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0286 - Als der weise Merlin starb

0286 - Als der weise Merlin starb

Titel: 0286 - Als der weise Merlin starb
Autoren: Manfred Weinland
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kein Londoner etwas von Calvany gehört. Der Ort sah verboten aus. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit sah man keinen Bewohner mehr auf der Straße. Selbst der einzige Pub im Dorf hatte seine Öffnungszeiten danach ausgerichtet, aber er war ohnehin uninteressant für Peter, da es dort kein anständiges Bier gab, bestenfalls Wasser mit Geschmack.
    Manchmal fragte sich Peter selbst, wie er auf den Gedanken kommen konnte, von Wales hierher zu ziehen. Aber die Antwort war ihm klar: Er brauchte diese Einsamkeit für seine Arbeit ebenso wie die sonnabendlichen Ausflüge in die Nachbarschaft und die damit verbundenen Trinkgelage. Überdies war er ledig, hatte keine feste Freundin, die Ansprüche stellen konnte, und lebte als Junggeselle ganz gut von seinem Schreibtalent. Er war kein genialer Schriftsteller, aber er versorgte allwöchentlich mindestens ein halbes Dutzend britischer Zeitschriften und Journale mit netten Kurzgeschichten, die ihm ohne große Mühe von der Hand gingen. Er gehörte zu den Leuten, die sich ohne vorherige Idee an die Schreibmaschine setzen konnten und dann loslegten. Die Einfälle sprudelten dann regelrecht aus ihm heraus.
    Die Leute im Ort hielten ihn für einen kauzigen Sonderling. Daß jemand sein Brot damit verdiente, erfundene Geschichten niederzuschreiben, war ihnen nicht ganz geheuer und nötigte ihnen weder Respekt noch Freundlichkeit ab.
    Peter Banshee lebte ziemlich isoliert im Ortskern von Calvany, direkt an der Hauptstraße - aber das taten eigentlich alle Dorfbewohner, da es nur eine einzige Straße gab.
    Er hatte das alte Bauernhäuschen günstig erstanden. Ein großer Hof und ein, allerdings verwilderter, Garten gehörten dazu. Ebenso eine Scheune und ein Geräteschuppen. Beide standen leer. Die Räume des Hauses hatte Peter nie gezählt; er nutzte nur drei Zimmer: Arbeitszimmer, ein kombiniertes Wohn-Schlafzimmer und die Küche. Und das Bad natürlich. Alle übrigen Räume betrat er so gut wie nie. Sie standen voll mit altem Gerümpel und Möbelstücken des Vorbesitzers, die die Hinterbliebenen nach dessen Tod zurückgelassen hatten.
    Das Dorf lag in völliger Dunkelheit.
    Elektrische Straßenlampen gab es nicht. Die Autoscheinwerfer waren die einzige Lichtquelle, die sich ihren Weg durch die mondlose Finsternis bahnte.
    Rechts, zwischen zwei weit auseinanderstehenden Häusern, etwas zurückgesetzt, tauchte das alte Gehöft auf.
    Peter Banshee nahm den Fuß vom Gas und lenkte den Wagen behutsam über den mit Schottersteinen aufgefüllten Vorhof.
    Wenige Meter vor der Haustür brachte er das Auto zum Halten.
    Obwohl er erleichtert hätte sein müssen, daß er endlich zuhause angekommen war, beschlich ihn plötzlich ein merkwürdiges, ungutes Gefühl.
    Er hatte mit einem Mal den Eindruck, nicht mehr allein zu sein.
    Die Gnomenfigur auf dem Beifahrersitz kam ihm in den Sinn.
    Er blickte nach links…
    …und war tot -
    ***
    Er war ein Mann mit Gespür für bestimmte Dinge. Man konnte es auch Intuition nennen. Wenn das Telefon läutete, wie es jetzt läutete, dann zog Unheil herauf, dann lag etwas in der Luft.
    Dachte er.
    Und er hatte recht.
    »Liebling… Telefon!« rief Nicole Duval in einem Tonfall, den er ebenfalls kannte und zu deuten wußte…
    »Bin nicht da!« knurrte er ungnädig von der Ruhecouch hinüber zum Schreibtisch, wo Nici gerade Sekretärin spielte.
    Die schüttelte den Kopf.
    »Irrtum, mein Lieber. Erstens ist es Babs, und zweitens hat Raffael, der das Gespräch durchgestellt hat, sie schon darüber aufgeklärt, daß der Schloßherr gerade Siesta macht. Willst du jetzt freiwillig aufstehen, oder muß ich etwas nachhelfen…?«
    Zamorra brummte etwas Unverständliches in den Bart und erhob sich schweren Herzens. In Gedanken verfluchte er zum fünfhundertsten Mal die Erfindung des Telefons und den Einfall, sich eine Couch ausgerechnet ins Arbeitszimmer zu stellen, wo er doch nie die entsprechende Ruhe hatte. Entweder läutete es, oder Nici war da.
    Momentan wußte er nicht, was schlimmer war.
    »Zamorra!« schnaubte er in die Muschel, während er angestrengt darüber nachdachte, welche Babs Nicole meinte. Dann, im selben Augenblick, als er die Stimme aus der Muschel hörte, fiel ihm ein, daß er nur eine Babs kannte.
    »Kerr…« murmelte er unwillkürlich.
    »Der auch«, sagte die fröhliche Stimme am anderen Ende so klar und deutlich, daß man kaum glauben konnte, daß mindestens der Ärmelkanal zwischen ihnen lag.
    »Aber zunächst einmal spricht hier die beste all
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