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0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt

0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt

Titel: 0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt
Autoren: Jason Dark
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blieb sie einfach liegen. In ihrem Kopf hämmerte und brauste es. Das Blut schien zu einem rauschenden Fluß geworden zu sein, der durch ihre Adern brauste, die Angst steigerte sich ins Unermeßliche, und Franca war chancenlos.
    Nicht nur das Blut rauschte in ihrem Kopf, sie hörte auch noch ein anderes Geräusch.
    Ein dumpfes Brausen, ein Klatschen der breiten Schwingen.
    Der Monstervogel kam…
    Franca warf sich auf den Rücken. Sie wollte sehen, ob sie sich getäuscht hatte. Es war nicht der Fall, denn plötzlich schwebte der Vogel über ihr.
    Wie angelehnt stand er in der Luft. Seine Flügel bewegte er nur an den Enden, die erbarmungslosen Augen fixierten das auf der weichen Erde liegende Mädchen. Die Zunge schnellte vor und zurück, während Franca ihre Arme ausbreitete und mit ihren Händen jeweils die senkrechten Stäbe der Kreuze zu fassen bekam.
    Das Holz fühlte sich seltsam warm an, als würde Leben in ihm stecken.
    Auf einmal waren die Stimmen da.
    Flüsternde, wispernde Stimmen, die von allen Seiten auf sie eindrangen.
    Sie riefen ihren Namen.
    »Franca!« so zischelte es. »Franca Mundi. Auch du wirst bald zu uns gehören, der Totenvogel holt dich. Die Erde ist verändert. Das Grauen steigt empor, der Alte ist nicht vergessen. Er sorgt dafür, daß der Friedhof gefüllt wird. Komm zu uns, Franca, komm her…«
    »Nein!« keuchte sie. »Nein, ich will nicht.« Sie schüttelte den Kopf. Ihre langen Haare schlugen auf der Erde hin und her. Sie bekam Dreck ins Gesicht. Er klebte an ihren Wangen. Sie spürte die Feuchtigkeit des Bodens, und es gelang ihr mit letzter Kraft, sich in die Höhe zu wuchten.
    Darauf hatte der unheimliche Totenvogel gewartet.
    Wie ein Pfeil stieß er hinab.
    Plötzlich konnte Franca nichts mehr sehen. Ihr Blickfeld wurde von dem Vogel eingenommen. Sie sah noch einmal die gewaltige Zunge, die ihr entgegenschnellte und die immer länger zu werden schien.
    Wie eine Schnur war sie.
    Und sie wickelte sich um den schmalen Hals des Mädchens. Franca spürte den heftigen Ruck. Im Bruchteil einer Sekunde wurde ihr die Luft abgeschnürt, und eine gewaltige Kraft riß ihren Oberkörper in die Höhe.
    Fast gelangte sie dabei in eine sitzende Stellung.
    Als es soweit war, da jagte der Schnabel wie die gekrümmte Spitze eines Messers nach unten.
    Francas Leben erlösch im nächsten Augenblick. Sie hörte auch nicht mehr die Stimmen, die wisperten: »Jetzt gehörst du uns, Mädchen. Endlich.«
    Das folgende leise Lachen der unheimlichen Geisterstimmen verwehte mit dem Nachtwind…
    ***
    Wo die Gassen so eng waren, daß kein Wagen mehr hindurchpaßte, wohnte der Mann, den wir besuchen wollten. Auf der Fahrt zu ihm hatte uns der Kommissar auch seinen Namen verraten.
    Er hieß Bricci!
    Ein anerkannter Wissenschaftler war er nicht. Wohl ein Mann, der Land und Leute kannte und sich mit seinen 70 Jahren schon überall auf der Insel herumgetrieben hatte. Viele Menschen holten sich bei ihm Rat. Es waren die Bauern aus den Bergen, die Menschen aus der Stadt, selbst Mafiosi hatten schon den Weg zum alten Bricci gefunden.
    Wir hatten das Fahrzeug stehenlassen müssen. Auf einem kleinen Platz in der Altstadt, nahe eines malerischen Brunnens, und der Kommissar hoffte, daß man ihm den Fiat nicht klaute. Da half auch nicht das Polizeischild, das hinter der Frontscheibe klebte.
    »Manche machen sich einen Spaß daraus, den Wagen eines Polizisten zu stehlen«, erklärte er uns. »Kennen Sie das? Waren Sie schon einmal in Sizilien?«
    Ich nickte. »Wir waren schon hier.« Dabei dachte ich an den Fall der schwarzen Engel. [1]
    »Und?«
    »Nichts und. Wir sind nach London zurückgekommen.«
    Palazzo nickte. »Das wünsche ich Ihnen jetzt auch.«
    Ich wunderte mich in den südlichen Ländern immer über die Männer, die tagsüber vor ihren Häusern saßen und diskutierten. Zu arbeiten brauchten sie wohl nicht, jedenfalls brachten sie immer viel Zeit mit.
    Außerdem ist Sizilien ein Entwicklungsland, maß man es mit europäischen Maßstäben. Diese Tatsache begegnete uns auf Schritt und Tritt. Viele Besucher finden die Altstadt von Palermo als malerisch.
    Vielleicht muß man hier Urlaub machen, um so etwas zu denken. Ich jedenfalls sah überall den Verfall.
    Die Gassen waren sehr eng. Oft stiegen sie steil an. Da gab es dann Treppen mit breiten Stufen. Hin und wieder sahen wir steinerne Brücken, die über der Straße her Häuser miteinander verbanden. Wie bunte Fahnen flatterte oft genug die Wäsche über unseren
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