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0244 - Der Eulenmann

0244 - Der Eulenmann

Titel: 0244 - Der Eulenmann
Autoren: Werner Kurt Giesa
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lag wirklich jemand. Ein Mädchen. Aber der Körper hörte an den Schultern einfach auf. Darüber war nichts mehr.
    Zamorra schluckte. Er fühlte, wie sich eine Gänsehaut bildete. Vorsichtig sah er sich um. Was ging hier vor? War das das Mädchen, das am Lenkrad des R 5 saß?
    »Hallo!« rief er wieder. »Ist hier jemand?«
    Langsam ging er auf die Leiche zu, schob sich mit gemischten Gefühlen daran vorbei in den Hauseingang. »Ist hier jemand?« wiederholte er.
    Immer noch blieb alles still.
    Zamorra sah sich in der großen Diele um. Ein paar Türen standen offen. Auf eine davon ging er zu. Dahinter war es dunkel.
    Aber aus dem Dunkel schnellte sich plötzlich eine schwarze Gestalt. Zamorra sah ein Gewehr, das sich auf ihn richtete, und hörte das trockene Knacken.
    Dann brüllte ihm der Schuß entgegen.
    ***
    Der weiße Cadillac mit dem ehrfurchtgebietenden Haifischmaulgrill und den ausladenden Heckflossen rollte flüsternd durch die Nacht. Nicole saß entspannt zurückgelehnt hinter dem Lenkrad und genoß die Fahrt. Selbst das Verdeck des Cabrios war so perfekt konstruiert, daß kaum Windgeräusche aufkamen. Die Stereo-Anlage war leise gestellt und ließ verträumte Harfenklänge ertönen.
    Nicole Cuval war in den Wagen vernarrt. Der stammte noch aus einer Zeit, in der Autos wie richtige Autos aussahen und nicht wie Schuhkartons auf Rädern, und wenn man mal ein Haltverbotschild antickte, blieb nicht einmal ein Kratzer zurück, wo moderne Wägelchen sich gleich fürchterlich zusammenfalteten. Darüber konnte Nicole nur verächtlich die Nase rümpfen. Zudem bot dieser Wagen einen Fahrkomfort, der seinesgleichen suchte, und ungemein viel Platz.
    Beim Einparken in einem Land der Kleinwagen benötigte er natürlich auch meist zwei Stellflächen, und an der Tankstelle schlug Monsieur Henri jedesmal die Hände über dem Kopf zusammen, weil er stets fürchtete, gar nicht genug Benzin im Lager zu haben. Was scherte es Nicole, daß der Wagen, wenn man die weit über dreihundert PS aus über sieben Litern Hubraum mal richtig auskitzelte, seine dreißig bis fünfunddreißig Literchen soff? Sie stand auf dem Standpunkt, daß, wer nichts verbraucht, auch nichts leistet. Und wenn man so dezent mit achtzig über die Straße schlich, begnügte sich der Dinosaurier auch mal mit knapp über zehn Liter.
    Dafür war es ein Genuß, dahinzuschweben.
    Deshalb ließ sie sich Zeit, um auch richtig in den Genuß der Nachtfahrt zu kommen. Am liebsten hätte sie das Verdeck zurückgeklappt, um Mondschein und Sternenhimmel zu bewundern, aber dazu war es doch noch ein bißchen früh in der Jahreszeit. Auch wenn die Nacht relativ mild war.
    Sie wußte, daß sie spät dran war. Aber sie war auch spät abgefahren. Fast zu lange hatte sie überlegt, welches Kleid aus ihrer neuesten Sammlung sie Zamorra zum Begrüßungsschreck vorführen sollte, und die Anproben der edlen Fetzen kosteten Zeit. Inzwischen war die Sache entschieden, und Nicole kam ihrem Ziel immer näher. Das kleine Nest war nur noch ein paar Kilometer entfernt.
    Hoffentlich war Zamorra nicht schon zu müde. Schließlich wollte sie die Tour ja nicht umsonst gefahren sein.
    Nach Grand-Vemay, das seinen Namen eigentlich zu Unrecht trug, und Imphy atmete Nicole auf, weil nach den nächsten paar Kilometern das Kaff St. Eloi kommen mußte, wahrscheinlich auch nur mit drei Häusern, vier Spitzbuben, einer Schänke und einer Kirche. Warum nächtigte Zamorra nicht in Nervers? Da gab es mit Sicherheit mehr Komfort. Andererseits war er in einem solchen kleinen Dörfchen leichter ausfindig zu machen.
    So weit war Nicole in ihren Gedanken gekommen, als sie vor sich einen dunklen Schatten zu sehen glaubte, der mit atemberaubender Geschwindigkeit direkt auf den Wagen zujagte.
    Sekundenlang vibirierte die Windschutzscheibe eigenartig, und Nicole glaubte ganz an der äußersten Grenze des Hörbarkeitsbereiches einen schrillen Laut zu vernehmen.
    Und wie schnell das Dunkle heranjagte!
    Ein tieffliegendes Flugzeug?
    Nein… das war etwas anderes…
    Und da war es auch schon direkt vor ihr und griff den Wagen an!
    Das Grauen war da…
    ***
    Zamorra warf sich blitzschnell zur îite. Er hörte, wie das heiße Blei haarscharf an seinem Ohr vorbeipfiff. Dann wuchtete er sich nach vom und auf den Mann zu, ehe er ein zweitesmal abdrücken konnte. Der Professor schmetterte die Hand gegen den Gewehrlauf, schlug ihn zur Seite, und rammte den Mann mit seinem eigenen Körpergewicht in das Zimmer zurück, aus
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