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0176 - Der Pestvogel

0176 - Der Pestvogel

Titel: 0176 - Der Pestvogel
Autoren: Friedrich Tenkrat
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andere verbrecherische Elemente hängen. Als meine Kollegen eine kleine Bar in der Nähe der Engelsburg betraten, rückte einer der Gäste durch die Hintertür aus. Im Hinterhof eröffnete er dann das Feuer auf die Verfolger. Eine Kugel traf seinen Kopf. Pech für ihn. Er hätte sich ergeben sollen, dann wäre er jetzt noch am Leben.«
    Ein Mann im weißen Arbeitsmantel trat uns entgegen. Capitano Cippato stellte mich vor. Der Mann wußte, weshalb wir gekommen waren. Dario Cippato hatte ihn von seinem Büro aus kurz angerufen, bevor wir uns auf den Weg machten.
    »Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, sagte der Mann mit dem Gehabe eines Butlers.
    Wir gingen mit ihm.
    Er öffnete eine hohe Tür. Helles, kaltes Neonlicht flutete uns entgegen. Wir betraten einen Saal, in dessen Hintergrund ich drei Marmortische sah. Die Stirnseite des Saales bildete eine Kühlwand. In Boxen wurden hier die Toten aufbewahrt.
    Der Mann von der Leichenhalle drückte auf einen Knopf.
    Ein Elektromotor summte.
    Aus der Wand schob sich ein Behälter, in dem ein nackter toter Mann lag. Er hatte einen Kopf, der mich an eine Billardkugel erinnerte. Kahl und glatt. Vermutlich hatte er ihn jeden Tag sorgfältig rasiert. Ein häßliches kreisrundes Loch zierte seine Stirn. Die Nase war breit und klein. Die randlose Brille, mit der ich Mr. Mondo kannte, fehlte. Sein Mund war ein wenig zu weich für diesen harten, grausamen Mann, die Unterlippe stülpte sich leicht vor.
    Ich betrachtete den Leichnam schweigend.
    Capitano Cippato ließ mir Zeit.
    Schließlich fragte er: »Nun, Mr. Sinclair. Ist er es? Ist das Marvin Mondo?«
    Er schien es zu sein. Mir fielen all die Szenen ein, in denen ich schon mit ihm zu tun gehabt hatte. Sein Antlitz war mir bestens bekannt, und jedes Detail stimmte mit diesem Gesicht überein.
    Oder sollte ich sagen: fast jedes Detail?
    Irgend etwas war anders. Hatte der Tod Marvin Mondo verändert? Oder lag hier nicht ein Mitglied von Dr. Tods Mordliga?
    »Ich weiß nicht recht«, sagte ich zögernd. »Ich bin nicht ganz sicher, Capitano.«
    »Sie erzählten mir, daß Sie schon häufig mit ihm zu tun hatten.«
    »Das ist richtig. Deshalb auch meine Zweifel…« Ich ging um das Kopfende des Behälters herum und schaute mir den Toten von der anderen Seite an. Je länger ich ihn betrachtete, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, daß dieser Mann zwar Mr. Mondo zum Verwechseln ähnlich sah, daß der Tote aber nicht tatsächlich Marvin Mondo war.
    Dario Cippatos fragender Blick war auf mich gerichtet.
    Ich rief mir die Physiognomie des Monstermachers präzise ins Gedächtnis und legte das Bild, das vor meinem geistigen Auge erschien, gewissermaßen auf das Gesicht des Toten.
    Die beiden Gesichter stimmten in vielen Punkten überein, aber nicht in allen, deshalb sagte ich nach langem Überlegen: »Nein, Capitano, das ist nicht Marvin Mondo.«
    Dario Cippato sah mich erstaunt an. »Sind Sie sicher, Sinclair?«
    »Absolut.«
    Der Capitano nickte dem Mann im weißen Mantel zu. »Es ist gut, Signore Alvarese.«
    Wir verließen das Leichenschauhaus. Draußen bot mir Capitano Cippato eine Zigarette an. Wir rauchten.
    »Tut mir leid, Sie in London aufgescheucht, von Ihrer Arbeit weggelockt und hierher geholt zu haben, Mr. Sinclair.«
    Ich winkte ab. »Ein kleiner Tapetenwechsel tut mir hin und wieder ganz gut.«
    »Ich dachte, wir hätten ihn. Da ihn niemand besser kennt als Sie, schickte ich das Fernschreiben los…«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Capitano. Es war richtig, daß Sie sich an mich gewandt haben. Theoretisch hätte der Tote ja auch Marvin Mondo sein können.«
    Mein italienischer Kollege kratzte sich am Hinterkopf. »Bleibt weiterhin die Frage offen: Wer ist der Mann? Er hatte keine Papiere bei sich, und mit seinen Fingerabdrücken konnten wir nichts anfangen. Wir werden die römische Unterwelt so lange umkrempeln, bis uns einer verrät, wen wir da in der Kühlbox liegen haben.«
    »Viel Glück. Hoffentlich schaffen Sie's bald.«
    »Das hoffe ich auch. Wie lange bleiben Sie noch in Rom?«
    »Morgen vormittag geht es wieder zurück nach London.«
    »Steigen Sie ein. Ich bringe Sie zu Ihrem Hotel.«
    »Nicht nötig. Ich kann mir ein Taxi nehmen.«
    »Ach was, steigen Sie ein. Es ist das mindeste, was ich zur Wiedergutmachung tun kann.«
    Mein Hotel befand sich in der Nähe der bekannten Via Veneto.
    Als ich ausstieg, sagte Dario Cippato: »Nichts für ungut, Sinclair.«
    Ich lächelte. »Schon verziehen. Sollten
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