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0138 - Der Höllensohn

0138 - Der Höllensohn

Titel: 0138 - Der Höllensohn
Autoren: Walter Appel
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Roger schlimm zu. Im Bauch des Kamels, an den er wohl oder übel ein Ohr pressen mußte, grummelte und rumorte es.
    Die Adscher-Tuareg hatten Roger und Hadda von der Oase weg in die Wüste hineingebracht. Mit den schnellen Reitkamelen konnten sie bis zu vierzig Kilometer in einer Stunde zurücklegen.
    »Dort!« rief der Sheik und deutete auf eine Bodenwelle, in deren Sand der Wind geriffelte Muster gezeichnet hatte. »Da halten wir an, Männer der Imouhar!«
    So nannten die Tuareg sich selbst. Die Einzahl von Imouhar war Imhara, die von Tuareg Targi.
    Er trieb sein weißes Bihari-Kamel, ein edles, schnelles Tier, zu der Düne hin und diese hinauf. Eine Totenstille herrschte in der Wüste, kein Windhauch regte sich. Es war, als halte die Natur den Atem an und erwarte ein schreckliches Geschehen.
    Sheik Abd el Malek erreichte den flachen Dünenkamm zuerst. Er zerrte Haddas sich sträubendes Kamel hinter sich her. Neben dem Sheik hielten die Tuareg wie Monumente in der endlosen Wüste.
    Die Oase lag weit zurück.
    »Werft sie von den Kamelen!« befahl Abd el Malek, die Hand am Griff des Kumiat, des mit Silber verzierten Krummdolches. »Den Franzosenhund bindet so, daß er kein Glied zu rühren vermag. Aber prüft die Riemen gut, denn die Fata Morgana des Grauens erweckt ungeheuere Kräfte in einem Menschen. Hadda knüpft die Hände auf den Rücken, aber laßt ihre Füße ungefesselt. Sie soll das Schloß des großen Dschinn sehen und in ihr Verderben rennen.«
    Es geschah, zehn Tuareg gehorchten dem finsteren Sheik rasch, denn sie fürchteten ihn alle. Nur einer blieb auf seinem Reitkamel sitzen. Omar ben Tawil, ein achtzehnjähriger, gutaussehender Targi.
    Er war Haddas einziger Bruder. Sheik Tawil ben Dawuhd lebte nicht mehr. Heimlich wurde bei den Tuareg gemunkelt, er sei auf keine natürliche Weise gestorben. Sheik Tawil ben Dawuhd war vor zehn Jahren mit seinem Bruder Abd el Malek in die Wüste hinausgeritten und nicht mehr zurückgekehrt.
    Alle Suchaktionen waren erfolglos geblieben, so als hätte die Sahara ihn samt seinem Pferd verschlungen.
    »Es ist also dein Ernst?« fragte ben Tawil den Sheik. »Du willst meine Schwester tatsächlich dem großen Dschinn ausliefern?« Abd el Malek lachte böse. »Du hattest wohl gehofft, ich scherze, Knabe? Aber das ist nicht der Fall. Unsere Gesetze sind eindeutig, das Blut der Adscher-Tuareg muß rein erhalten werden.«
    »Was schadet es dem Stamm, wenn Hadda mit dem Mann weggeht, den sie liebt, und in den Städten an der Küste lebt? Die Djema müßte darüber entscheiden.«
    Die Djema war die Ratsversammlung der Männer.
    »Reize mich nicht!« antwortete der Sheik barsch. »Es ist von mir bestimmt. Ich habe bei Allah und bei meinem Bart geschworen. Los, entfernt euch, ich folge bald. In vierhundert Kamellängen Entfernung laßt eure Reittiere niederhocken, werft euch mit dem Gesicht auf den Boden und betet die vierte Sure des Koran. Schaut ja nicht hin, wenn der große Dschinn sich sein Opfer holt!«
    Die Tuareg murmelten. Abd el Malek kannte also tatsächlich ein Mittel, den großen Dschinn herbeizurufen. Schon immer war der finstere Mann im Stamm verrufen gewesen. Ohne den unverhofften Tod seines Bruders und den Terror, den er ausübte, wäre er niemals Sheik geworden. Abd el Malek pflegte nächtelang in der Wüste umherzustreifen, und niemand wußte, was er da trieb.
    Außer Tawil ben Dawuhd waren noch andere spurlos verschwunden, die gegen Abd el Malek gewesen waren. Es hieß, daß der Dämon Dschafar al Kharum, der Karawanenfresser, sie geholt hatte.
    Omar ben Tawil zögerte. Doch er wagte es nicht, gegen seinen als gewalttätig bekannten Onkel aufzubegehren. Der junge Mann war nicht schlecht und auch nicht feige. Aber Abd el Maleks düstere Persönlichkeit lähmte seine Initiative.
    Die Tuareg schwangen sich in die Kamelsättel, ohne sich weiter aufzuhalten ritten sie davon. Die beiden reiterlosen Kamele führten sie mit. Abd el Malek blieb allein bei den beiden Todgeweihten.
    »Dschafar al Kharum wird dich holen, schöne Hadda«, sagte er höhnisch lachend zu dem Mädchen. »Auch dein Bruder Omar ist bald an der Reihe.«
    »Du wagst es, den Namen des großen Dschinn zu nennen?« fragte Hadda auf Französisch.
    »Warum nicht? Wir haben einen Pakt«, antwortete der Sheik in dergleichen Sprache.
    »Dann ist es also wahr. Allah verdamme dich in die tiefste Dschehenna, wo tausend Teufel Tag und Nacht deinen schmutzigen Leib quälen sollen. Du hast auch unseren Vater dem
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