leda. Und Daphne. Aber Daphne war nie an Geld interessiert gewesen. Allerdings hatte sie auch keine moralischen Bedenken, sich Geld zu nehmen, wenn sie welches brauchte. Andere Scions wie Orion und seine Eltern konnten sich nicht zum Stehlen durchringen und mussten sich die letzten zwei Jahrzehnte durchkämpfen, während das Haus von Theben im Luxus lebte. Die Erinnerung an jene Zeit veranlasste Daphne, Helen aufs Bett zu legen und den Ruin der feinen Seidenbezüge mit einem leisen Lächeln zur Kenntnis zu nehmen.
    Bevor Daphne Wasser und Verbandmull zum Säubern der schnell heilenden Wunden holen konnte, verschwand Helen, und eine eisige Kälte nahm ihren Platz ein. Daphne vermutete, dass Helen in die Unterwelt gegangen war, und ihre Sorge wuchs mit jeder Minute. Eigentlich war sie überzeugt, dass keine Zeit verstrich, während Helen in der Unterwelt war. Aber jetzt war sie schon so lange fort, dass Daphne sich bereits fragte, ob sie nicht doch lieber alle anderen im Haus wecken sollte. Doch bevor sie eine Entscheidung treffen konnte, tauchte Helen wieder auf. Sie roch nach der sterilen Luft der Unterwelt.
    Daphnes Zähne schlugen aufeinander, jedoch nicht vor Kälte, sondern wegen der schrecklichen Erinnerungen, die dieser Geruch in ihr wachrief. Sie war schon so oft fast gestorben, dass sie ahnte, welchen Teil der Unterwelt Helen besucht hatte. Der Geruch war nicht verbrannt genug, um aus dem Trockenen Land zu kommen, und an Helens Füßen klebte etwas getrockneter Schlamm. Das ließ Daphne vermuten, dass ihre Tochter am Ufer des Styx gewesen war.
    »Helen?«, fragte sie sanft. Sie strich ihrer Tochter übers Haar und betrachtete ihr kaltes Gesicht.
    Helen hatte bei ihrem Kampf mit Ares grauenvolle Verletzungen erlitten, aber wenn sie daran sterben würde, wäre sie bereits tot, das wusste Daphne genau. Helen musste also mit Absicht in die Unterwelt hinabgestiegen sein, vermutlich um nach ihrem gerade verstorbenen Freund zu sehen – dem Jungen, der das Pech gehabt hatte, von Automedon versklavt worden zu sein.
    Daphne war mehr als einmal auf einer ähnlichen Suche nach Ajax gewesen, aber im Gegensatz zu ihrer Tochter konnte sie die Unterwelt nicht aufsuchen, wann immer es ihr beliebte. Sie musste dem Tode nahe sein, um hinabzusteigen. Nach dem Mord an Ajax hatte sie ihr Lebenswille verlassen, aber ein Selbstmord hätte sie nicht mit ihrem geliebten Mann vereinen können. Wie Ajax musste auch Daphne im Kampf fallen, weil sie nur so in denselben Teil der Unterwelt gelangen konnte, in dem er war. Nur Helden kamen auf die Elysischen Felder. Und Selbstmörder landeten wer weiß wo. Sie hatte sich in jeden ehrenvollen Kampf gestürzt, der sich ihr bot. Sie hatte andere Scions in ihren Verstecken aufgespürt und selbstlos die Schwachen und Kinder verteidigt – unter ihnen auch Orion, als er noch ein kleiner Junge war. Viele Male war Daphne in einer dieser Schlachten beinahe getötet worden, hatte die
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