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0140 - Der Dybbuk

0140 - Der Dybbuk

Titel: 0140 - Der Dybbuk
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Minuten…«
    Zamorra sah ihr nach. Sie ging leicht taumelnd, als sei sie betrunken, aber auf dem niedrigen Tisch standen nur antialkoholische Getränke. Aber der Professor dachte sich nichts dabei.
    »Wer ist denn überhaupt dein Freund, der seine Luxusvilla zur Verfügung stellt und sich von einem Dybbuk bedroht fühlt?« fragte Zamorra nach einer Weile.
    »Simon Caster«, erwiderte Bill. »Wir sind zusammen aufs College gegangen, haben uns dann aus den Augen verloren und unabhängig voneinander Karriere gemacht. Bei mir ist’s nicht weit gekommen: Harvard-Dozent. Simon gehört zu den Millionären. Das heißt, sein Vermögen gehört nicht ihm allein, sondern der Familie, aber er hat es um ein beträchtliches Stückchen vermehrt. Durch die ganzen familiären und finanziellen Verflechtungen blicke ich nicht richtig durch.«
    »Caster«, brummte Zamorra. »Heißt dieses Bauwerk nicht auch ›Caster’s Motel‹?«
    Bill nickte. »Regis Caster hat es erbaut. Die Familie ist ziemlich vielseitig und hat ihre Finger überall drin.«
    Jetzt grinste der Meister des Übersinnlichen. »Dann müßtest du als Freund der Familie eigentlich Vorzugspreise bekommen…«
    Bill erwiderte das Grinsen. »Was glaubst du, warum ich hier abgestiegen bin, obwohl der Wagen in der Werkstatt steht? Sonst hätten wir nämlich auch in einem Hotel in der City absteigen können. Ich werde ihn anrufen; vielleicht könnt ihr euch schon hier aussprechen. Der Urlaub am Eriesee bleibt natürlich weiterhin Tatsache.«
    »Wenigstens etwas«, brummte Zamorra. »Wo bleibt Nicçle denn? So lange kann sie doch eigentlich nicht dafür brauchen, das zu tun, was auch Königstiger zuweilen erledigen müssen… warte mal…«
    Er erhob sich ebenfalls und ging in den Bungalow. »Nicole?« rief er.
    Niemand antwortete. Zamorra rief noch einmal.
    Die Tür zum Doppelzimmer war geöffnet. CM vermietete kleine Bungalows mit mehreren Zimmern, Aufenthaltsraum und sanitären Einrichtungen. Die Preise waren dementsprechend, dafür hatte man bei einem Aufenthalt aber auch das Gefühl, nicht in einem Hotel zu wohnen, sondern in einem Feriendorf und konnte sich richtiggehend erholen. Kein Wunder, daß nicht nur Durchreisende hier logierten, sondern auch Urlauber für längere Zeit kamen.
    Nicole lag auf dem Bett, die Arme von sich gestreckt, und starrte gegen die Decke.
    »He, Nici!« rief Zamorra und trat näher. »Was ist los? Hat dich der Hitzschlag getroffen?«
    Sie antwortete nicht. Still und reglos lag sie da. Der Professor setzte sich zu ihr auf die Bettkante und sah in ihre Augen.
    Er erschrak. Die Pupillen waren förmlich verdreht, die Lider ungewöhnlich weit aufgerissen. Der Mund war halbgeöffnet.
    Er rüttelte sie. »Nici, was ist los?« fragte er.
    »Geh… weg…« flüsterte sie. »Geh… weg…«
    Er richtete sich unwillkürlich auf. Starrte sie überrascht, etwas entsetzt sogar an.
    Was war mit Nicole los?
    Geh weg, hatte sie noch nie von ihm gefordert. Und - ihre Stimme hatte auch noch nie eine Oktave tiefer geklungen!
    Es war, als gehöre ihr die sprechende Stimme gar nicht…
    ***
    Lautlos wie ein Schatten tauchte Bill Fleming hinter Zamorra auf. Unwillkürlich fuhr der Professor zusammen, als die Hand des Freundes seine Schulter berührte. »Was…« schnappte er.
    Dann erkannte er Bill. Seine Haltung entspannte sich, die halb erhobenen Arme fielen herab. »Du…«
    »Warum bist du so schreckhaft?« fragte Bill. »Und was ist denn jetzt los? Wollt ihr wieder ’rauskommen, oder verlagern wir unser Drei-Personen-Festival nach drinnen?«
    »Nicole«, murmelte der Professor. »Sie ist…«
    »Was bin ich?« fragte das schlanke Mädchen. Ihre dunkelbraunen Augen mit den goldenen Tupfern funkelten. »Habe ich dir einen Schrecken eingejagt, Cherie?«
    »Das kann man wohl sagen«, murmelte Zamorra. »Ich habe geglaubt, du lägest im Sterben oder so.«
    »Oder so«, lachte Nicole. »Ich wollte wissen, ob du immer noch so um mich besorgt bist wie früher.«
    »Reichlich makaber, dieser Test«, knurrte der Professor. »Nimm bitte etwas Rücksicht auf meine angegriffenen Nerven.«
    Sie starrten sich an.
    Bill Fleming trat einen Schritt zurück. Sein Augenmerk wanderte zwischen beiden hin und her. Streit? Das hatte es doch noch nie zwischen ihnen gegeben!
    »Schon gut«, murmelte Zamorra plötzlich. Er wandte sich um und ging wieder nach draußen. Nicole folgte ihm. Ratlos sah Bill den beiden nach.
    Der Verdacht keimte in ihm auf, daß hier etwas nicht stimmte,
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