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0176 - Der Pestvogel

0176 - Der Pestvogel

Titel: 0176 - Der Pestvogel
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Arbeit annehmen müssen, aber das wollte er nicht.
    Das Taxi hielt vor der Villa, die Mock dem Fahrer - einem grauhaarigen, dickbäuchigen Mann zeigte. Der Küster bezahlte den Fahrpreis und stieg aus. Auf sein Klingeln öffnete ihm Vladek Rodensky sofort.
    »Manfred!« rief der Brillenfabrikant erfreut aus. »Daß man dich wieder einmal sieht! Komm rein! Komm doch herein!«
    Der Küster betrat das geschmackvoll eingerichtete Haus. Er ging mit Rodensky ins Wohnzimmer.
    »Setz dich«, sagte der Brillenfabrikant freundlich. »Möchtest du etwas trinken?«
    Mock nahm Platz. »Einen Kognak, bitte«, sagte er.
    Rodensky füllte zwei Gläser. »Du hast dich sicherlich verirrt«, sagte er aufgekratzt. »Seit drei Jahren warst du schon nicht mehr hier, treulose Seele. Wie geht es dir? Was macht Adele?«
    Der Küster senkte den Blick.
    »Ist etwas mit Adele?« fragte der Brillenfabrikant sofort und reichte dem Freund das Glas. »Geht es ihr nicht gut? Kann ich euch irgendwie helfen?«
    »Adele ist krank«, sagte Mock.
    »Was hat sie?«
    »Fieber.«
    »Nur Fieber?«
    »Ja, aber seit sechs Tagen schon.«
    »Woher kommt es?«
    »Unser Hausarzt weiß es nicht.«
    »Dann wechsle den Arzt.«
    »Er hat empfohlen, Adele in ein Krankenhaus einzuweisen, aber sie will in keine Klinik, und ich möchte mich nicht über ihren Willen hinwegsetzen.«
    »Soll ich meinen Arzt bitten…«
    Mock schüttelte den Kopf. »Dr. Mayer tut, was er kann.« Der Küster leerte den Schwenker auf einmal.
    »Willst du noch einen Kognak?« fragte Vladek Rodensky.
    »Nein, danke. Der Grund, weshalb ich zu dir komme, ist folgender«, sagte Manfred Mock, und dann erzählte er vom Röcheln, Stöhnen und Kratzen, das er gehört hatte, und von dem riesigen schwarzen Vogel, der aus der düsteren Kirchennische aufgestiegen und weggeflogen war. Ein Totenvogel, den kurz darauf Adele auf dem Fenstersims sitzen gesehen hatte.
    »Er will Adele holen«, sagte der Küster leise. »Er ist bestimmt ein Höllenwesen. Ich will Adele nicht verlieren, Vladek. Du hast doch einen Freund. Er lebt in London und war schon einige Maie in Wien. Du weißt, wen ich meine. Diesen Dämonenjäger.«
    »Tony Ballard«, sagte Vladek Rodensky und nickte ernst. »Du hast recht, Manfred. Der Dämonenhasser sollte sich um diesen unheimlichen Vogel kümmern. Ich werde ihn anrufen, und du kannst sicher sein, daß er nach Wien kommen wird, wenn ich ihn darum bitte.«
    Der Küster atmete auf. Er erhob sich.
    Rodensky blickte ihn erstaunt an. »Du gehst schon wieder?«
    »Ich muß. Adele ist allein zu Hause.«
    »Grüß sie von mir, und mach dir um sie keine Sorgen. Tony Ballard wird dem Totenvogel sämtliche Federn ausrupfen, darauf kannst du dich verlassen.«
    Manfred Mock verließ die Villa des Brillenfabrikanten.
    »Ich melde mich bei dir«, rief ihm Rodensky nach, dann schloß er die Tür und eilte zum Telefon. Er wählte die ellenlange Nummer, die er im Kopf hatte. In London läutete es im Hause Chiehester Road Nummer 22.
    Und dann eine sympathische Mädchenstimme: »Hallo!«
    »Vicky?«
    »Ja«, antwortete die Schriftstellerin Vicky Bonney, Tony Ballards Freundin. »Wer spricht?«
    »Hier ist Vladek.«
    Am anderen Ende der langen Leitung ein erfreuter Aufschrei.
    »Vladek. Das ist aber nett, daß du anrufst. Wie geht es dir denn?«
    »Prächtig, und dir?«
    »Viel Arbeit.«
    »Ja, ja, der Erfolg macht einen zum Sklaven. Ist Tony da? Ich müßte ihn dringend sprechen.«
    »Was gibt's denn?«
    »Hier in Wien treibt ein riesiger Totenvogel sein Unwesen. Der einzige Mann, der diesem Spuk ein schnelles Ende bereiten kann, ist Tony Ballard.«
    »Bedauerlich«, sagte Vicky Bonney. »Tony ist nicht in London, Vladek.«
    »Verdammt noch mal, wo treibt der alte Gauner sich denn herum?«
    »Er ist in New York. Ein schwieriger Fall. Er steckt mittendrin…«
    »Wohnt er bei Frank Esslin?«
    »Ja, einen Augenblick, ich gebe dir die Nummer.«
    »Nicht nötig, die habe ich aufgeschrieben.«
    »Hoffentlich kann Tony dir helfen.«
    »Das hoffe ich auch. Nicht böse sein, daß ich mich nicht länger mit dir, unterhalte, Vicky, aber die Zeit: drängt.«
    »Das sehe ich ein.«
    »Ich rufe dich in ein paar Tagen noch mal an.«
    »Okay. Aber vergiß es nicht.«
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte Vladek Rodensky und drückte auf die Gabel. Dann ließ er den Schuber des Telefonverzeichnisses ratschen. Bei E klappte es auf, und Augenblicke später tippte Vladek Rodensky die New Yorker Nummer des WHO-Arztes Frank Esslin in
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