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0137 - Luzifers Ende

0137 - Luzifers Ende

Titel: 0137 - Luzifers Ende
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Lachende Menschen holten sie, Zamorra und Bill, der etwas linkisch mithumpelte, in ihre Reihen.
    Als die Musik schließlich aussetzte, bedeutete das noch längst keine Ruhepause. Zwei Barden erschienen und trugen mit ihrem kan ha diskan wieder Stimmung in den Saal, während die anderen Musiker eine Erholungspause einlegten. Die beiden Musiker berichteten in ihrem Wechselgesang die Geschichte der Besiedelung der Betragne, die damals Armorica hieß, durch diesen kelmischen Volksstamm. Armorica heißt dieses Land auch heute noch - in der bretonischen Ursprache, die lange Zeit von Paris verboten war. Die Versuche, ihre Eigenständigkeit zu bewahren, ähnelten stark dem Separatismus der Cymry, der Waliser, die mit dem Rest Englands wenig zu tun haben wollten. Kein Wunder - Cymry und Bretonen entstammten doch dem gleichen Volk.
    Als die sonneurs, die Musikanten, wieder aufzuspielen begannen und die beiden durch über achtzig Strophen heiser gewordenen Sänger ablösten, taumelte Nicole erschöpft an den Rand der Tanzfläche. Zamorra folgte ihr nicht weniger gestreßt. »Whau«, murmelte das Mädchen und holte erst mal tief Luft.
    Zamorra keuchte leicht. Zwar hielt er sich ständig fit - ein Muß in seiner Art von Tätigkeit aber diesem Marathontanz war auch er nicht gewachsen gewesen. Bill Fleming hatte schon früher kapituliert und begnügte sich mit der Rolle des Zuschauers.
    »Wahnsinn«, brummte er. Dennoch zeigte er sich fasziniert von der Fröhlichkeit dieser Veranstaltung. Irgendwie war jeder beteiligt, auch die Zuschauer. Die Stimmung strebte ihrem Höhepunkt entgegen.
    Zamorra, von Beruf Parapsychologe und aus Berufung Dämonenjäger, zog Nicole und Bill mit zur Theke, um die Kehlen wieder anzufeuchten. Er verspürte einen starken Durst. Von hier aus sah er weiter dem Treiben der Frauen und Männer zu. In gewisser Hinsicht symbolisierte dieses Volkstanzfest einen ungeheuren Zusammenhalt, eine Zusammengehörigkeit dieser Menschen, wie es sie in der hochtechnifizierten und überzivilisierten heutigen Zeit kaum noch gab. Doch diese Menschen hatten sich von Hektik und Zivilisationsstreß nicht anstecken lassen - sie waren natürlich geblieben.
    Vielleicht war das der wirkliche Fortschritt, überlegte Bill Fleming sekundenlang. War die Zusammengehörigkeit, die gegenseitige Allgegenwärtige Hilfsbereitschaft der Menschen nicht wichtiger als Großstadtkälte und Superverwaltung der modernen Zivilisation? In diesen Augenblicken begann er andeutungsweise zu verstehen, welche Ziele die Freiheitsbewegung verfolgte.
    Auch Zamorra und Nicole verfolgten ähnliche Gedankengänge. Der Professor selbst wußte nur zu gut, wie sehr die Provinzen Frankreichs verwaltet wurden. Alles, was sich abspielte, wurde in Paris entschieden und genehmigt oder untersagt. War es ein Wunder, daß sich gerade ein solch traditionsbewußtes Völkchen gegen diese Überverwaltung stellte, die in dieser Art einmalig in Europa war?
    Plötzlich veränderte sich etwas in seinem Denken. Etwas kam von draußen und schlich sich nahezu unmerklich in ihm ein. Er verspürte Unbehagen. Irritiert sah er sich um und sah an den Gesichtern der Umstehenden, daß auch diese von einer gewissen Unruhe erfaßt wurden.
    Was geschah hier?
    Eine fremde Macht griff nach den Gehirnen der Menschen!
    Er spürte den fremden Druck in sich anwachsen. Unwillkürlich fuhr seine Hand zur Brust, auf der, unter dem Hemd verborgen, das Amulett des Leonardo de Montagne an einem Silberkettchen hing.
    Wurde der Druck nicht schwächer?
    Das Spiel der beiden sonneurs riß mit einem jähen Diskant ab. Der plinn-slogan wurde nicht weitergespielt. Entsetzte Gesichter starrten sich an.
    Was griff die Menschen auf übernormaler Ebene an?
    Zamorra sah Bill und Nicole neben sich lautlos zusammenbrechen, die Gesichter vom Grauen verzerrt. Gleich ihnen taumelten auch andere Menschen, sanken schreiend nieder.
    Zamorra riß das Hemd auf. Seine Hände legten das Amulett frei. Blitzschnell erwärmte es sich. Dämonische Kräfte wirkten! Der Professor konzentrierte sich auf die Impulse der Zauberscheibe. Und er sah auf eigentümliche Weise etwas Unbeschreibliches, das vom Meer her kam und sich über das Land wälzte wie heimtückischer Nebel, sich dabei immer mehr ausbreitete und immer stärker wurde.
    Aber was war es?
    Strahlung?
    Um ihn herum schrien keine Menschen mehr. Die hatten alle das Bewußtsein verloren, und Zamorra wußte, daß ihn nur das Amulett vor dem verhängnisvollen Einfluß
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