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0225 - Das Lavamonster

0225 - Das Lavamonster

Titel: 0225 - Das Lavamonster
Autoren: Werner Kurt Giesa
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lauerte. Jetzt erst erkannte sie, wo sie war: direkt am Rand der Autostrada von Salerno nach Neapel, die zwischen Vesuv und Küste entlangführte. Sie mußte sehr weit gelaufen sein, vorbei an dem nächtlich schlafenden Boscoreale. Wie lange war sie überhaupt schon vor dem Monstrum auf der Flucht?
    »He!« rief die langhaarige Frau. »Du kannst doch nicht einfach verschwinden…«
    Der Mann konnte!
    Lucia sah einen großen Wagen anfahren und in Richtung Neapel davonjagen.
    »Mistkerl, dreckiger«, murmelte die Langhaarige neben ihr. »Na gut, dann müssen wir die Sache eben anders in den Griff bekommen. Halte dich gut an mir fest und mach einen Schritt vorwärts!«
    Etwas Beruhigendes ging von der Fremden aus, eine Ausstrahlung, die gut war und Schutz und Geborgenheit versprach, etwas, das Lucia nicht einmal bei Salvatore kennengelernt hatte.
    Zum ersten Mal in ihrem siebzehnjährigen Leben fühlte sie sich richtig geborgen.
    Ohne zu begreifen, was mit ihr geschah, folgte sie der Aufforderung der Fremden und machte einen Schritt vorwärts.
    Und stieß übergangslos gegen eine Bettkante. Mit einem überraschten Aufschrei fiel sie auf die weiche Überdecke!
    ***
    Mit einem leichten Schlag auf die Taste schaltete Professor Zamorra den Fernsehapparat aus. »Ich werde mich bei der Hotelleitung beschweren«, sagte er mit todernstem Gesicht. »Da setzt man sich mit den größten Erwartungen vors Nachtprogramm, und was kommt? Nachtprogramm!«
    Nicole Duval feixte unverschämt.
    »Erstens kommt es immer anders, und zweitens, als man denkt«, stellte sie fest. »Das kommt davon, wenn du mit meinem Nachtprogramm nicht mehr zufrieden bist…«
    »Wer sagt denn das?« fuhr Zamorra auf, griff nach Nicole, küßte sie und deponierte sie dann äußerst malerisch auf dem breiten Bett des luxuriösen Doppelzimmers. Nicole entwand sich seinem blusenöffnenden Zugriff aber sofort wieder.
    »Nee, nee, mein Lieber. Erst mal klären wir die Sache mit dem Nachtprogramm.«
    Zamorra seufzte.
    In irgend einer Zeitung hatte er vor einiger Zeit die Meldung aufgeschnappt, daß es in Italien, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, private Fernsehsender gab, die zu nachmitternächtlicher Stunde Programme ausstrahlten, die alles andere als jugendfrei waren. Und so beschloß er, gemeinsam mit Nicole bei seinem derzeitigen Aufenthalt in Neapel diese Zeitungsmeldung auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.
    Aber von den rund zwölf Kanälen, die er nacheinander durchprobierte, zeigten sieben das Testbild und fünf Märchenstunde, Western oder Krimis, die so blödsinnig gemacht waren, daß man nicht hinsehen konnte. Entweder war die Zeitungsmeldung eine Ente im Albatros-Format, oder die Hotelleitung hatte den entsprechenden Kanal blockiert, um Sitte und Moral ihrer Gäste zu schützen.
    »Kein Wunder, daß die Italiener immer auf das italienische Fernsehen schimpfen«, murmelte er.
    »Schimpfen wir Franzosen nicht auch immer auf unser französisches Fernsehen?« fragte Nicole gelassen zurück und umarmte den sich knisternd abkühlenden Apparat spielerisch.
    »He, das ist Verschwendung!« protestierte Zamorra. »Ich bin auch noch da!« Auffordernd breitete er die Arme aus.
    »Nun ja«, murmelte Nicole wenig überzeugt, kam dann aber doch der Aufforderung nach. »Gewohnheit, reine Gewohnheit und sonst nichts«, log sie und ließ sich küssen.
    Diesmal entfleuchte sie nicht, als Zamorra sie zu sich auf das Bett zog.
    Gegen Morgen waren sie per Flugzeug eingetroffen. Jemand bot eine Schriftrolle zum Kauf an, die der Behauptung nach aus der Bibliothek der legendären Sibylle von Cumae stammen sollte. Kostenpunkt: Zwei Milliarden Lire!
    Wenn diese Rolle wirklich so alt war, war sie ihr Geld wert, bloß glaubte Zamorra nicht daran, weil er doch selbst dabeigewesen war, als eben diese Bibliothek im Höllenfeuer verbrannte. Auch die letzte Schrift war ein Raub der Flammen geworden, ehe Zamorra aus altrömischer Vergangenheit wieder in seine eigene Zeit zurückkehrte und dabei dem Spuk eines geheimnisvollen Hellsehers ein Ende bereitet hatte, der mit Hilfe der Sibylle, der verschlagenen alten Zauberin und Teufelstochter, aus der Vergangenheit heraus zuschlagen und die Gegenwart erobern wollte.
    Aber dieser Hellseher Domdanar hatte ebenso wie die umfangreiche Bibliothek der sibyllinischen Bücher im Jahr 83 vor Christus durch Zamorras Hand ihr Ende gefunden und war damit für den Meister des Übersinnlichen gleich in zweifacher Hinsicht
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