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0291 - Medusas Höllenschwester

0291 - Medusas Höllenschwester

Titel: 0291 - Medusas Höllenschwester
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zu Boden. Manu schmiegte sich eng an Bill. Sie genoß seine streichelnden Hände. »Du bist so verdammt unromantisch«, klagte sie. »Hast du keine blumigeren Erklärungen?«
    »Die Wissenschaft ist nüchtern und trocken«, bemerkte Bill und verschloß ihren protestierenwollenden Mund mit seinen Lippen.
    Er wollte gerade im Werk fortfahren, als jemand an die Tür hämmerte.
    »O nein«, flüsterte er grimmig. »Nicht jetzt, verdammt!«
    Wangs Stimme kreischte in höchster Tonlage.
    »Mistel Fleming, komm schnell! Willies und Miß Sandelson sind tot!«
    Bill glaubte, der Schlag träfe ihn.
    ***
    Außer Atem kamen Wang, Bill und Manu am Tempel an. Manu hatte nicht einmal mehr nach ihrer Bluse gegriffen, schien nicht einmal zu merken, daß sie nur noch Schuhe und Shorts trug.
    »Stop«, sagte Tendyke scharf. »Gefahr!«
    Bill starrte ihn, dann die Marmorfigur an, die bislang noch nicht an diesem Platz gestanden hatte. Dann fielen ihm fast die Augen aus dem Kopf.
    »Cheryl Sanderson…?«
    »Ja«, sagte Tendyke rauh. »Sie ist es, verdammt noch mal.«
    Die Marmorfigur war Cheryl Sanderson! Wie ein hundertprozentiger perfekter Abguß, naturgetreu nachgeformt. Aber alles aus Marmor, selbst die Wimpern, Haare und Fingernägel. Trotz des Grauens, das ihn erfaßte, mußte Bill die Präzision und die Feinheit bewundern. Marmor in Haarstärke… filigrane Fäden, unnachahmlich fein ausgebildet…
    Nur die Kleidung war nicht versteinert. Sie umgab die Marmorfigur wie vorher die lebende Cheryl Sanderson.
    Bill schluckte und sah Tendyke fragend an. »Willies?«
    Der Mann aus Florida machte eine Kopfbewegung. »Nebenan im Raum… halt! Du gehst nicht hinein, du schaust auch nicht um die Ecke.«
    »Warum?« fuhr Bill auf.
    »Weil sie da drin ist. Cheryl und Jok sind ihr zum Opfer gefallen. Willst du der nächste sein?«
    »Wer - sie?«
    Tendyke tippte mit spitzen Fingern an die versteinerte Wissenschaftlerin.
    »Medusa«, sagte er.
    ***
    Schwester aus ferner Vergangenheit, dich suche ich. Wo bist du? Kannst du mich hören, so antworte, auf daß wir uns finden und gemeinsam herrschen wie in den alten Zeiten!
    Euryale, wo hältst du dich auf?
    Bist du erwacht, oder schläfst du noch? So muß ich dich erst recht finden und dich zu neuem Leben erwecken.
    Ich brauche Diener, viele Diener, die mir ihre Kraft geben und die ich aussenden kann. Sie werden mir dienen, schon aus Furcht.
    Euryale, wo bist du, Schwester?…
    So hatte einst der Ruf gelautet, der schnell wie Gedanken durch das Nichts eilte.
    In ferner Vergangenheit waren sie drei gewesen: Medusa, Stheno und Euryale, die drei Gorgonen mit dem Schlangenhaar, bei deren Anblick Menschen zu Stein wurden. Dann kam Perseus, der Medusa erschlug, und dann kam die Zeit, die sie in Vergessenheit geraten ließ…
    Stheno war als miniaturisierte, unterarmlange Marmorfigur nach Neapel gekommen. Dort erwachte sie und rief nach ihrer Schwester. Doch Euryale konnte noch nicht antworten. Weil sie ihre normale Körpergröße behalten hatte, währte ihr Erwachen länger, viel länger. Erst jetzt war es so weit, daß sie aktiv werden konnte.
    Doch für Stheno, ihre Gorgonenschwester, war es zu spät. Stheno würde nie mehr herrschen können. Denn so wie Perseus Medusa erschlug, so vernichtete ein Mann namens Zamorra Stheno.
    Nun endlich wurde Euryale handlungsfähig, die es in einen Waldtempel an der tunesischen Küste verschlagen hatte. Und Euryale wußte, daß Stheno so tot wie Medusa war. Sie hatte das Sterben ihrer Schwester miterlebt, ohne helfend eingreifen zu können.
    Jetzt wurde sie nur noch von zwei Gefühlen beherrscht: von Haß auf die Menschen und dem brennenden Wunsch nach Rache.
    Rache für Stheno.
    Rache an - Professor Zamorra!
    ***
    Wang, in europäischer Mythologie nicht gerade unbewandert, tippte sich an die Stirn und schüttelte den Kopf, daß der traditionelle Zopf hin und her flog. »Du spinnst, Mistel Tendyke«, verkündete er düster. »Medusa tot. Bekam von Pelseus Kopf abgeschlagen. Hast du nicht aufgepaßt in Schule?«
    Bill Fleming preßte die Lippen zusammen. Er ließ seine Hand über die Marmorflächen gleiten. Cheryl Sanderson, so unglaublich perfekt nachgebildet… nein, nicht nachgebildet. Sie war es! Sie war versteinert, weil sie die Gorgone gesehen hatte…
    Er fühlte, wie seine Nackenhaare sich aufrichteten.
    »Zamorra erzählte da vor einiger Zeit etwas«, sagte er nachdenklich. »Er hatte es mit einer Meduse zu tun… Stheno nannte sie sich wohl. Und Zamorra
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