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0230 - Im Land der Unheils

0230 - Im Land der Unheils

Titel: 0230 - Im Land der Unheils
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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Vertrag…«
    »Ich weiß. Trotzdem.«
    »Dann sprich!«
    Der Mann schwieg einen Moment. Als er dann antwortete, zitterte seine Stimme, als bereite es ihm unendliche Mühe, die wenigen Worte auszusprechen. »Ich will, daß du einen Menschen tötest!«
    »Einen Menschen! Einen ganz gewöhnlichen Menschen? Und dafür…«
    »Ja, dafür!« schrie der Mann. »Ich will, daß du ihn tötest! Er hat mich geschlagen! Ihm habe ich meine Niederlage zu verdanken! Töte ihn! Bring ihn um, und ich zeige dir den Weg hinüber!«
    »Das wirst du ohnehin müssen, wenn ich diesen Menschen töten soll.«
    »Natürlich. Aber ich vertraue deinem Wort.«
    »Du hast wohl auch keine andere Wahl«, sagte der Schwarzgekleidete leise. Er schüttelte den Kopf. »Menschen«, stieß er abfällig hervor. »Menschen und ihre Gefühle. Dir ist jedes Opfer recht, wenn es dir nur hilft, deine alberne Rache zu vollziehen.«
    »Das ist mein Problem«, schnappte der Mann. »Nimmst du an?«
    »Natürlich. Der Handel ist perfekt. Eine Welt gegen ein Menschenleben. Ich muß gestehen, daß ich nicht oft zu solch guten Geschäften komme. Zeige mir den Mann, den ich töten soll!«
    Der Mann konzentrierte sich. Vor seinem innerem Auge entstand das Bild eines schlanken, dunkelhaarigen Mannes von unbestimmbarem Alter.
    »Das ist er?«
    Der Mann nickte. Schweiß perlte auf seiner Stirn. »Ja«, flüsterte er. »Das ist er.« Seine Stimme bebte selbst jetzt vor Haß. »Geh jetzt. Das Tor ist offen. TÖTE ZAMORRA!«
    ***
    Er sah von dem Schriftsatz auf, über dem er die letzten zwei Stunden gebrütet hatte, gähnte hinter vorgehaltener Hand und fuhr sich müde mit Daumen und Zeigefinger über die Augen. Die Luft in dem kleinen Arbeitszimmer roch abgestanden; nach kaltem Rauch und Kaffee, den er in den letzten Stunden literweise in sich hineingekippt hatte. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - brummte ihm der Schädel. Er warf einen letzten, wehmütigen Blick auf das beschriebene Papier vor sich, seufzte hörbar und stand auf, um langsam zum Fenster zu gehen. Die getönten Butzenscheiben färbten das Sonnenlicht und tauchten die Landschaft draußen scheinbar in ein Meer von roten und orangegelben Farben- Er legte den Riegel um, zog die Fensterflügel weit auf und stützte sich auf dem schmalen Fenstersims ab. Die kühle Luft, die von draußen hereinströmte, half ein wenig, den Wust hinter seiner Stirn zu vertreiben. Vermutlich hatte Nicole recht; er arbeitete zuviel, besonders in letzter Zeit. Aber auf seinem Schreibtisch häufte sich die Arbeit, und die zahlreichen Reisen, die er immer wieder unternahm, halfen ihm auch nicht gerade dabei, damit fertig zu werden.
    Es klopfte, und Sekunden später wurde die Tür geöffnet, ohne daß er Zeit gefunden hätte, zu antworten. Nicole betrat den Raum. Sie schob die Tür hinter sich zu, warf einen Blick auf den überladenen Schreibtisch und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
    »Du arbeitest einfach viel zuviel«, sagte sie tadelnd.
    »Was ist?« fragte Zamorra.
    Nicole zuckte beinahe unmerklich die Achseln. »Nichts, eigentlich«, antwortete sie. »Bill ist gerade angekommen. Du könntest das als Anlaß nehmen und eine kleine Pause machen. Vielleicht einen Kaffee mit uns trinken.« Sie schlenderte zum Tisch, warf einen flüchtigen Blick auf das engbekritzelte Manuskriptblatt, über dem er gesessen und mit seiner kleinen, sauberen Handschrift Korrekturen eingetragen hatte, schüttelte abermals den Kopf und schlug den Ordner mit einer bestimmten Bewegung zu. »Du übertreibst«, stellte sie fest.
    Zamorra lächelte flüchtig. »Möglich«, murmelte er. »Aber hätte ich eine Sekretärin, die acht Stunden am Tag für ihr Gehalt arbeitet, statt mein sauer verdientes Geld mit beiden Händen zum Fenster hinauszuwerfen, hätte ich es leichter, weißt du?«
    Nicole zog es vor, die Spitze zu überhören. Mit ein paar raschen Schritten kam sie zu ihm hinüber, legte die Arme um seinen Hals und schmiegte sich eng an ihn. »Wenn wir schon einmal ein Wochenende zuhause sind, dann könntest du wenigstens die Höflichkeit aufbringen und Arbeit Arbeit sein lassen und dich mir widmen. Oder wenigstens so tun.«
    Zamorra machte sich mit sanfter Gewalt los, ging zum Tisch und blätterte auf den Papieren, die sich auf der überladenen Platte stapelten.
    »Bill ist kein Besuch«, stellte er fest, »sondern ein guter Freund, der genau weiß, daß ich nur soviel arbeite, um mir eine teure Sekretärin zu halten. Wahrscheinlich die teuerste in
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