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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald
Autoren: Martin Eisele
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wurden. Diese Gasse hier führte aus dem Dorf hinaus. Außerhalb, nur knapp 50 Yards entfernt, gab es einen schmalen Pfad, der sich bergan schlängelte. Dort oben begann der Wald, der Talkessel und Dorf wie ein natürlicher Schutzwall umgürtete.
    Der Wald der Seelen!
    Irgendwo dahinter lag die normale Welt! Sicherheit!
    Vorsichtig huschten sie weiter. Die Dunkelheit war jetzt ihr Verbündeter.
    Die letzten windschiefen Häuser! Gedrungene Schatten, wie überdimensionale Raubtiere, die sich zum Sprung geduckt hatten
    … Die spitzen Giebel stachen in den finsteren Himmel hinauf, und ihre Konturen waren mehr zu ahnen, als zu sehen.
    Plötzlich war es unheimlich still. Keine Stimmen waren mehr zu hören. Kein Hundegebell. Nichts.
    McCrady stoppte. Jane ebenfalls.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Sie wollen uns verunsichern.« McCrady blickte sich sichernd nach allen Seiten um.
    »Wir müssen weiter!« drängte Jane Collins.
    Peter McCrady blickte sie seltsam an. Das Rot in seinen Augen flackerte intensiver. »Machen Sie sich bloß keine falschen Hoffnungen, Jane. Der Wald dort oben… Das ist die Hölle! Dagegen sind die dämonisierten Einwohner dieses verfluchten Dorfes die reinsten Unschuldslämmchen.«
    »Das haben Sie mir vorhin schon einmal gesagt, Peter. Trotzdem, wir müssen es versuchen!«
    »Der Wald ist verhext. Eine Brutstätte des Bösen. Ich glaube nicht, daß wir durchkommen…«
    »Zum Donnerwetter, Peter, hören Sie endlich auf damit! Wenn es so aussichtslos ist, warum haben Sie mich dann befreit? Warum laufen wir dann vor den Teufeln weg, die uns im Nacken sitzen? Wir könnten genausogut hier stehenbleiben.«
    McCrady holte tief Luft. »Sie haben ja recht, Jane. Entschuldigen Sie. Ich… ich habe die Nerven verloren.«
    »Schon gut«, flüsterte sie rauh.
    »Wohlan, wagen wir’s also! Der Himmel sei uns gnädig!«
    Er rannte los.
    Jane folgte ihm.
    Sie hetzten an den letzten Häusern vorbei, auf das weite Feld hinaus. Kein Laut war zu hören. Nichts deutete darauf hin, daß sie erwartet wurden. Vielleicht hatten die Alten ihre Suche in einen anderen Teil des Dorfes verlegt?
    Je näher sie dem Abhang kamen, desto deutlicher war das Rauschen der Baumkronen zu hören.
    Wie ein düsterer, gedämpfter Singsang aus zahllosen Kehlen…
    Der Nebel wallte dichter. Feuchtigkeit glänzte auf Janes Gesicht.
    Ein dünner Film, der sich mit dem Schweiß vermischte.
    Sie verdoppelte ihre Laufgeschwindigkeit.
    In ihrem weißen Kleid mußte sie weithin sichtbar sein. Ein heller Schemen in der Düsternis…
    Ihre Lungen stachen. Ihr Herz hämmerte. In ihren Ohren brauste das Blut.
    Der Boden unter ihren Füßen schien zu zittern, sich zu heben und zu senken. Wie ein lebendiges Wesen. Die zähen, struppigen, taufeuchten Grasbüschel waren glitschig, machten jeden Schritt zu einem Wagnis. Wenn sie ausrutschte und hinfiel, dann…
    Da passierte es!
    Hinter ihr wurden Schreie laut! Weithin gellende, triumphierende Schreie!
    »Da sind sie!«
    »Packt sie!«
    ***
    »Es war ein herrlicher Abend, John. Vielen Dank!«
    Glenda Perkins sagte das in einer Art und Weise, daß mir gleichzeitig heiß und kalt wurde. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und hauchte mir einen süßen kleinen Kuß auf die Wange, und der brachte mein ohnehin schon angeschlagenes Gefühlsleben noch mehr durcheinander.
    Sanft, aber bestimmt schob ich sie auf Distanz und meinte betont harmlos: »Lassen Sie’s gut sein, Glenda. Das war doch schon längst einmal fällig. Außerdem ist der Abend noch nicht vorbei. Ich bringe Sie jetzt nach Hause, damit Sie morgen wieder fit sind. Sie wissen ja: Unser ehrenwerter Sir James legt sehr großen Wert auf ausgeschlafene Mitarbeiter.«
    Sie erwiderte mein Lächeln. »Zu Befehl, Oberinspektor!«
    Ich schlug meinen Mantelkragen hoch, legte meinen Arm um Glendas Supertaille, und sodann überquerten wir die Straße.
    Es regnete. Wieder einmal. Das Londoner Wetter, typisch. Es mußte seinem schlechten Ruf alle Ehre machen. Fragt sich nur, warum.
    Der Asphalt glänzte wie gelackt. Die Neonreklamen spiegelten sich darin. Bizarre, rasch wechselnde Farbkleckse. Das erinnerte mich an meinen letzten Auftrag. Er führte mich in die glitzernde Eisriesenwelt des österreichischen Dachstein. Eisvampire hatten uns auf den Plan gerufen, und wir hatten unsere Last mit ihnen.
    Ich hatte den Bentley in einer abgelegenen Seitenstraße parken müssen. Jonnies Restaurant, in das ich Glenda ausgeführt hatte, lag im Herzen Sohos, ganz
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