Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
015 - Das Blutmal

015 - Das Blutmal

Titel: 015 - Das Blutmal
Autoren: Jens Lindberg
Vom Netzwerk:
Anna hatte alles korrekt berichtet; auch jedes Detail vom Disput in der Küche und von der plötzlichen unerklärlichen Furcht der Frau.
    Der Beamte kam zum Schluss: Monoton las er: »Wir alberten in meinem Zimmer herum, als es läutete.« Er sah Veit an. »Das wär’s. Und dann gingen Sie zur Tür, erfuhren, dass … Na, jedenfalls dann fielen Sie um. Bums. Alles auch in Ihrem Sinn?«
    Veit suchte Anna. Sie stand gegen die Anrichte gelehnt und rauchte eine Zigarette.
    »Stimmt.« Er versuchte lauter zu sprechen. »Ja – wir alberten herum.«
    »Jedenfalls hast du dich höchst albern benommen, mein Lieber«, sagte Anna. »Weißt du noch, was du behauptet hast?«
    Der Beamte drückte Veit einen Kugelschreiber in die Hand. »Ersparen Sie uns Ihren Streit. Hier – ja. da unterschreiben Sie, bitte!«
    Allmählich leerte sich die Küche. Der Beamte und zwei Kollegen gingen.
    Der Arzt wusch sich am Spülstein die Hände. »Am besten legen Sie sich gleich hin. Morgen können Sie mich anrufen oder besuchen.« Er wies auf Anna. »Die Dame hat meine Adresse.«
    Dann ging auch er.
    Veit war mit Anna allein. Unsagbar müde stand er auf und setzte sich auf die Kante des Küchentisches.
    »Was hat sie denn hinterlassen?«
    »Einen ziemlich langen Schrieb, nichts Exaktes. Der Arzt meint, sie sei durchgedreht. Fühlte sich bedroht. Wie gesagt: nichts Besonderes.« Anna schob sich an ihn heran. »Denk nicht, dass ich herzlos bin. Bestimmt, das mit der Alten tut mir leid – aber ich denke auch an uns.« Ihre Hand suchte seine. »Am besten gehst du gleich morgen zum Hauswirt. Stell dir mal vor: unsere Wohnung! Wie das klingt! Und wie das erst sein wird! Ich werde verrückt!«
    »Mach ich«, sagte Veit widerwillig. »Jetzt will ich nur schlafen.«
    »Ja, mein Engel«, sagte Anna.
    Sie stützte ihn auf dem Weg aus der Küche und wandte sich dann nach rechts, ihrem Zimmer zu.
    Veit blieb stehen, schüttelte langsam den Kopf. »Ich möchte heute lieber in meinem Kabuff schlafen. Verstehst du?«
    »Ganz gewiss nicht. Uns stört doch keiner mehr, mein Engel. In dieser Wohnung bevormundet uns niemand mehr. Wir sind jetzt hier allein.«
    Schwerfällig schlurfte Veit auf die Tür seines Zimmers zu. Und unhörbar für Anna flüsterte er: »Gerade deshalb.«
    Die unbestimmte Furcht verließ Veit erst nach Tagen. Annas unbändige Freude riss ihn mit. Ihr Optimismus bewahrheitete sich. Ohne besondere Schwierigkeiten gab der Hauswirt ihnen die Wohnung. Und – oh Wunder – er erhöhte nicht einmal die Miete.
     

     
    Zwei Wochen nach dem unseligen Tod der Marianne Spatz hatten Verwandte auch ihre letzten Möbel abgeholt. Einige Kleinigkeiten und die Kücheneinrichtung hatten Anna und Veit für wenig Geld von den Erben übernommen.
    Jede freie Minute durchstöberten die beiden Trödlerläden und erwarben das zum Beginn notwendige Mobiliar wirklich preiswert. Über der Freude über die erste eigene Wohnung verblassten in Veits Erinnerung die ihm unerklärlichen spukhaften Male, die er zweimal am Hals von Anna gesehen zu haben glaubte. Auch der merkwürdige Zusammenhang zwischen Annas bösem Wunschdenken und dem dann tatsächlich eingetretenen Tod der Vermieterin erschien ihm im Laufe der Zeit nur noch ein bedauerlicher Zufall, der ihn stark verwirrt hatte. Er hielt sich für einen Neurotiker, den Überarbeitung in halluzinatorische Stimmungen getrieben hatte. Anna half ihm dabei, die böse Krise zu überwinden, indem sie einfach schwieg, ihn nie an seine hysterischen Ausbrüche erinnerte. Nur zweimal – als sie sich um Nichtigkeiten stritten – hatte sie in lächelndem Spott ihren Hals entblößt und ihn übermütig gefragt, ob er etwa wieder gespenstische Dinge sähe. Doch Anna hatte die Furcht in seinen Augen gesehen und fortan ähnliche Scherze unterlassen.
    Beiden war klar, dass die Wohnung mit einer tollen Party eingeweiht werden musste.
    Die Wohnung war verrückt dekoriert. Poster und Filmplakate bedeckten die grell bemalten Wände. Die Lampen waren in buntschillernde phantasievolle Blumen und das ehemalige Schlafzimmer der Spatz, für das es noch keine Möbel gab, in einen abgedunkelten Tanzsaal verwandelt.
    Die Getränkefrage war kein Problem. Jeder brachte mit, was er an Getränken bevorzugte. Termin für das Fest war der 20. September.
    Am 17. nahm Veit an einem Seminar Professor Iduschs teil, in dem am Rande noch einmal die Hexenprozesse gestreift wurden. Ziemlich zum Schluss meldete sich Veit zu Wort.
    »Ich unterstelle«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher